Christoph Kronhagel - Mediengestalter für Architekturen

Mediengestalter für Architekturen: Christoph Kronhagel

Architektur wird trotz zunehmender visueller Transparenz und Leichtigkeit immer komplexer und vielschichtiger. Mediatektur beginnt, wo „reguläre“ Architektur endet. Medialisierte Fassaden gewinnen im urbanen Kontext zunehmend an Bedeutung. Beispielsweise entsteht im Medienhafen Düsseldorf derzeit ein Hochhaus von Helmut Jahn mit einer transparenten Medienfassade von Christoph Kronhagel. Ein Beitrag in der Serie "Architekten in ungewöhnlichen Berufsfeldern".

15. Mai 2004von Till Wöhler

Herr Kronhagel, Sie haben Architektur studiert. War Ihnen Architektur zu statisch, zu unbelebt, oder wie sind Sie zum "Mediengestalter" von Architekturen geworden?

In Ihrer Frage ist schon der richtige Ansatz enthalten, aber korrekterweise bin ich kein Mediengestalter; ich medialisiere Architektur. Tatsächlich fehlt mir in der zeitgenössischen Architektur etwas. Die heutige Architektur ist oft noch geprägt durch die klassische Moderne. Inzwischen löst sich das starre konstruktive Korsett mehr und mehr in eine transparente, dünnhäutige Architektur auf, die Innen und Außen ineinander fließen und die Konstruktion zuweilen unsichtbar werden lässt. Dieser Paradigmenwechsel geht mit dem wirtschaftlichen und politischen Strukturwandel einher und bildet sich daher in der Architektur ab. Hier beginnt meine Aufgabe als, ich möchte einmal sagen, "Mediatekt".

Welche Bedeutung hat Ihre Arbeit für die Architektur, die von Ihren Berufskollegen, den "regulären" Architekten, konzipiert wird?

Claude Monet sagte einmal, dass Kunst zu Ende gedachte Natur sei. Im Vergleich dazu kann die medialisierte Fassade "zu Ende gedachte Architektur" sein. Architekten arbeiten häufig mit den Mitteln Rhythmus, fließende Form oder Transformation. Die Überlegungen dazu müssen sie aber spätestens bis zum Baubeginn abschließen und in einer endgültigen Form etablieren. Innerhalb dieser Form können wir die ursprünglichen Gedanken zu Ende führen, indem wir die immateriellen Aspekte der Form durch Animation verschiedener Bauteile mittels elektronischer Medien in die Gesamtwirkung der Architektur integrieren und die notwendigen gestalterischen Details gemeinsam mit dem Architekten entwickeln.

Helfen Ihre Konzepte, Projekte für Investoren attraktiver zu machen?

Das ist ganz eindeutig so. Nicht nur, aber besonders für Projekte im urbanen Kontext werden wir immer öfter von Architekten hinzugezogen. Leider aber oft erst zu spät, wenn der Entwurf bereits fertig ist und wir nur noch etwas ergänzen können, wo es der Entwurf zulässt. Im Optimalfall arbeiten wir von Anfang an mit allen Beteiligten zusammen.

Da spricht jetzt der Architekt Kronhagel.

Gut medialisierte Architektur kann sich nur als Teamwork entwickeln, daher sehen wir uns auf jeden Fall als Partner, manchmal auch als Mediator – also als Vermittler, und nicht nur in Bezug auf Medien. Die Distanz, die Architekten uns gegenüber manchmal zeigen, beruht auf Missverständnissen: Wir nehmen niemandem etwas weg, im Gegenteil. Wir arbeiten zum Beispiel auch für internationale Architekten wie Helmut Jahn. Im internationalen Bauen gibt es für jeden Bereich ein eigenes Berufsfeld, das ist normal. Da glaubt niemand, er könne alles selbst und besser machen als die anderen.

Die Medialisierung von Architektur wie auch die Gestaltung mit künstlichem Licht gewinnen immer mehr an Bedeutung und werden immer aufwändiger inszeniert. Einige große Planungsbüros beschäftigen z. B. schon eigene Lichtplaner. Wie schätzen Sie die gegenwärtige Situation?

Ganze Gebäude werden heute zunehmend elektronisch gesteuert und dabei nicht nur das Licht. Das ist der erkennbare Trend. Was uns aber von anderen unterscheidet, ist, dass wir nicht nur gestalterisch und konzeptionell tätig sind, sondern darüber hinaus auch die Bespielung der notwendigen Software mit anbieten. Als ausgebildeter Architekt, der die raumgreifenden Gewerke der Installationen auch selber baut, kann ich zumindest andere Bezüge bzw. eine engere Beziehung zwischen der geplanten Architektur und der Medialisierung herstellen. Das ist von Vorteil; auch für die Architekten, während wir ein Projekt gemeinsam mit ihnen entwickeln. Leider gibt es aber auch Architekten, die innerhalb der fachlichen Begegnung bezüglich eines Projektes sofort alle Kommunikation abbrechen, nur weil ich vom gleichen Fach bin und sie sich Sorgen um ihre Reputation gegenüber ihrem Auftraggeber machen. Das ist ein Verhalten aus Unsicherheit, dass sich auf Dauer nicht auszahlen wird.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Im Bereich der Medialisierung von Architektur gibt es an deutschen Hochschulen zurzeit eklatante Ausbildungsmängel. Ich wünsche mir, dass eine auf den Architekturfakultäten aufbauende Mediatektur-Ausbildung entsteht, die interdisziplinär ausgerichtet werden muss.

Zur Person

Christoph Kronhagel, Jahrgang 1958, studierte von 1980 bis 1988 Architektur an der RWTH Aachen und der HdK Berlin. Zwischen 1986 und 89 arbeitete er für verschiedene Architekturbüros und fertigte freie künstlerische Arbeiten an. Seine erste Einzelausstellung fand in Köln statt. Ein eigenes gebautes Architekturprojekt (Tor 3 Düsseldorf) folgte 1990. 1991 gründete er die ag4 mediatecture company in Köln, die Projekte im In- und Ausland z. B. für Sony, Hoechst, BMW, adidas etc. bearbeitet.

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