Worauf müssen sich Architekturbüros einstellen?

01. Oktober 2001von Thomas Löhning, Oktober 2001

In den vergangenen Monaten tauchten die Begriffe Basel II und Rating vermehrt in den Medien auf. Dabei wurde zumeist kritisch gefragt, welche Auswirkungen das neue Rating-System auf den Mittelstand haben werde. Hintergrund: Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat Vorschläge erarbeitet, die zukünftig weltweit das Bankensystem stabilisieren sollen. Dieses zweite weltweite Kreditabkommen wird als "Basel II" bezeichnet und soll ab dem 01.01.2005 in Kraft treten.

Heute erfolgen Kreditvergaben auf Grundlage der Vereinbarungen "Basel I", wonach Banken bei Krediten an Unternehmen Eigenkapital in Höhe von 8 % des Kreditvolumens hinterlegen müssen. Dies bedeutet, dass z. B. bei einem Kredit über 250.000 Euro von der kreditgewährenden Bank genau 20.000 Euro des Eigenkapitals hinterlegt werden müssen bzw. gebunden sind. Hinter dieser Festlegung steht ein Sicherungsaspekt, da nicht alle Kredite zurückgezahlt werden und für die Kreditausfälle mindestens 8 % des gesamten Kreditvolumens zur Verfügung stehen. Die Quote von 8 % ist eine fixe Größe, die die Bonität des jeweiligen Schuldners weitestgehend unberücksichtigt lässt.

Ab 2005: Basel II

Durch "Basel II" erfolgt eine gravierende Änderung des Kreditgeschäfts, da die Eigenkapitalhinterlegung der Banken neu geregelt wird. Zukünftig soll eine Bonitätseinstufung des Kreditnehmers das entscheidende Kriterium für die Höhe des zu hinterlegenden Eigenkapitals sein. Wird eine hohe Bonität festgestellt, sind nur 1,6 % des Bankeneigenkapitals gebunden, im gegenteiligen Fall können bis zu 12 % Eigenkapitalhinterlegung von der Bank gefordert werden. Dazu soll die Bonität von Unternehmen zukünftig gemessen werden. Im angloamerikanischen Raum ist schon heute eine solche Unternehmensanalyse mit der Ableitung von Kennzahlen bei umsatzstarken Firmen üblich, um die verschiedenen Risikofaktoren zu einem Gesamturteil zusammenzufassen. Jedes Rating schließt also mit einer "Note" oder Kennzahl des Unternehmens ab. Geplant ist, hierfür systematisierte Bewertungsskalen zu verwenden, z. B. von 1 bis 8 oder von AAA bis C. Sowohl das Verfahren zur Ermittlung dieser Kennzahl als auch das Ergebnis bezeichnet man als Rating.
Schon heute wird jedes kreditnachfragende Unternehmen von der Bank intern beurteilt, um das Kreditrisiko zu erfassen. Die Kosten für diese Beurteilung sind bisher in den Kreditkosten enthalten. Zukünftig kann das Rating von Unternehmen entweder durch ein bankinternes Ratingsystem erfolgen oder durch die Einschaltung einer unabhängigen Rating-Agentur. Dr. Stefan Stein vom Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft der Ruhr-Universität Bochum erläutert, dass voraussichtlich auch zukünftig die Kosten des bankinternen Ratings in den Kreditkosten enthalten sein werden. Stein weist jedoch darauf hin, dass die Höhe der Kreditkosten (Zinssatz, Provisionen) vermutlich von der jeweiligen Unternehmensbonität abhängen werden, da risikoreiche Kredite zu höheren Eigenkapitalkosten für die Bank führen. Kredite für "gute Risiken" könnten demnach künftig günstiger ausfallen als Kredite für "mittlere oder schlechte Risiken".
Beim externen Rating durch Beauftragung einer Agentur entstehen weitere Kosten, die vom Unternehmen zu tragen sind. Die international tätigen Rating-Agenturen wie Moody´s, Standard & Poor´s oder Fitch IBCA haben bereits Niederlassungen in Deutschland. Vermutlich werden bald auch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Leistungen in diesem Feld anbieten.

Was wird geprüft?

Ziel des Ratings ist die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation und der Zukunftschancen des Unternehmens. Hierzu werden sowohl eine Situation der Branche mit deren Zukunftsaussichten als auch individuelle Kriterien wie die Qualität der Unternehmensführung, die Wettbewerbssituation, die Ertrags- und Finanzlage beurteilt. Auch die Plausibilität eigener Prognosen hinsichtlich Umsatz, Ertrags- und Finanzlage werden analysiert, um zusätzlich Transparenz zu erhalten. Das Rating führt also dazu, dass die Kreditkosten risikogerecht angepasst werden. Für das Unternehmen kann ein solches Rating den Vorteil haben, individuelle Stärken und Schwächen aufgezeigt zu bekommen. Im Idealfall kann die zukünftige Unternehmensausrichtung dadurch positiv beeinflusst werden.

Fazit

Bis zum Inkrafttreten der neuen Eigenkapitalregeln im Jahr 2005 werden weitere Diskussionen und Festlegungen durch die Baseler Expertenkommission erfolgen. Insbesondere die Abstimmung über den Teilbereich der Finanzierung des freiberuflichen Mittelstandes, die Festlegung einer entsprechenden Europäischen Richtlinie sowie die Umsetzung in nationales Recht müssen noch präzisiert werden. Derzeit ist noch keine definitive Aussage möglich, ob Kredite für den freiberuflichen Mittelstand teurer werden. Bei bankinternen Ratings werden die Analysen einerseits "intelligenter" und effizienter, andererseits ist das Verfahren kostenintensiver als bislang. Die Eigenkapitalhinterlegung der Banken für mittelständische Unternehmen wird sich künftig in Abhängigkeit von dem Rating ergeben. Das Rating für Mittelständler wird voraussichtlich über die Hausbank erfolgen, so dass eine deutliche Steigerung der Kreditkosten für Architekturbüros nach derzeitigem Informationsstand nicht zu erwarten ist. Für alle Büros, die auch international tätig sind, bietet sich unter Umständen ein umfassendes Rating durch eine unabhängige Agentur an, da die Verhandlungs- bzw. Vertragspartner so eine qualitative Aussage über die wirtschaftliche Situation der Büros erhalten.

Weitere aktuelle Informationen können im Internet bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (www.kfw.de) oder der Deutschen Ausgleichsbank (www.dta.de) sowie auf den Internet-Seiten der großen Kreditinstitute nachgelesen werden.

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