Kommentar: Handeln für den Wandel

Es muss mehr getan werden, um die vielfältigen gesellschaftlichen Folgen des demografischen Wandels aufzufangen. Ein Kommentar von AKNW-Präsident Ernst Uhing.

11. April 2014

Liebe Kollegin,
lieber Kollege!

„Wer weiß, wie dem demografischen Wandel erfolgreich zu begegnen ist, den beglückwünsche ich.“ Zugegeben, das Zitat von Bundeskanzlerin Angela Merkel datiert vom 20. August 2006, und das Thema ist inzwischen in den Fachdebatten vieler Disziplinen angekommen. In der Architektenschaft war das Thema schon sehr früh virulent. Dennoch stellen wir heute, acht Jahre nach dem etwas ratlosen Auftritt der Kanzlerin vor der Bundespressekonferenz, fest: Es wird weiterhin zu wenig getan, um die vielfältigen gesellschaftlichen Folgen des demografischen Wandels aufzufangen, um unser Land - auch baulich - ganz konkret auf den Wandel vorzubereiten. In diesen Tagen erinnern viele Medien an 1964 – das Jahr, in dem der geburtenstärkste Jahrgang der Nachkriegszeit auf die Welt kam:
1 357 304 Männer und Frauen, die in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag feiern und die ihrerseits nur halb so viele Kinder bekamen. 2012 wurde mit 663 000 Geburten der niedrigste Wert in der Nachkriegszeit verzeichnet.

Wir werden weniger, älter und bunter. Spätestens wenn die ersten der geburtenstarken Jahrgänge in wenigen Jahren ins Seniorenalter kommen, werden wir spürbar mehr barrierefreie Wohnungen brauchen; dazu gehören auch eine entsprechende Gestaltung der Außenräume und eine barrierearme Infrastruktur. Zugleich wird uns die Frage beschäftigen, wie die Integration der Zuwanderer aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen gelingen und städtebaulich unterstützt werden kann. Es ist zu diskutieren, wie die Wohnwünsche junger Familien mit Kindern in den Wachstumsstädten angemessen befriedigt werden können. Und wie wir auf veränderte Arbeitswelten reagieren müssen, um Wohnen und Arbeiten wieder besser miteinander zu verbinden. Wer die zahlreichen Debatten und Analysen zum demografischen Wandel verfolgt, erhält ein ziemlich verlässliches Bild davon, wie unsere Gesellschaft im Jahr 2030 aussehen wird. Unbeantwortet bleibt aber die drängende Frage danach, wie die notwendigen Maßnahmen konkret umgesetzt werden können.

Die Architektenkammer NRW möchte von der Analyse zu lösungsorientierten Handlungsempfehlungen kommen. Wir starten am 7. Mai deshalb die neue Aktionsplattform „NRW lebt.“, auf der wir zu den skizzierten Herausforderungen konkrete Beispiele sammeln und öffentlich diskutieren wollen. Es geht uns darum, Fachleute und Laien, Planer und Nutzer zu den Fragen des demografischen Wandels ins Gespräch zu bringen, für einen Austausch zu sorgen und best-practice-Beispiele zu propagieren. Dass unser Landesbauminister Michael Groschek die Schirmherrschaft für „NRW lebt.“ übernommen hat, ist ein gutes Signal! „NRW lebt.“ versteht sich als Aktionsplattform, die über drei Jahre laufen wird und an der sich viele Partner und Interessierte beteiligen sollen. Nehmen Sie an unseren Veranstaltungen teil, die wir quer durch NRW wandern lassen werden. Beteiligen Sie sich an den Diskussionen im Internet oder auf Facebook, laden Sie Ihre guten Objektbeispiele auf www.nrw-lebt.de hoch und treiben Sie die Debatte voran!

Ich bin sicher, dass wir Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner eine zentrale Rolle für die Gestaltung des demografischen Wandels spielen müssen und werden. Auch wir wissen nicht abschließend, wie dem demografischen Wandel zu begegnen ist. Aber wir kennen im Bereich des Planens und Bauens viele Wege, die heute beschritten werden müssen, um morgen vorbereitet zu sein.

„NRW lebt.“ wird dazu beitragen, das gesellschaftliche Bewusstsein für die Herausforderungen des demografischen Wandels zu schärfen, weitere Lösungsansätze zu entwickeln und im politischen Raum auf eine angemessene Umsetzung zu dringen. Seien Sie dabei! Dazu lädt Sie herzlich ein Ihr

Ernst Uhing

Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
uhing@aknw.de

 


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