
Mit Mut und einer klaren Strategie
Mut war eines der Worte, das von allen Referentinnen und Referenten des „AKNW-Existenzgründungstags“ am 28. August wiederholt verwendet wurde. Mit der Veranstaltung wollte die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen „Wissen weitergeben, Erfahrung teilen und in den Austausch treten – aus der Praxis, für die Praxis“, erklärte AKNW-Präsident Ernst Uhing in seiner thematischen Einführung in den Tag. Über 100 junge Kammermitglieder, aber auch viele Büroinhabende und erfahrene Mitglieder, die den Austausch suchten, nahmen an der Veranstaltung in der Kammergeschäftsstelle im Düsseldorfer Medienhafen teil.
Der Prozess einer Bürogründung müsse gut durchgeplant und klar strukturiert werden, riet Oliver Rabanus. Der Geschäftsführende Gesellschafter von „Eckhold Consultants“ in Krefeld arbeitet bundesweit als Unternehmensberater und insbesondere an Strategien zu einer gelingenden Unternehmensnachfolg. Seine Devise lautete: „Angst ist kein guter Berater.“
Sinnvoll sei es allerdings, mögliche Eventualitäten zu berücksichtigen und einen Backup-Plan aufzubauen. „Für Auftragsflauten müssen Sie mindestens drei Monate finanziellen Puffer einplanen“, riet Rabanus. Man benötige ein gutes Zeitmanagement, starke Nerven und Durchhaltevermögen: „Eine Existenzgründung ist ein Marathon und kein Sprint.“
Strukturierter Businessplan
Pamela Rodenberg von „B3-Beyrow Business Beratung“ in Gelsenkirchen erläuterte detailliert den Aufbau eines Businessplans. „Ein Businessplan dient dazu, sich selbst Klarheit über alle relevanten Fragen zu verschaffen, und muss bei Förder- oder Kreditanfragen vorgelegt werden“, führte Rodenberg aus. Von der Unternehmensidee bis zum Finanzkonzept – die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Punkten gebe immer auch eine langfristige Perspektive, um betriebswirtschaftliche Aspekte neben der kreativen Arbeit im Blick behalten zu können. Eine Voraussetzung hielt die Gründungsberaterin für unverzichtbar: „Man sollte Spaß haben und für sein Thema brennen“.
Start-up oder Übernahme?
Planen, bauen - und am Ende das fertiggestellte Projekt sehen: „Ich kann mir keinen Beruf vorstellen, der annähernd gleiche Emotionen auslösen kann“, beschrieb Markus Sporer im Rahmen des AKNW-Existenzgründungstags seine persönliche Motivation, als freischaffender Architekt tätig zu sein. Als Gründungsmitglied von „Cross Architecture“ (Aachen/Köln, Amsterdam) realisiert er seit 2016 mit einem internationalen Team große und kleine Projekte im öffentlichen Raum. „Unser Beruf bietet eine enorme Freiheit“, so Sporer weiter. Mit der freischaffenden Tätigkeit gehe das unternehmerische Privileg einher, selber zu bestimmen, welche Projekte bearbeitet und mit welchen Auftraggebern zusammengearbeitet werden solle. „Das löst eine große persönliche Befriedigung aus“, resümierte der Architekt, der prominente Objekte wie den schwarzen Kubus am Bergbaumuseum in Bochum und aktuell das „Haus des Wissens“ in der Bochumer Innenstadt zu seinem Portfolio zählen kann.
Von der Aspirantin zur Gesellschafterin
Wie eine Büronachfolge in der Praxis aussehen kann, dazu berichteten Prof. Martin Klein-Wiele und Elena Janzen von „UKW Innenarchitekten“ in Krefeld. Janzen und eine weitere Kollegin ergänzen seit 2023 die Führungsspitze des Büros, indem sie die Anteile von Gründungsgesellschafter Jochen Usinger übernahmen. Ein langfristig vorbereiteter Übergang für alle Beteiligten, erläuterte Martin Klein-Wiele. „Uns ist wichtig, bei dieser Veranstaltung die menschliche Komponente solcher Change-Prozesse innerhalb eines Büros zu vermitteln“, so Klein-Wiele, der zweite Gründungspartner des Innenarchitekturbüros. Denn: Neben vielen positiven Punkten seien auch Schwierigkeiten bei einer Übernahme zu bestreiten.
Rund sieben Jahre sei die Übernahme bei UKW Innenarchitekten vorbereitet worden, wobei die letzten drei Jahre besonders intensiv gestaltet worden seien. Neben dem Tagesgeschäft galt es, vielfältige Aspekte der Nachfolgeregelung zu klären, von Rechts- über Finanzfragen bis hin zu Übergabeprozessen. So seien zwei „Büronachfolge-Anwärterinnen“ zu Gesellschafterinnen geworden. Martin Klein-Wiele, der Gesellschafter bleibt und auch ordentlicher Professor an der BPSA Düsseldorf ist, empfahl eine frühzeitige Planung, ein gutes Zeitmanagement und schließlich ein „Loslassen“ derjenigen, die aus dem Unternehmen ausscheiden.
Als langjährige Mitarbeiterin von UKW beschrieb Elena Janzen ausschlaggebende Vorteile bei einer Büroübernahme: „Man kennt den Kundenstamm, man kennt das Team, man kennt die Führung und den Stil. Und kann sich daran anpassen - aber auch abgrenzen.“ Neugründung oder Büroübernahme? - Das sei vor allem eine Typfrage, erklärte Janzen – in etwa vergleichbar mit einem Neubau („Nach eigenen Ideen etwas neu schaffen“) und dem Bauen im Bestand („Bestehendes nutzen und formen“).
Netzwerke nutzen!
Die Impuslgeber*innen des Existenzgründungstages waren sich vor allem bei einem Aspekt einig: Netzwerktreffen und die Möglichkeit zum Austausch bieten allen Planer*innen die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen, Fachwissen auszutauschen und von den Erfahrungen und auch von den Fehlern des Anderen zu lernen.
AKNW-Mentoring-Programm
Die Architektenkammer NRW bietet dazu auch über den Existenzgründungstag hinaus ein vielfältiges Programm an: Unter anderem läuft seit 2024 das AKNW-Mentoring-Programm. Hier werden generationsübergreifende Tandems gebildet – junge Nachwuchsplanerinnen und -planer treffen auf erfahrene Kolleg*innen. Begleitet wird das Programm von Business-Coach Dr. Friederike Höher.
In einer Laufzeit von einem Jahr werden Treffen unter den Tandems vereinbart, Erfahrungsberichte ausgetauscht und Einblicke in die Selbstständigkeit gegeben. Noch bis zum Jahresende läuft die erste Mentoring-Programm-Phase der AKNW.
Austausch auf Augenhöhe
Einen Zwischenstand sowie persönliche Erfahrungen zum Programm gaben beim Existenzgründungstag die Programmteilnehmer Lutz Wiese (Mentor) und Philipp Valente (Mentee) im Gespräch mit Dr. Friederike Höher. Er habe von seinem Mentor innerhalb kürzester Zeit sehr viel gelernt, sagte Mentee Philipp Valente. Dennoch erlebe er die Gespräche mit Lutz Wiese als „Austausch auf Augenhöhe“. Inhaltliche Schwerpunkte der Treffen seien betriebswirtschaftliche Erfahrungen und Einblicke in die Führungsarbeit gewesen. Wichtig sei vor allem die Eigeninitiative und das Interesse beider Seiten, erklärte Architekt Lutz Wiese. „Ich habe mehrere Unternehmen gegründet und kann vieles weitergeben. Gleichzeitig ist für mich der Kontakt mit jungen Fachkollegen nicht nur inspirierend, sondern auch wichtig, um am Puls der Zeit zu bleiben“, beschrieb Wiese seine Motivation.
Das Mentoring-Programm der Architektenkammer NRW geht weiter: Sie sind an der Teilnahme als Mentee oder Mentoring am Mentoring-Programm interessiert? Bewerbungen sind ab sofort möglich, Informationen finden sich unter hier.
Ausgewählte Präsentationen der Impulsgeber*innen
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