Zum Erbe von Fritz Schaller (1904–2002)

Fritz Schaller (1904-2002): Rückkehr und Neubeginn

Ende Mai öffnete in Köln die Kirche St. Urban nach einer Restaurierung wieder ihre Türen. Jung und unverbraucht steht dieses Bauensemble von 1965 heute noch und wieder da. Die Eröffnung konnte der Baumeister Fritz Schaller allerdings nicht mehr erleben. Sein Sohn Christian Schaller betreute die Arbeiten und diskutierte viele Details mit dem Vater, der im Frühjahr 2002 verstarb. – Ein weiterer Teil unserer Retrospektive „Architekten in NRW“.

01. Juli 2002von Gudrun Escher

Der 1904 in Berlin geborene Fritz Schaller studierte in Danzig und Karlsruhe, wo ihn besonders die unkonventionellen Auffassungen von Hermann Billing beeindruckten. Nach ersten Berufsjahren in Berlin kam er 1947 nach Köln, um in der Wiederaufbaugesellschaft unter Rudolf Schwarz mitzuwirken. Bauen in der Nachkriegszeit bedeutete Lücken schließen, sich einfügen, neu ordnen mit Optionen für eine Zukunft. Das Werk Fritz Schallers steht in diesem Kontext für eine besondere Prägung moderner Architektur der Nachkriegszeit.

Die Kirchenentwürfe Schallers folgen gemeinsamen Grundgedanken der Raumdisposition und Lichtregie, aber keinem Schema, jede erhielt ihre eigene Gestalt. St. Urban im rechtsrheinischen Köln-Mülheim verdankt ihre Verlegung und den Neubau der Auffahrt zur Zoobrücke, der die alte, gerade wiederaufgebaute Kirche im Wege stand. In der damals neuen Stegerwald-Siedlung entwarf Fritz Schaller gemäß der eigenen Maxime, für die Menschen zu bauen, einen vielteiligen Komplex, bestehend aus den hohen Bauten von Kirche und Turm sowie eingeschossig versetzten Kuben für Gemeindezentrum und Bücherei, der einen Platz einrahmt und zugleich kurze Fußwege durch die Siedlung öffnet.

Die Außenansicht der Kirche prägen Mauern in Handstrichziegeln und ein hohes Schieferdach zwischen flachen Abseiten. Der schlanke Turm steht seitlich dicht herangerückt und birgt, unter einem niedrigen Traufgesims, die Pforten zur Kirche. Seitlich in den Innenraum tretend, bietet sich dem Besucher ein in mildes Licht getauchter Raum, der sich stufenweise öffnet. Die Durchdringung von Längs- und Zentralraum, von kompakter und diaphaner Architektur ist auf eine einfache und zugleich subtile Weise gelöst: Um das hohe Mittelschiff gruppieren sich niedrige, verschattete Umgangsräume, im Norden ein Seitenschiff unter getreppter Betondecke, im Südosten die mit einer neuen Glaswand abgeteilte Werktagskirche. Vier v-förmige, asymmetrische Betonstützen definieren die Neigung der abgeschrägten Hochwände, in die Fächerfenster eingefügt sind. Das flache Satteldach aus einem Netz von Betonbindern bildet mit den Stützen ein Zelt, unter dem die Gemeinde, die sich um das Altargeviert versammelt, geborgen ist.

Von 1956 bis 1971 widmete sich Fritz Schaller dem bedeutendsten städtebaulichen Thema in Köln, dem Umfeld des Domes im Kontext zwischen Bahnhof, Altstadt und Museen. Die "Domplatte", deren Betonsegmente ein dem Domgrundriss innewohnendes Sechseck spiegeln, hob das Fußgängerniveau auf die Höhe der Domportale an und ließ die Verkehrsströme darunter verschwinden. Nach zwanzig Jahren An- und Umbauten erfordert der nordöstliche Bereich zwischen Museum Ludwig und Bahnhofsvorplatz eine Erneuerung. Die geteilten Treppen zum Bahnhof hinunter sollen zu einer breiten Treppenfront zusammengefasst werden, angelehnt an einen gemeinsamen Änderungsentwurf von Fritz und Christian Schaller. Schwieriger ist die Situation hinter dem Ostchor mit dem Dyonysoshof, der Dombauhütte und den angrenzenden Museen. Ein zweistufiger eingeladener Workshop erbrachte Anfang Mai die Entscheidung für den Entwurf von Allmann/Sattler/Wappner (München), der den teilweisen Rückbau der Platte vorsieht, um den Domhügel wiederherzustellen und den Domhof als Verbindung zwischen nördlicher und südlicher Altstadt aufzuwerten. Fritz Schaller hat Veränderungen grundsätzlich zugestimmt, sofern eine gut durchdachte Lösung einvernehmlich gefunden wird.  

Info zum Werk: Fritz-Schaller-Retrospektive, hg. vom Architekturbüro Schaller/Theodor. Ausst.-Kat. Köln 1996. Gebauer, Emanuel: Fritz Schaller. Der Kölner Beitrag zum Sakralbau im 20. Jh. (= Stadtspuren, Bd. 28), Köln 2000

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