Der deutsche Denkmal-Architekt: Bruno Schmitz (1858 - 1916)

Militarismus, gewaltsame Unterdrückung von demokratischen Aufständen, Vertreter des „alten Preußen“. Ein „lupenreiner Demokrat“ war der deutsche Kaiser Wilhelm I sicherlich nicht - genauso wenig wie manche Autokraten nach ihm. 1871 wurde er in Versailles zum ersten deutschen Kaiser gekrönt, gegen Ende seines Lebens fand er als nationale Symbolfigur weithin große Verehrung. In den Jahren und Jahrzehnten nach seinem Tod 1888 wurden mehr als 400 Reiterstandbilder, Standbilder, Sitzstatuen und Büsten ihm zu Ehren errichtet. Viele von ihnen stehen im heutigen Nordrhein-Westfalen, der ehemaligen preußischen Provinz, nicht wenige an landschaftlich markanten Orten, am Rhein zu Köln zum Beispiel, am Deutschen Eck in Koblenz oder auch an der Porta Westfalica, wo die Weser das Weser- und Wiehengebirge symbolträchtig in Richtung norddeutscher Tiefebene durchbricht. Dieses Westfalen-Portal, ein monumentaler, oberhalb einer breiten Terrasse errichteter Turmbau in Form eines großen Baldachin, in dessen Schutz die eigentliche Statue steht, wird nun, 120 Jahre nach seiner Einweihung, saniert und ausgebaut.

11. Oktober 2016von Dr. Frank Maier-Solgk

Bundesbauministerin Barbara Hendricks persönlich kam zur Grundsteinlegung, denn der mehr als 12 Mio. Euro teure Ausbau wird im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms „Nationale Projekte des Städtebaus“ vom Bundesbauministerium gefördert. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als Eigentümer der Landmarke trägt die Co-Finanzierung. Bis Anfang 2018 sollen in der Ringterrasse ein Besucherzentrum und eine Panorama-Gastronomie entstehen.

Natürlich, so wird betont, gehe es dabei nicht um eine Erneuerung von Kaiserverehrung. Der LWL, so sein Direktor Matthias Löb, wolle dem Denkmal „die Wucht und das Pathos durch bunte, spielerische Aktionen“ nehmen; eine Auseinandersetzung mit der Geschichte sei auch geplant. Hierzu müsste allerdings das Gedenken auch daran gehören, dass in den Kriegsjahren 1944 und 1945 unterhalb des Denkmals im Wittekindsberg mehr als 1000 Zwangsarbeiter beim Ausbau von Stollen für die Rüstungsindustrie eingesetzt waren.

Architekt des Denkmals war der heute wenig bekannte, 1858 in Düsseldorf geborene Bruno Schmitz. Sein Todestag jährt sich in diesem Jahr zum hundertsten Mal. Schmitz schuf die ganz großen, die nationalen Monumente: außer dem Gedenkbau an der Porta Westfalica auch den Bismarckturm Unna in Fröndenberg, das Kyffhäuserdenkmal im Harz, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck in Koblenz und das berühmte Völkerschlachtdenkmal in Leipzig. Neben Wilhelm Kreis, dem Architekten der Bismarcktürme, war Schmitz der erfolgreichste Architekt von Denkmälern während der Wilhelminischen Zeit.

Der Porta Westfalica-Bau ist eines seiner monumentalsten, errichtet im so genannten wilhelminischen „Zyklopenstil“, der seinen Namen den massiven Rustikasteinen verdankt, die nur ein Zyklop hätte stemmen können. Allein der Durchmesser der Terrasse misst 120 Meter, die Figur des Kaisers einschließlich Sockel 12 Meter, der Baldachin aus Sandstein darüber schließlich mehr als 50 Meter; das gesamte Denkmal ist 88 Meter hoch. Die Deutsche Bauzeitung formulierte 1916, Schmitz sei geleitet von „titanhaft gesteigertem Wollen“ und einem „michelangelesken Streben nach der unerhörten Form.“
Freilich ist dieser Denkmalstil von Schmitz kein Sonderfall. Das Monumentale stand über Jahrzehnte ganz generell hoch im Kurs. Es war ein Grundzug der Zeit, der durch die nationale Einigung von 1870/71 in Deutschland nur gesteigert wurde. Selbst ein Vertreter der Moderne wie Walter Behrens formuliert im Jahr 1909: „Die monumentale Kunst ist der höchste Ausdruck der Kultur einer Zeit“. Gefeiert wurde der Sieg über Frankreich, die Reichsgründung. Das nationale Gemeinwesen suchte einen passenden, historisch begründeten baulichen Ausdruck für sich, und zwar in einem Stil, der schon durch das Material Ewigkeitsansprüche erhob. Krypta oder Höhle, Rundturm und Treppenanlagen gehörten zu den beliebten, auch für Gedenkfeiern konzipierte architektonische Elementen, die nicht erst der Nationalsozialismus erfunden und gepflegt hatte.

Natürlich verursachen Denkmäler und der Umgang mit ihnen notorisch Diskussionen, ob in Wuppertal, wo man vor kurzem die Rekonstruktion von Kaiser-Wilhelm-Plastiken am Rathaus aus politischen Gründen verhinderte; oder in Krefeld, wo man allen Ernstes über einen neuen Namen für das Kaiser Wilhelm Museum nachdachte. Fragen danach, wie authentisch die originale Anmutung bewahrt wird, wie man historische Distanz signalisieren kann, sind aktueller denn je und müssten öffentlich diskutiert werden. Vor diesem Hintergrund erscheint das Vorhaben, das Denkmal an der Porta Westfalica zu sanieren, als sinnvoll. Allerdings bleibt zu fragen, ob eine bloße Sanierung und die touristische Instandsetzung des Monuments wirklich ausreichen. Eine künstlerische Intervention oder, eine zeitgenössische architektonische Ergänzung, stünden dem Denkmal gut zu Gesicht.

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