Enrique Sobejano: Bauen mit dem Ort, Kultur und Klima

In der Architektur geht es immer um Licht!“ - Enrique Sobejano faszinierte die rund 120 Zuhörer seines Vortrags „The Space of Culture“ am 12. Februar im Haus der Architekten mit seinen vertieften Betrachtungen zum Planen und Bauen im Einklang mit der Natur und der umgebenden Kultur.

13. Februar 2014von Christof Rose

Über 90 Minuten schaffte es der spanische Architekt und Hochschullehrer, sein Verständnis von Architektur und die Leitlinien seins äußerst erfolgreichen Schaffens anhand weniger, aber umso markanterer Beispiele aus seinem Oeuvre darzulegen und nachvollziehbar zu machen. Von größtem Einfluss auf sein Denken und Arbeiten sei das Projekt „Medinat al-Zahra“ in der Nähe von Cordoba gewesen. Das Museum stellt die osmanische Epoche in Spanien dar und wurde auf den Ruinen eines Prachtbaus von Kalif Abd ar-Rahman III. aus dem 10. Jahrhundert realisiert, der fast tausend Jahre unter Sand verschüttet lag. Nieto Sobejano Arquitectos griffen diesen Aspekt in der zehn Jahre dauernden Beschäftigung mit dem Projekt auf, indem sie das Museum in den Boden einließen. Das Dach wurde Fassade, der große Innenhof zum zentralen Element. „Seit diesem Projekt weiß ich: Bauen in Spanien bedeutet immer Umgang mit alter Kultur“, unterstrich Enrique Sobejano, der als Professor an der Berliner Universität der Künste unterrichtet.

Mit seinem Büro Nieto Sobejano Arquitectos in Madrid realisiert der Spanier seit vielen Jahren Museen und Kulturbauten, die sich durch eine behutsame Einbettung in die städtebauliche Situation und die Landschaft sowie – bei Sanierungen und Erweiterungen – durch einen rücksichtsvollen Umgang mit dem Gebäudebestand auszeichnen. „Wir haben keine eindeutig erkennbare Signatur, keinen Stil, den Sie in Fachmagazinen wie eine Marke erkennen können“, hob der Spanier in seinem Vortrag im Haus der Architekten hervor. „Unsere Arbeit wird beeinflusst von der Geschichte des jeweiligen Ortes, von der Kultur des Landes, vom Klima und von der städtebaulichen Umgebung.“

Anhand zahlreicher Bauten machte Sobejano deutlich, wie seine Architektur das in der Praxis umsetzt. Während beispielsweise beim Museum Madinat al-Zahra in Cordoba nur wenig Fassade und kleine Fenster zum Einsatz kamen, um die Räume vor der spanischen Sonne zu schützen, wurde bei der Ergänzung der Moritzburg in Halle an der Saale darauf geachtet, möglichst viel natürliches Licht in die Räume zu lenken. Die Erweiterung des Museums San Telmo in San Sebastian dagegen schmiegt sich mit einer Lochfassade entlang eines Felsens und wird – bei fortschreitendem Bewuchs der Fassade – künftig mit dem Berg optisch verschmelzen. „Fenster sind für mich ein architektonisches Leitthema. Sie definieren unsere Sicht auf die Welt und oftmals auch zum Himmel“, erläuterte Enrique Sobejano. Besonders plastisch wird diese Haltung bei der Erweiterung des Joanneums in Graz deutlich, wo Nieto Sobejano Arquitectos die unterirdischen Erweiterungsbauten mit Hilfe von Glaskegeln wahrnehmbar machen und zugleich belichten. Ablesbar wird an diesem Beispiel auch das Prinzip der Wiederholung und Variation, dem Enrique Sobejano gerne folgt. „Das wichtigste Bauwerk ist für mich die Mezquita-Catedral in Córdoba. An diesem gigantischen Bauwerk ist über Jahrhunderte immer wieder gearbeitet worden, und dennoch bildet es eine vollkommene Einheit.“ Die heutige katholische Kathedrale hatte ihre erste Blütezeit als Moschee im maurischen Spanien und fasziniert bis heute mit ihren Bogenhallen und ihren Patios. „Wir haben immer viel mit Ruinen oder alten Bestandsgebäuden gearbeitet, das bestimmt unser Denken sehr stark“, so Enrique Sobejano. Deshalb interessiere ihn das Zusammenspiel von Offenheit und Geschlossenheit, von Alt und Neu, von Licht und Schatten.

Was die rund 120 Besucher des Vortrags von Enrique Sobejano besonders begeisterte, fasste AKNW-Vizepräsident Michael Arns so zusammen: „Es ist ungeheuer beeindruckend zu erleben, wie ein Architekt sich in seinem Werk immer wieder auf frühere Erfahrungen bezieht, seien es Lehren aus der Geschichte oder eigenes architektonisches Wissen. In der Arbeit von Nieto Sobejano Arquitectos steht immer das Werk, der Geist des Ortes und die spätere Nutzung im Vordergrund – nie der Effekt.“

Aus diesem Grund, so fasste auch Dr. Klaus Englert das Werk des Spaniers zusammen, würden Nieto Sobejano Arquitectos auch stets Unikate bauen, die einander kaum glichen. „Enrique Sobejano ist zweifellos einer der wichtigsten spanischen Architekten der ‚Zwischengeneration‘, die gegenwärtig der Krise noch trotzen können.“ - Der Vortrag war ein Höhepunkt der Ausstellung „Neue Museen in Spanien“, die der Fachautor und Journalist Dr. Klaus Englert für die Architektenkammer NRW kuratiert hat. Die Ausstellung endet am 7. März 2014.

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Bericht über die Vernissage zur Ausstellung "Neue Museen in Spanien"

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