Architektenreise nach Dubai: Domino in der Wüste
Im Frühjahr dieses Jahres wurden den Mitgliedern der AKWN von einem Reisebüro aus Bad Honnef Fachreisen nach Dubai angeboten, die von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen inhaltlich mit entwickelt worden waren. Das Reiseziel Dubai traf bei den nordrhein-westfälischen Architekten und Stadtplanern auf große Resonanz. Klaus Hecker, AKNW-Vorstandsmitglied und Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer, hat an der Reise teilgenommen. Seine Eindrücke schildert er hier.
Sechs Flugstunden trennen Dubai von Düsseldorf. Eine weite Entfernung, nicht nur im geografischen Sinne, sondern auch ein Sprung über Nacht vom Okzident in den Orient. Dubai: Eines von sieben Ländern der Vereinigten Arabischen Emirate, und spätestens die orientalisch anmutende Aufteilung der 72 Teilnehmer aus Nordrhein-Westfalen auf die wartenden Busse machte den Sprung von einem Kulturkreis in den anderen deutlich.
Unmittelbar an die Landung auf dem Flughafen von Dubai schloss sich eine Stadtrundfahrt an, die im ältesten Stadtviertel Bastakiya begann. Dort stehen die Häuser der wohlhabenden iranischen und indischen Kaufleute, mit ihren teilweise noch vorhandenen traditionellen Windtürmen und den reich geschnitzten Türen. Die allein 1.200 Gläubigen Platz bietende Große Mosche mit ihrem 70 Meter hohen Minarett und den auffälligen Kuppeln konnte leider nur von außen besichtigt werden - nach Aussage der Reiseleiterin ist der Zutritt für Nicht-Mosleme untersagt.
Unterirdisch angesiedelt: Das Dubai-Museum
Trotz der mittlerweile herrschenden Lufttemperatur von fast 30° war der Besuch des 1787 errichteten Wach- und Beobachtungsstation Al-Fahidi-Fort ein Erlebnis. Das anschauliche Dubai Museum ist heute in den Räumen, teilweise unterirdisch, angesiedelt. Die typischen Windtürme werden hier noch in ihrer tatsächlich Funktion zur Kühlung und Belüftung der Gebäude gezeigt. In den einzelnen Ausstellungsräumen wurde ein Einblick in das Leben in Dubai vor der Entdeckung des Öls vermittelt.
Nach einer kurzen Überfahrt mit einen abenteuerlich aussehenden Boot über den Dubai Creek (ein Meeresarm, der weit in die ehemalige Wüste hineinragt) wurden der Gewürz-Souk und der Gold-Souk erreicht.
Die Gerüche von unterschiedlichen Pfeffersorten, von getrockneten Shrimps und brennendem Weihrauch waren für europäische Empfindungen überwältigend, schon fast zuviel. Übertroffen wurde das Angebot jedoch von den optischen Reizen im Gold-Souk. In rund 200 Goldgeschäften werden hier Ketten, Ohrstecker, Ringe, Armbänder und anderer Schmuck für die kaufkräftige internationale Kundschaft angeboten. Das Fachprogramm der Reise wurde von den Architekten Dominic Wanders und Hannes Werner - beide übrigens aus Nordrhein-Westfalen stammend, aber in Dubai lebend - inhaltlich gestaltet. Sie gaben den Teilnehmern in einem Einführungsvortrag einen Überblick über die Möglichkeiten des Arbeitens in Dubai, über die wichtigsten Bauwerke des Landes und über die aktuell in Planung befindlichen Objekte.
Sie bereiten die Reisenden auch darauf vor, dass die Hauptverkehrsachse der Stadt Dubai regelmäßig in einem Stau kollabiert. Die „Sheik Zayed Road“, die größte und bekanntes Hochhausstraße Dubais, wird links und rechts auf einer Länge von mehr als zehn Kilometern von Hochhäusern mit bis zu 60 Geschossen eingefasst. Beide der je 7-spurigen Richtungsfahrbahnen sind während der Hauptverkehrszeiten "zugeparkt", jeder Fahrer macht auf sich aufmerksam, indem er ununterbrochen hupt.
Künstliche Inselelemente durch Anschüttung mit Meeressand geschaffen
Eines der Ziele der Fachexkursion war das Informationszentrum von Nakheel, dem Investor der ersten "Palme" vor der Küste von Dubai. Wie der Design-Direktor von Nakheel, Jost Kreussler, erläuterte, wurden die künstlichen Inselelemente durch Anschüttung mit Meeressand geschaffen. Der Erwerb einer Wohnung oder eines Gebäudes sei nicht mehr möglich, da nach nur wenigen Wochen nach Beginn der Bewerbung alle Objekte verkauft waren.
Das künstliche Bauland in Form einer Palme besteht aus einem „Stamm“, der mit acht- bis zehngeschossigen, immer gleichen Gebäuden bebaut ist. Um städtebaulich einen Abschluss zu erstellen, werden zwei 15- bis 18-geschossige Hotelbauten erreichtet. Dahinter beginnen dann die zweigeschossigen Stadtvillen auf den „Palmenblättern“.
Auf der nahe gelegenen, neuen Dubai Marina entstehen gegenwärtig 250 Hochhäuser. Auf der Baustelle des "Radisson Marina Hotels" stellte der Senior Project Manager Uwe Oswald die Probleme und Schwierigkeiten der Maßnahme dar. Der Investor benötige für weitere Objekte in Dubai dringend Architekten und Ingenieure, erklärte Oswald. Einige der mitreisenden Architekten zeigten sich an einer möglichen Kooperation sehr interessiert.Nach wenigen Kilometern entlang des Jumeirah Parks mit Grünanlagen, Palmen und einem weißen Strand ging die Stadtrundfahrt weiter zu einem im alten Stiel erreichten Souk zwischen zwei 5-Sterne-Hotels. Der Zugang zum Souk erfolgt über eine Brücke, die einen künstlichen Wasserlauf überquert, der alle Gebäude mit Booten auch vom Wasser erschließt. Dieser Standort erlaubt einen fantastischen Blick auf das berühmte Hotel „Burj Al Arab“.
Der neue Souk mit seinen alten Strukturen, Gebäudegrößen, Windtürmen bildete einen beruhigenden Kontrast zu den monumentalen Neubauten entlang der "Sheik Zayed Road" und der Dubai Marina. An vorbeifahrenden Booten unter Palmen bietet eine opulente Gastronomie einheimische Gerichte und die Gelegenheit, zur Ruhe und zum Entspannen zu kommen.
Formel 1-Rennstrecke im Vergnüngsstadtteil geplant
Über die „Emirates Road“, die als Autobahn alle Emirate miteinander verbindet, führte die Tour die Architekten weiter in das Informationszentrum des geplanten "Dubailand". Der geplante Vergnügungs-Stadtteil wird eine Formel 1-Rennstrecke umfassen, ebenso Informations- und Vergnügungsparks, und das auf einem Areal, das größer ist als Disneyland und der Strip von Las Vegas zusammen. Das komplette Modell zeigte - zwar leider in vielen Details nicht maßstabgerecht – die Chinesische Mauer, den Eifelturm, die Pyramiden und weitere Weltbauten, die hier nachempfunden werden. Mit dem Bau der Straßen und einigen Gebäuden ist bereits begonnen worden. Nicht schön, aber durch die enormen Maße durchaus beeindruckend.
Wieder weiter über die Emirates Road ging die Fahrt zur weltgrößten Mall außerhalb der USA, in die die "Mall of Emirates". Neben ca. 70.000 m² Verkaufsfläche beinhaltet das Bauwerk auch die größte Skihalle der Welt mit einer schwarzen Abfahrt, Skiliften und einer Bobbahn.
Der zweite Tag der Fachexkursion führte die NRW-Architekten zunächst auf die Baustelle des höchsten Gebäudes der Welt: auf den „Burj Dubai“ (burj bedeutet Turm). Der Rohbau als Stahlbetonskelettkonstruktion ist bis zu einer Höhe von ca. 580m fertig gestellt, entsprechend 151 Geschossen. Weitere 200 Meter werden zur Zeit als Stahlkonstruktion angeliefert. Die eigentliche Spitze wird aus einer Stahlkonstruktion bestehen, die nach Bedarf hydraulisch ausgefahren werden kann – mit dem erklärten Ziel, auch bei nachwachsender Konkurrenz den Anspruch erfüllen zu könne, das höchste Gebäude der Welt zu sein.Durch den ehemaligen Bauleiter Mark Steinhauer, einen deutschen Architekten, wurden Details der Konstruktion, der Vermarktung und der Nutzung geschildert. Die Dimensionen des Bauwerks sind mit unseren Erfahrungen kaum in Übereinklang zu bringen. Ein Beispiel: Für das gigantische Objekt sind keine Abwasseranschlüsse vorgesehen, da auch kein Kanal vorhanden ist. In den Technikgeschossen stehen Tanks, die regelmäßig über Tanklastzüge entleert werden müssen.
Der paradoxerweise neu erstellte „Old Town“ mit Souks, Wohnungen und Büros mit einer nur viergeschossigen Bebauung bilden einen harten Kontrast zu dem höchsten Gebäude der Welt. Alle Gebäude sind auch hier über bereits teilweise fertig gestellte Gewässer und Wasserstraße mit einander verbunden.
Neben dem "Burj Dubai" entsteht die größte Mall der Welt
Noch eine Baustelle, unmittelbar neben dem „Burj Dubai“: Ein weiteres Einkaufszentrum, die dann größte Mall der Welt, mit eigenem Autobahnanschluss im ersten Obergeschoss, mit riesigen Parkhäusern und einem 5-Sterne-Hotel. Das Gebäude ist bereits fertiggestellt, der Innenausbau gegenwärtig in vollem Gang.
Das Dubai International Financial Centre mit den „Tower of Emirates“ bildeten eine Einheit und entsprechen trotz ihrer 51 und 60 Geschosse mehr unserem europäischen Vorstellungen. Das 50 Geschosse hohe Gebäude wird als Hotel genutzt, in der Hotellobby, die in der Höhe 40 Geschossen entspricht, bedienen vier Glasaufzüge die einzelnen Ebenen. Im 51sten Geschoss ist eine Bar installiert, die einen grandiosen Überblick über Dubai bietet.
Mit einer Rundfahrt durch die Festival City Dubai und ein neuentstehendes Stadtviertel wurde der Dubai Creek überquert. Die Besichtigung endete auf der Terrasse des Dubai Creek Golf Club. Nach Begrüßung durch den Manager konnte das Auge sich auf einer grünen Landschaft mit ausgesuchten Pflanzen und alten Palmen ausruhen. Im Hintergrund liegt das den mehreren Segeln einer Dau nachgebildete Gebäude des Golf Clubs, im Vordergrund die grüne Fläche des Golfplatzes, auf einer Seite abgegrenzt durch das grüne Wasser des Creek, und im Hintergrund die Silhouetten der Hochhäuser, von allen überragt durch den „Burj Dubai“. Eine beeindruckende Kulisse.
Kaum zu diskutieren: Der europäische Anspruch auf Nachhaltigkeit
Unter den Exkursionsteilnehmern wurde immer wieder die Frage aufgeworfen, inwieweit die vielen beeindruckenden Bauwerke, die innerhalb weniger Jahre in den Wüstensand gesetzt worden sind, eine langfristige Perspektive haben. Unser europäischer Anspruch auf Nachhaltigkeit und ökologische Verträglichkeit ist in einem solchen Umfeld kaum zu diskutieren. Sich vor Ort einen Eindruck von der märchenhaften Wandlung einer Wüstensiedlung hin zu einer touristischen Destination höchsten Ranges machen zu können, war für Architekten und Stadtplaner jedenfalls eine beeindruckende und durchaus inspirierende Erfahrung.
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