Bottrop, Bochum – 40 Jahre Museumsarchitektur

Das Ruhrgebiet ist nicht zuletzt auch ein Museumsland. Keine Region in Deutschland kann ein ähnlich dichtes Netz an Häusern für die Kunst aufweisen, die in ihrer Gesamtheit einen unvergleichlichen Blick auf die Kunst der Moderne, insbesondere die des 20. Jahrhunderts erlauben.

05. Oktober 2023von Dr. Frank Maier-Solgk

Es war ein nach dem Krieg bewusst unternommener kulturpolitischer Neuanfang, der zur Identität der Region wesentlich beitrug. Dies gilt in ähnlicher Weise auch für die Architektur der Museen, die auf hohem Niveau eine Review der Entwicklungen der letzten Jahrzehnte erlaubt. Zwei Häuser im Revier feiern in diesem Jahr ein Jubiläum.

Im Frühjahr erinnerte das Museum Josef Albers Quadrat Bottrop mit einer kleinen Ausstellung an das Jahr 1983, als die Künstlerin Anni Albers anlässlich einer Schenkung von 300 Arbeiten aus dem Nachlass ihres verstorbenen Mannes einen neuen Trakt eröffnete. Architekt des damaligen Annexes war der Baudirektor der Stadt Bottrop, Bernhard Küppers, der bereits das 1976 eröffnete Gebäude des Museumszentrum Quadrat entworfen hatte und 1983 ein drittes Quadrat nun mit dem Namen „Josef Albers“ ergänzte.

Bundeskanzler Helmut Kohl und der damalige US-Vizepräsident George Bush hielten seinerzeit, im Juni 1983, die Festansprachen. Selten wurde der konstruktive Modernismus im Stil eines Mies van der Rohe mit schwarzen Stahlträgern, großen Glasflächen und einem fließenden Raumkontinuum im Inneren konsequenter und ästhetisch ansprechender umgesetzt. Den quadratischen Bildern des emigrierten Bauhauslehrers konnte damit zugleich eine formal ideale Heimstätte gegeben. Zu dem auch heute noch eleganten Gesamteindruck trägt nicht zuletzt der Stadtpark im Umfeld bei, der zum Skulpturenpark entwickelt wurde und damals im Stil eines englischen Landschaftsgartens neu angelegt wurde.

Neubau 2022

Das Bottroper Museumsensemble ist auch das durchaus nicht untypische Beispiel eines langen baulichen Entwicklungsprozesses, der in diesem Fall von einer 1903 erbauten Amtsvilla über die Neubauten der 1970er und -80er Jahre bis in die Gegenwart reicht und im vergangenen Jahr mit einem zusätzlichen Neubau eine weitere Etappe eröffnete:  Nach einem internationalen Wettbewerb wurde als Annex für Wechselausstellungen der Trakt des Schweizer Architektenpaares Gigon/Guyer eröffnet, welches das bisherige Ensemble in eigenständiger Weise weiterführt.
Der auf rechteckigem Grundriss errichtete Zweistöcker verzichtet auf gläserne Transparenz und verschließt sich mit einer Fassade aus pulverbeschichteten Metallplatten und wenigen, markanten Fenstersetzungen in fast geheimnisvoller Weise gegenüber der Umgebung. Der Erweiterungsbau besitzt eine Fläche von 1.400 Quadratmetern, im Erdgeschoss ist Platz für Museumspädagogik und Werkstätten geschaffen worden, das 1. OG ist Wechselausstellungen vorbehalten, wobei die Idee eines offenen Universalraumes zugunsten einer nun festen Raumfolge aufgegeben wurde. Die acht Ausstellungsräume sind zurückhaltend gestaltet und geben, von einer Sheddachkonstruktion erhellt, der Kunst den Vorrang.

Bochum Kunstmuseum

Im November dieses Jahres wird auch in Bochum Geburtstag gefeiert. Das dortige Kunstmuseum, 1960 als „Städtische Kunstgalerie“ gegründet und seitdem in der historistischen Unternehmervilla Marckhoff-Rosenstein untergebracht, erhielt (ebenfalls 1983) einen Neu- bzw. Erweiterungsbau durch die dänischen Architekten Jørgen Bo und Vilhelm Wohlert. (Sie entwarfen in NRW auch das Gustav-Lübcke-Museum in Hamm). Der auch in diesem Fall an die Villa andockende, jedoch in deutlichem Kontrast zu ihr stehende dreistöckige Bau ist von gerasterten Tombakplatten ummantelt und vermittelt nach außen statt repräsentativen Gesten eindeutig Werkstattcharakter.

Mit der Eröffnung 1983 wurde im Foyer des Gebäudes gleichzeitig ein 200 m2 großes Wandmosaik aus Biskuitporzellan des dänischen Künstlers Mogens Andersen eingeweiht, das aktuell gereinigt und restauriert wird. Nicht nur das Mosaik, auch andere Elemente wie die lange gerundete Rampe, die ebenso wie die Theke der Cafeteria auf organische Formen setzt, suchen die Nähe von Kunst und Architektur.

Zur Jubiläumsausstellung im November wird das Kunstmuseum Bochum diese Tradition aufnehmen und erneut Künstlerinnen und Künstler einladen, neue, ortsspezifische Arbeiten zu schaffen: Titel der am 18. November beginnenden Ausstellung: „Our House is a very very very fine house“; wir stimmen zu und gratulieren.

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