Ausloberpreis 2011: "Frische Ideen für verkrustete Strukturen!"
Mehr als 30 Wettbewerbsverfahren und viele weitere konkurrierende Vergaben, die vor allem auf eines abzielten: Für die Projekte im Großraum Köln-Bonn die jeweils beste unter vielen denkbaren Lösungen zu finden. "Ein solcher Einsatz ist anzuerkennen, vor allem das große persönliche Engagement der Akteure", lobte Dr. Christian Schramm die Verantwortlichen der „Regionale 2010“, die am 19. Juli 2011 mit dem Ausloberpreis der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet wurden. Die Architektenkammer ehrt damit das Engagement der Regionale 2010 Agentur für die Baukultur in Nordrhein-Westfalen. Der Vizepräsident der Architektenkammer NRW, Dr. Christian Schramm, erklärte in seiner Festansprache zur Preisübergabe im Deutschen Sport- und Olympia Museum in Köln, die Regionale 2010 Köln/Bonn habe in vorbildlicher Weise das Instrument des geregelten Architektenwettbewerbs genutzt, um für die von ihr mitinitiierten Bauprojekte höchste Qualität und große Vielfalt zu erreichen. Dr. Reimar Molitor, Geschäftsführer der Regionale 2010 Agentur, betonte, Wettbewerbe seien aus seiner Sicht „das ideale Instrument, um besondere Qualitäten zu erreichen, und um Bauwerke zu gewinnen, die Strahlkraft für eine ganze Stadt und Region entfalten.“
Mit der Regionale 2010 Agentur erhält erstmals eine Organisation den Ausloberpreis der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, die nicht selbst Bauherr ist. „Die ‚Regionalen’ sind ein anerkanntes Instrument zur Gestaltung des ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Wandels in den Regionen Nordrhein-Westfalens“, begründete der Vizepräsident der Architektenkammer die Auswahl des Preisträgers 2011. Die Regionale 2010 Agentur habe im Rahmen ihrer Projektarbeit zur Strukturentwicklung bei weit über 30 der von ihr begleiteten Maßnahmen die Auslobung geregelter Wettbewerbe angeregt. „Und zwar in dem ausgeprägten Bewusstsein, dass über Architektenwettbewerbe hochwertige und innovative Lösungen für bauliche Aufgabenstellungen gefunden werden können“, betonte Dr. Christian Schramm. „Besonders hervorzuheben ist, dass Sie Ihr Engagement für Wettbewerbe nicht auf Großprojekte beschränkt, sondern auch auf mittlere und kleinere Bauaufgaben ausgedehnt haben“, sagte Dr. Christian Schramm stellvertretend an die Adresse des Vorsitzenden des Ausschusses der Regionale 2010 und Landrat des Rhein-Erft Kreises, Werner Stump, und des Geschäftsführers der Regionale 2010 Agentur, Dr. Reimar Molitor. Viele der in diesen Wettbewerben ausgezeichneten Projekte werden zurzeit unter Beteiligung der Preisträger umgesetzt oder wurden bereits fertig gestellt. Sie verdeutlichen exemplarisch die Vorteile des Architektenwettbewerbs: Vielfalt der Lösungsansätze, Transparenz der Entscheidungen, Entscheidungssicherheit des Auslobers, Wirtschaftlichkeit und nicht zuletzt eine intensive Kommunikation mit der Öffentlichkeit, die lebhaft Anteil an Architektenwettbewerben nimmt.
„Wettbewerbe sind auch ein ganz starkes Instrument, um neue Ideen und Impulse in verkrustete politische Strukturen einspeisen zu können“, konstatierte Prof. Carl Fingerhuth. Der Züricher Architekt und vielfache Vorsitzende von Wettbewerbsjurys, fasste seine Erkenntnisse aus langjährigen Erfahrungen zusammen. So sieht er Wettbewerbe auch als die „Transformation der Haltung einer Stadtbevölkerung in ein gebautes Bild“. Der öffentliche Diskurs, den Architektenwettbewerbe immer anregten, sei heute wichtiger denn je, weil immer mehr das Engagement von Privaten die Stadt baulich präge.Umso mehr stehen die (immer weniger werdenden) Bauten der öffentlichen Hand im Blickpunkt des Publikums und stellen deshalb höchste Anforderungen an Architektur und Städtebau, unterstrich die Architektenkammer NRW: „Es ist besonders zu loben, dass die Regionale 2010 Agentur gemeinsam mit ihren Partnern in den Kommunen diese Verpflichtung sehr ernst nimmt und mithilfe des Instruments Architektenwettbewerb Bauwerke von hoher Qualität schafft, die das Bild der Region Köln/Bonn in den nächsten Jahrzehnten entscheidend prägen werden“, so Kammervizepräsident Dr. Christian Schramm. Er appellierte an die folgenden Regionalen (2013 Südwestfalen, 2016 westliches Münsterland), diesem Beispiel zu folgen.
Die Preisübergabe fand im Deutschen Sport & Olympia Museum in Köln statt, einem historischen Lagerhaus im Rheinauhafen, das vor einigen Jahren von Architekt Walter von Lom umgebaut und für die neue Nutzung aufgewertet worden war.
Der Ausloberpreis ist eine der wichtigsten Auszeichnungen, die die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen in ihrem Engagement für die Baukultur in unserem Land vergibt. Die Regionale 2010 Agentur ist der siebte Preisträger (2008: BLB NRW Niederlassung Aachen, 2006: Bischöfliches Generalvikariat Münster; 2001: Stadt Hamm; 1996: Stadt Lemgo; 1994: Stadt Köln; 1992: Stadt Münster). Die Auszeichnung ist nicht dotiert.Abschließend reflektierten im Rahmen der Preisverleihung in Köln Wettbewerbsbeteiligte – Auslober, Teilnehmer und Jurymitglieder – ihre Erfahrungen mit den Wettbewerbsverfahren, die im Rahmen der Regionale 2010 durchgeführt wurden.
Ulrich Stücker (Technischer Beigeordneter der Stadt Gummersbach) hob die "enorme Impulswirkung" hervor, die von Architekturwettbewerben ausgehe. "Wir haben in Gummersbach sogar viele Detail-Wettbewerbe durchgeführt, etwa für einen Kreisverkehr." Und dieser sei nun, nach der Realisierung des Siegerentwurfs, zu einem neuen Symbolbild für die Stadt geworden. Auch sein Kollege Berthold Kalsbach, technischer Beigeordneter der Stadt Rösrath, berichtete von dem Innovationspotenzial, das sich in Wettbewerben entfalte.
Die Berliner Landschaftsarchitektin Ulrike Böhm war mit ihrem Büro bbzl gleich bei mehreren Regionale2010-Projekten erfolgreich. Ihr lag besonders die Einbindung der Bevölkerung am Herzen: "Partizipation ist gerade bei amibitionierten Projekten sehr wichtig. Das ist viel Arbeit, lohnt sich aber im Ergebnis eigentlich immer." Wettbewerbe, über die in den Medien zumeist ausführlich berichtet werde, seien für diesen Prozess eine wertvolle Unterstützung.
Prof. Christl Drey war als Stadtplanerin und Preisrichterin in zahlreichen Regionale 2010-Wettbewerbsverfahren eingebunden. "Ich habe eine neue regionale Wettbewerbskultur erlebt, die Mut macht", berichtete Prof. Drey. Von den 36 geregelten Verfahren der Regionale2010 seien nur etwa ein Drittel im Schwerpunkt dem Hochbau zuzurechnen. Erfreulich fand die Stadtplanerin, dass alle Verfahren integrierte Konzepte verfolgten und die Umwelt einbezogen hätten. Und noch eine Tendenz machte Christl Drey aus: "Große Kommunen denken immer noch zu stark an Leuchtturm-Projekte. Die kleinen Kommunen denken flexibler und vernetzen sich für solche Projektvorhaben zunehmend interkommunal."
Hintergrund: Architektenwettbewerbe
Wer einen Architektenwettbewerb auslobt, erhält zum Preis eines Vorentwurfs viele unterschiedliche Vorentwürfe für sein Bauvorhaben. Zu den Kernelementen des Architektenwettbewerbs gehört die Anonymität der Verfasser (eine Jury wählt aus anonymisierten Planungsunterlagen aus), die neutrale Bewertung der eingereichten Arbeiten anhand eines festen Kriterienkatalogs und die Transparenz des Verfahrens.
Der Architektenwettbewerb ist einzigartig als Verfahren, für ein Projekt die beste Lösung und den geeigneten Architekten zu finden. Nirgendwo sonst in der Wirtschaft erbringen Mitglieder eines Berufsstandes so umfangreiche Leistungen ohne die Gewissheit, dafür vergütet zu werden. Aber auch eine Gegenleistung wird für diesen Einsatz erwartet: Es ist die Zusage, dass einer der Preisträger mit dem anschließenden Auftrag rechnen darf und dass das Verfahren nach fairen Spielregeln abläuft.
Um Wettbewerbe noch attraktiver zu machen, hat die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen im Jahr 2001 das Reglement für solche Verfahren vereinfacht. Seither werden in NRW die „Regeln für die Auslobung von Wettbewerben“ (RAW) angewendet, mit denen die Durchführung eines Wettbewerbs einfacher und schneller geworden ist. Seit Einführung der RAW ist die Zahl der ausgelobten Wettbewerbe in NRW deutlich angestiegen - von lediglich 32 Wettbewerben im Jahr 2000 auf 79 Verfahren im Jahr 2007. Gegenwärtig werden jedes Jahr in NRW 60 bis 70 Wettbewerbsverfahren nach den RAW durchgeführt. - Allen Bauherren, die sich für die Auslobung eines Wettbewerbs interessieren, bietet die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen eine kostenlose, persönliche Beratung vor Ort an.
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