Bleiben Sie gesund!

Der Schutz der eigenen Gesundheit ist für jeden Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin ein hohes Gut. Das gilt natürlich auch für Arbeitgeber, denen zusätzlich eine besondere Verantwortung für ihre Mitarbeiter zukommt. Im seit 1996 bestehenden Arbeitsschutzgesetz wird jeder Arbeitgeber - unabhängig von der Anzahl seiner Mitarbeiter - dazu verpflichtet, arbeitsbedingte Gefährdungen für seine Arbeitnehmer zu analysieren, Maßnahmen zur Abwehr zu ermitteln und zu veranlassen sowie die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zu überprüfen. Ziel ist es, arbeitsbedingte Erkrankungen oder Unfälle zu vermeiden und damit die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen und zu erhalten.

17. August 2017

Das Thema Arbeitsschutz entstand in Zeiten der zunehmenden Industrialisierung ab 1883 in Preußen. Zu dieser Zeit waren schwere Arbeitsunfälle in Fabriken mit oftmals tödlichem Ausgang für die Mitarbeiter an der Tagesordnung. Nachfolgend führte dies nicht selten zu einer Verarmung der betroffenen Familien, die nicht nur einen Vater verloren hatten, sondern auch ihren Versorger. Graf von Bismarck erkannte diesen Missstand und entwickelte die Basis der auch heute noch gültigen Sozialgesetzgebung, welche sich u. a. in den Sozialgesetzbüchern manifestiert.

Ursprünge in der Industrialisierung

In diesem Rahmen wurde von Graf von Bismarck das Versicherungswesen eingeführt. Neben der bekannten Kranken- und Rentenversicherung rief Otto Graf von Bismarck auch die gesetzlichen Unfallversicherungen ins Leben – die heutigen Berufsgenossenschaften. Sie hatten und haben die Aufgabe, für Krankheitskosten der Arbeitnehmer im Falle von berufsbedingten Erkrankungen (Berufskrankheiten) oder berufsbedingten Unfällen aufzukommen sowie gegebenenfalls Renten an die Arbeitnehmer und die betroffenen Familien zu zahlen. Die Versicherungsbeiträge werden dabei vollständig vom Unternehmer beglichen.

Gesetze und Grundlagen

Die Gesetze wurden immer wieder angepasst und ergänzt. Heute sind beim Thema Arbeitsschutz für jeden Arbeitgeber und Arbeitnehmer folgende Gesetze wirksam und rechtsgültig (exemplarischer Auszug):

 

  • Arbeitsschutzgesetz
  • Arbeitssicherheitsgesetz
  • Sozialgesetzbuch VII
  • Produktsicherheitsgesetz
  • Mutterschutzgesetz
  • Jugendschutzgesetz
  • Antidiskriminierungsgesetz
  • Arbeitszeitgesetz
  • Strahlenschutzgesetz

 

Neben den Gesetzen gibt es eine Vielzahl nachgeordneter arbeitsschutzrelevanter Richtlinien, Verordnungen und Regeln. Diese haben zwar keinen Gesetzescharakter, sind aber als Arbeitshilfen zur Konkretisierung der zu Grunde liegenden Gesetze zu verstehen. Da sie den aktuellen Stand der Wissenschaft berücksichtigen, haben sie letztlich einen ähnlich bindenden Charakter wie Gesetze.

Arbeitsschutzrelevante Verordnungen und Regeln (exemplarischer Auszug):

 

  • Arbeitsstättenverordnung
  • Bildschirmarbeitsplatzverordnung
  • Betriebssicherheitsverordnung
  • Verordnung zum Schutz der Mütter am Arbeitsplatz
  • Arbeitsmedizinische Vorsorge Verordnung (ArbMedVV)
  • Gefahrstoffverordnung
  • Biostoffverordnung
  • Röntgen- und Strahlenschutzverordnung
  • TRGS: technische Regeln für Gefahrstoffe
  • TRBA: technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe 

 

Neben all diesen Gesetzen und Verordnungen, die zusammengefasst die staatliche Säule des Arbeitsschutzes bilden, gibt es schließlich auch die gesetzlichen Unfallversicherungen – die Berufsgenossenschaften, die die zweite Säule des deutschen Arbeitsschutzes bilden.

Auch die Berufsgenossenschaften haben den Arbeitgebern aufgrund ihrer umfassenden Erfahrungen bei arbeitsbedingten Erkrankungen und Unfällen ein umfangreiches Vorschriften- und Regelwerk zur Verfügung gestellt mit dem Ziel, sichere Arbeitsverhältnisse für Arbeitnehmer zu erwirken sowie Arbeitsunfälle zu vermeiden. Sie folgen damit dem Gedanken der Prävention, der zunehmend ins Zentrum aller Bemühungen rückt.

Berufsgenossenschaftliche Vorschriften und Regeln (exemplarischer Auszug):

 

  • DGUV Vorschrift 1: Grundsätze der Prävention
  • DGUV Vorschrift 2: Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit
  • DGUV Vorschrift 3 + 4: elektrische Anlagen und Betriebsmittel
  • DGUV Vorschrift 6 + 7: Arbeitsmedizinische Vorsorge

 

Arbeitsschutz im Arbeitsalltag

Während seiner alltäglichen Arbeit muss sich jeder Arbeitgeber ständig bewusst sein, dass er jederzeit alleine die vollständige Verantwortung für die Sicherheit und den Schutz seiner Arbeitnehmer trägt. Alleine der Arbeitgeber ist verantwortlich für die Umsetzung aller Gesetze, Regeln und Pflichten, auch wenn er zur Unterstützung bzw. Entlastung Experten des Arbeitsschutzes wie einen Betriebsarzt oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit an seiner Seite hat. Dabei ist es völlig unerheblich, wieviel Arbeitnehmer ein Unternehmer beschäftigt – alle Gesetzte, Regeln und Pflichten gelten für einen Arbeitnehmer genauso wie für 1000 Arbeitnehmer oder mehr. Dennoch tragen die gesetzlichen Unfallversicherungen auch der Betriebsgröße Rechnung: In der DGUV Vorschrift 2 wird festgelegt, ab welcher Unternehmensgröße ein Unternehmer verpflichtend den Rat der Experten des Arbeitsschutzes (Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit) hinzuziehen muss. Dabei wird differenziert:

1. "arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Regelbetreuung in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten" (s. auch DGUV Vorschrift 2 Anlage 2)
Bei dieser Betreuungsform wird die Bestellung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit und eines Betriebsarztes verpflichtend vorgeschrieben. Auch die Einsatzzeiten dieser Experten des Arbeitsschutzes sind konkret festgelegt. Die Expertenbetreuung wird zeitlich unterteilt in die Grundbetreuung und die betriebsspezifische Betreuung.

2. "arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Regelbetreuung in Betrieben mit bis zu 10 Beschäftigten" (s. auch DGUV Vorschrift 2 Anlage 1)
Auch bei dieser Betreuungsform wird die Bestellung der Arbeitsschutzexperten verpflichtend vorgeschrieben. Anders als bei der vorgenannten Betreuungsform für Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten wird hier die Betreuung unterteilt in die Grundbetreuung und die anlassbezogene Betreuung.

3. "Alternative bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung in Betrieben mit bis zu max. 50. Beschäftigten" (s. auch DGUV Vorschrift 2 Anlage 3)
Bei dieser alternativen Betreuungsform wird dem Arbeitgeber durch den Besuch qualifizierter Informations- oder Motivationsveranstaltungen und Fortbildungsmaßnahmen die Möglichkeit gegeben, die notwendigen fachspezifischen Kenntnisse im Arbeitsschutz eigenständig zu erwerben.  Lediglich bei klar definierten besonderen Anlässen wird der Unternehmer verpflichtet, sich Expertenrat von Betriebsarzt bzw. Fachkraft für Arbeitssicherheit einzuholen.

Chancen eines guten Arbeitsschutzes

Dass Arbeitsschutz notwendig und sinnvoll ist, liegt bei Beispielen aus der chemischen Industrie klar auf der Hand. Beim Umgang mit komplexen Chemikalien mit ungewisser Wirkung können bei unbeabsichtigter Freisetzung schnell lebensgefährliche Situationen wie Explosionsgefahren oder Brandgefahren entstehen. Unvorstellbar ist gar die Situation der unbeabsichtigten Aufnahme der Chemikalie in den menschlichen Körper.

Welchen Nutzen aber hat der Arbeitsschutz bei Bildschirmarbeitsplätzen, bei Friseuren, im Einzelhandel? Hier erscheint der Zeit- und Kostenaufwand unverhältnismäßig im Vergleich zum erwarteten Nutzen.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) hat branchenüber-greifend für 2015 eine durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit von 15,2 Tagen je Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer pro Jahr errechnet mit einem dadurch entstandenen volkswirtschaftlichen Produktionsausfall von 64 Milliarden Euro. Expertenschätzungen zufolge muss ein Unternehmen mit einem Betrag von etwa 400 Euro je Tag Arbeitsunfähigkeit seines Arbeitnehmers rechnen. Mit diesen Zahlen wird Arbeitsschutz nun auch in Eurobeträgen messbar. Und mit dieser Erkenntnis rückt der Arbeitsschutz nun auch zunehmend in den Mittelpunkt erfolgreicher Unternehmen der heutigen Zeit.

Es zeigt sich, dass guter Arbeitsschutz

 

  • die Sicherheit und den gesundheitlichen Schutz der Arbeitnehmer sichert;
  • dem Unternehmer erhebliche monetäre Vorteile bringen kann;
  • das Kranken- und Rentenversicherungssystem entlasten kann;
  • das Bruttoinlandsprodukt steigern kann.

Aus den genannten Gründen wird der deutsche und europäische Arbeitsschutz zunehmend forciert, aber auch von den Legislativen und Leistungsträgern zunehmend kontrolliert.

EU-Ziele bis 2020

In einem Positionspapier der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherungen zum strategischen Rahmen der EU 2014-2020 wurden folgende Punkte festgelegt:

 

  • Stärkere Umsetzung der Rechtsvorschriften insbesondere in Kleinst- und Kleinbetrieben.
  • Bessere Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen speziell mit Blick auf neue Risiken.
  • Stärkere Berücksichtigung der Folgen des demografischen Wandels, um die Beschäftigungsfähigkeit bei steigenden Lebensarbeitszeiten sicherzustellen.

Es ist nicht nur empfehlenswert, sondern überaus sinnvoll, Arbeitsschutzthemen in den Arbeitsalltag zu integrieren und alltäglich zu leben. - Bleiben Sie gesund!

Autorin: Dr. Yvonne Kalender-Wirtz, Allgemeinmedizinerin in Düsseldorf; Betriebsärztin der Architektenkammer NRW (Geschäftsstelle)

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