Brauerei im Wandel: Gewinner des Förderpreis 2025 Felix Schweizer im Interview
Für ihre überzeugenden Studienabschlussarbeiten wurden junge Nachwuchsplanerinnen und -planer am 10. April 2025 im Baukunstarchiv NRW mit dem Förderpreis der Stiftung Deutscher Architekten ausgezeichnet. Felix Schweizer von der RWTH Aachen ist einer von drei gleichrangigen Preisträger*innen.
„Brauerei im Wandel – Eine Transformation des Brauereigeländes Ganter in Freiburg zu einem lebendigen Quartier“ lautet der Titel seiner Masterarbeit, mit der er die Jury überzeugte. Diese bescheinigte Schweizer „ein hohes Maß an Sensibilität im Umgang mit den vorhandenen Strukturen eines postindustriell geprägten Areals.“
Die Jury hat Ihren auffällig sensiblen Umgang mit vielschichtigen und überzeitlichen Themen gewürdigt. Wo sehen Sie selbst Ihre Stärken und wo manifestieren sich diese in Ihrer Abschlussarbeit?
Ich denke, ich habe mich besonders mit dem Ort und seinen räumlichen, historischen, funktionalen und architektonischen Schichten beschäftigt. Mich interessieren dabei nicht nur die offensichtlichen Merkmale eines Areals, sondern auch die Eigenarten und Potenziale, die in der Geschichte und den vorhandenen Strukturen verankert sind. Beim Ganter Areal war es mir wichtig, den Bestand nicht nur baulich zu erfassen, sondern auch seine Atmosphäre und Nutzungszusammenhänge zu verstehen. Die besondere Heterogenität des Areals – architektonisch wie programmatisch – habe ich nicht als Hindernis, sondern als Ausgangspunkt für den Entwurf verstanden. Die Mischung aus historischen und neuzeitlichen Gebäuden, unterschiedlichen Nutzungen und Leerständen bildet eine komplexe Grundlage, die Raum für neue Ideen eröffnet. Dies habe ich als Potenzial erkannt und als Ausgangspunkt und Grundgerüst für meinen Entwurf genutzt. Dabei ging es mir darum, die vorhandenen Qualitäten zu erkennen und herauszuarbeiten, um sie durch neue Akzentuierungen, räumliche Qualitäten und Strukturen hervorzuheben.
Welche Herausforderungen sind bei der Integration der historischen Brauerei Ganter in das neue Quartier aufgetreten, insbesondere im Hinblick auf die Wahrung der Identität und die funktionale Weiterentwicklung?
Die zentrale Herausforderung bestand darin, die identitätsstiftenden Merkmale des Ortes zu bewahren und gleichzeitig eine funktionale Weiterentwicklung zu ermöglichen. Das Ganter Areal ist durch eine vielschichtige bauliche Struktur geprägt, mit Gebäuden unterschiedlicher Epochen, Nutzungen und Bausubstanz. Diese Heterogenität erforderte eine differenzierte Herangehensweise, um die vorhandenen Qualitäten nicht zu überformen, sondern in die zukünftige Entwicklung einzubinden.
Besonders anspruchsvoll war es, eine stimmige Balance zwischen Bestand und Neubau zu finden – sowohl gestalterisch als auch programmatisch. Die Entwicklung eines tragfähigen Nutzungsmix war eng mit der Frage verbunden, wie bestehende Gebäude sinnvoll aktiviert und neue Funktionen ergänzt werden können, ohne den Ort zu überfrachten. Hinzu kam die Herausforderung, ein funktionierendes Nebeneinander sehr unterschiedlicher Anforderungen zu ermöglichen – von Wohnen und Kultur über kleinteiliges Gewerbe bis hin zur weiterhin aktiven Brauerei. Es ging also nicht nur um bauliche Integration, sondern auch um die konzeptionelle Verbindung von Geschichte, Gegenwart und zukünftigen Anforderungen, welche nicht in Konkurrenz stehen, sondern in miteinander korrespondieren.
Wie haben Sie diese Herausforderungen methodisch und gestalterisch gelöst, um eine kohärente Verbindung zwischen Alt und Neu zu schaffen?
Zu Beginn stand eine umfassende Analyse des Bestands – sowohl hinsichtlich baulicher Strukturen als auch im Hinblick auf Nutzung, Atmosphäre und stadträumliche Einbindung. Ergänzt wurde dieser analytische Zugang durch einen Workshop mit lokalen Akteur*innen, um ein differenziertes Bild des Ortes zu gewinnen und externe Perspektiven einzubeziehen.
Gestalterisch habe ich den Bestand als strukturelles und identitätsstiftendes Gerüst verstanden, das durch gezielte Eingriffe ergänzt und aktiviert wird. Statt auf radikalen Wandel setzte der Entwurf auf Weiterentwicklung: leerstehende Gebäude wie die Alte Mälzerei oder der Flaschenkeller wurden umgenutzt, neue räumliche Qualitäten geschaffen und Neubauten so positioniert, dass sie auf Maßstab, Materialität und Höhenentwicklung des Bestands reagieren.
Das Zusammenspiel von Nachverdichtung, Nutzungsmischung und behutsamer Transformation bildet die Grundlage für eine räumlich und funktional stimmige Verbindung von Alt und Neu – eingebettet in ein übergeordnetes städtebauliches Konzept, das neue Zugänge schafft, bestehende Qualitäten stärkt und dem Areal eine klare Ordnung und Offenheit zum städtischen Umfeld gewährt.
Welchen Beitrag können Architektinnen und Architekten zum Erhalt der regionalen Baukultur Ihrer Meinung nach leisten?
Architektinnen und Architekten tragen eine zentrale Verantwortung zum Erhalt regionaler Baukultur – nicht nur durch den Schutz historischer Bausubstanz, sondern auch durch die zeitgemäße Weiterentwicklung gewachsener Strukturen im Sinne ihrer Geschichte und Identität. Die intensive Auseinandersetzung mit dem, was da ist und es umgibt, ist für mich ein essenzieller Bestandteil des Entwurfsprozesses selbst – und ein Aspekt, der aus meiner Sicht noch stärker ins Zentrum der Praxis rücken sollte. Es geht darum, den Charakter und Potenziale eines Ortes zu erkennen und in die Gegenwart zu überführen, ohne ihn einfach nur zu überformen. Eine respektvolle Haltung gegenüber dem Bestand, genaues Hinsehen sowie der Dialog mit lokalen Akteurinnen und Akteuren, sowie ein sensibler, kontextbezogener Entwurfsansatz sind für mich der Schlüssel zu einer zeitgemäßer Baukultur die regional verwurzelt und zugleich zukunftsfähig ist.
Welche Pläne haben Sie für Ihren weiteren beruflichen Werdegang? Welche Ziele möchten Sie als angehender Architekt erreichen?
Ich möchte zunächst weitere praktische Erfahrung in einem Büro sammeln, das sich mit der Schnittstelle von Architektur und Städtebau beschäftigt, um das an der Universität gelernte auch in der Praxis umsetzen und gestalten zu können. Das Großartige an unserem Beruf ist, dass er sehr vielseitig ist , daher reizt es mich langfristig, noch viele Teilbereiche kennenlernen zu dürfen und mich intensiv mit ihnen zu beschäftigen, um immer wieder neue Perspektiven auf Architektur und Städtebau gewinnen zu können.
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