Kommentar: Stabil durch ein kritisches Jahr

"Aufgabe der Architektinnen und Architekten, der Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner ist es, unsere bauliche Zukunft zu gestalten. Damit sind wir quasi zu einer optimistischen Grundhaltung verpflichtet". Ein Kommentar von Dr. Christian Schramm.

10. November 2020
Dr.-Ing. Christian Schramm, Vizepräsident der AKNW
Dr.-Ing. Architekt und Stadtplaner VFA Christian Schramm (Vizepräsident) - Foto: privat

2020 – Was für ein Jahr! Während ich diese Zeilen schreibe, befindet sich unser Land in einem erneuten „Teil-Lockdown“, und weiterhin ist nicht abzusehen, wie lange dieser Zustand der Ungewissheit für uns alle anhalten wird.
Die deutschen Architekturbüros und auch bei uns in Nordrhein-Westfalen haben das „Corona-Jahr“ überwiegend stabil überstanden. Die gute Auftragslage vor Ausbruch der Pandemie dürfte der Hauptgrund sein dafür, dass die Umfragen der Bundesarchitektenkammer zur wirtschaftliche Lage der Büros ergeben haben, dass zwar der überwiegende Teil unserer Mitglieder mit Sorge auf die nächsten Monate schaut, gegenwärtig aber noch keine dramatischen Einschnitte verspürt. Wenngleich Einzelne auch extrem betroffen waren und sind.
In unserer berufspolitischen Arbeit haben wir das ganze Jahr hindurch dafür geworben, dass erhebliche Teile der Konjunkturstützungsmittel in die (ohnehin überfällige) Modernisierung unserer Infrastruktur und die Weiterentwicklung unseres Gebäudebestandes investiert werden müssen. Denn das sind Investitionen in die Zukunft, das sind Schulden, die den nächsten Generationen aufgebürdet werden – von denen diese aber auch ganz konkret etwas haben. Da unsere Branche diese Infrastrukturmaßnahmen plant und realisiert, würden auch die Architekturbüros in NRW und Deutschland davon profitieren.
Berufspolitische Arbeit ist und bleibt das Bohren dicker Bretter. Wir werden deshalb auch zum Jahreswechsel und sicherlich in den Statements zum Jahresbeginn 2021 fordern, dass unsere Städte und Gemeinden im Bereich des Infrastrukturausbaus finanziell durch Landes- und Bundesmittel gestützt werden müssen. Der Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen darf keinesfalls dazu führen, dass wir einen kommunalen Investitionsstillstand erleben – mit weiteren Substanzverlusten in Schulen und Bildungsbauten, an öffentlichen Gebäuden, Straßen und Freiräumen. Gerade die Corona-Pandemie hat uns deutlich vor Augen geführt, wie wichtig dieses öffentliche Gut für das Funktionieren unserer Gesellschaft und für unser aller tägliches Leben ist.
Entsprechende Stellungnahmen hat auch unsere Vertreterversammlung beschlossen, die am 31. Oktober in Münster tagen konnte – natürlich unter strengen Coronaschutzauflagen. Die Forderung, Corona als Chance für eine Erneuerung unserer Infrastruktur (einschließlich der digitalen Netze) zu sehen, wurde in unserem nordrhein-westfälischen „Architektenparlament“ ergänzt um den Beschluss, eine vertiefte Diskussion über die „Post-Corona-City“ zu führen. Eine Diskussion, die alle Fachrichtungen einschließt und in Verbindung mit den Bemühungen steht, Bauwerke und Städte künftig möglichst klimaverträglich, nachhaltig und resilient zu planen und zu bauen.
2020 – Wir alle hatten uns vor elf Monaten den Start in die neue Dekade sicherlich anders vorgestellt und gewünscht. Aufgabe der Architektinnen und Architekten, der Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner ist es aber, unsere bauliche Zukunft zu gestalten. Damit sind wir quasi zu einer optimistischen Grundhaltung verpflichtet. Die angesprochenen Diskussionen verfolgen deshalb durchweg den Ansatz, zu fragen, was wir aus der Krise lernen und wie wir die Phase nach Corona gestalten können.
Das verlangt von uns allen Mut und Tatkraft, und die Bereitschaft, sich zu engagieren.

Bis zum 9. Dezember läuft die „Kammerwahl 2020“, mit der die Mitglieder der AKNW ihr Architektenparlament für die kommenden fünf Jahre wählen. Bitte nutzen Sie Ihr Wahlrecht! Unsere Arbeit, die Tätigkeit der Architektinnen und Architekten, der Planerinnen und Planer sowie Ihrer Kammer sind in der Corona-Krise als „systemrelevant“ erkannt und eingestuft worden. Machen wir mit einer hohen Wahlbeteiligung deutlich, dass die mehr als 31 500 Mitglieder der AKNW als starke Gemeinschaft auftreten und sich dieser Verantwortung bewusst sind!


Für den Jahreswechsel wünsche ich Ihnen alles Gute, besinnliche Tage und berufliche Stabilität. Bitte bleiben Sie gesund!


Es grüßt Sie herzlich
Ihr

Christian Schramm

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