Kommentar: Marke „Architekt“
Der Begriff "Architekt" hat in den vergangenen Jahren eine umfassende Bedeutungserweiterung erfahren. Längst umfasst der Terminus nicht mehr nur die Gruppe der planenden und entwerfenden Berufe. Er repräsentiert auch Personen, die komplexe Aufgabenstellungen durch eine systematisierte Kreativität lösen – sei des der "Netzwerkarchitekt" oder der "Architekt der Deutschen Einheit". So erfreulich dieser übertragende Gebrauch unseres Titels ist – der Zusammenhang solcher Anleihen ist stets positiv -, so umsichtig müssen wir sein, damit unsere Berufsbezeichnung nicht an Bedeutung verliert. - Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Reiner Fuest.
Liebe Kollegin,
lieber Kollege,
was verbindet den Begriff "Architekt" mit Worten wie "Tempo" oder "Pritt"? Zumindest eine Gemeinsamkeit lässt sich ausmachen: Die genannten Worte werden synonym für eine ganze "Produktgruppe" verwendet und verstanden. So wie das "Tempo" stellvertretend für die gesamte Gruppe der Papiertaschentücher steht und man mit "Pritt" alle Klebestifte summarisch benennt, so hat auch der Begriff "Architekt" in den vergangenen Jahren eine umfassende Bedeutungserweiterung erfahren. Anders als die genannten Produktbezeichnungen umfasst der Terminus "Architekt" nicht nur die Gruppe der planenden und entwerfenden Berufe, sondern repräsentiert auch Personen, die komplexe Aufgabenstellungen durch eine systematisierte Kreativität lösen – sei des der "Netzwerkarchitekt", der "Architekt der Deutschen Einheit" oder der verantwortliche Kopf einer sonstigen politischen Konstellation.
So erfreulich dieser übertragende Gebrauch unseres Titels auf andere Berufsfelder zweifellos ist – denn der Zusammenhang solcher Anleihen ist stets positiv -, so umsichtig müssen wir selbst auch darauf achten, dass der eigentliche Kern unserer Berufsbezeichnung nicht durch ständige Ausweitung zu einer Aufweichung der Bedeutung und damit langfristig zu einem Bedeutungsverlust führt.
Wir genießen mit dem gesetzlich verankerten Schutz unserer Berufsbezeichnung "Architekt/in" bzw. "Innenarchitekt/in", "Landschaftsarchitekt/in" und "Stadtplaner/in" ein besonderes Privileg. Der Gesetzgeber hat den Titelschutz eingeführt, um Bauherren und Investoren vor unqualifizierten Marktteilnehmern zu schützen. Diesem Anspruch gilt es jederzeit und umfassend gerecht zu werden. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen achtet darauf, dass nur Mitglieder einer deutschen Architektenkammer mit dem Titel "Architekt" auf dem Markt auftreten. Wir führen derzeit eine intensive Informationsarbeit an den Hochschulen in unserem Land durch, um die Studierenden frühzeitig über die Eintragungsvoraussetzungen in die Architektenliste zu informieren – u. a. mit Hilfe unserer Broschüre "13 FAQs – Kammerstart" sowie Info-Buttons auf der beliebten Internetcommunity "Studi-VZ". In Zeiten, in denen sich die Rahmenbedingungen für unsere Berufsausübung kontinuierlich verschlechtern, ist es unverzichtbar, den Begriff "Architekt" als Marke, als Gütesiegel und Qualitätsgaranten für kompetentes Planen und Bauen zu positionieren.
Wie Sie sicherlich verfolgen, gibt es gegenwärtig nicht unerhebliche Irritationen über die Reform unserer Studiengänge im Rahmen des Bologna-Prozesses. Der international hoch angesehene deutsche Diplom-Ingenieur wird zu einem Bachelor/Master; in Abhängigkeit von der Studiendauer gibt es in NRW nun Bachelor, die "kammerfähig" sind (Mindeststudiendauer acht Semester) und solche, die nicht in die Architektenliste aufgenommen werden können. Und als würde dieser Umbruchprozess in der akademischen Ausbildung nicht schon ausreichend Verwirrung stiften, versucht das Handwerk, mit dem Titel eines "Bachelor-Professional" auf den Markt zu dringen.
Die AKNW wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass nur gut ausgebildete, qualifizierte Personen den Titel "Architekt" führen dürfen. Ich meine, wir alle sollten uns ganz darauf konzentrieren, "Architekt" bzw. "Architektin" als Marke zu stärken. Dazu können wir durch einen bewussten und pfleglichen Umgang mit unserem Titel beitragen. Und damit unseren Titel auch künftig mit Stolz tragen.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Reiner Fuest
Vize-Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
fuest@aknw.de
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