Qualitätssprung, der (fast) nichts kostet
Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen setzt sich mit großem Engagement für die Einrichtung von Planungs- und Gestaltungsbeiräten ein. - Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsidentin Susanne Crayen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
von vielen unbemerkt, hat sich in den vergangenen Jahren in zahlreichen Kommunen unseres Bundeslandes ein Beratungsverfahren ausgebreitet, das mit geringem Aufwand enorme Wirkungen entfaltet: der „Gestaltungsbeirat“.
Gestaltungsbeiräte (in einigen Städten auch Planungsbeiräte genannt) sind informelle Gremien, die sich aus Architektinnen und Architekten verschiedener Fachrichtungen sowie teilweise weiteren Fachleuten zusammensetzen, um die Politik bzw. kommunale Bauausschüsse sowie die Projektbeteiligten zu beraten. Ziel ist die Förderung der Baukultur, insbesondere die Bewahrung und qualitätvolle Weiterentwicklung des Orts- bzw. Stadtbildes. Dazu begutachten die Gestaltungsbeiräte eingereichte Bauvorhaben, soweit diese Relevanz für die städtebauliche Entwicklung entfalten.
Das Instrument der Gestaltungsbeiräte hat sich bundesweit etabliert. In Nordrhein-Westfalen ist vor wenigen Wochen in Paderborn der 61. Gestaltungsbeirat berufen worden. Eine stolze Zahl, die zeigt, dass kommunale Verantwortungsträger*innen in Politik und Verwaltung die Arbeit dieser Gremien zu schätzen wissen.
Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen setzt sich mit großem Engagement für die Einrichtung von Planungs- und Gestaltungsbeiräten ein; viele meiner Kolleginnen und Kollegen in unserem Kammervorstand sind selbst auch in Gestaltungsbeiräten aktiv. Ein Engagement, das sich für die Baukultur in unserem Lande auszahlt. Das haben die Berichte aus den Kommunen bestätigt, die im jüngsten Erfahrungsaustausch der NRW-Gestaltungsbeiräte zu hören waren. Rund 40 Kolleginnen und Kollegen aus Beiräten kamen am 7. Juli in Bonn zusammen, um über Stärken, aber auch über kritische Punkte in der Arbeit der Gestaltungsbeiräte zu sprechen. Es wurde eine lebendige, inspirierende Debatte, die vor allem eines zeigte: Die Arbeit der Gestaltungsbeiräte, welche die Kommunen (bis auf geringe Sitzungsgelder) fast nicht kostet, ist ein wertvoller Beitrag zum städtebaulichen Diskurs in den Städten und Gemeinden - und für die Baukultur in unserem Land insgesamt. Wir haben aus diesem Grund den „Blickpunkt“ in dieser Ausgabe des DAB NRW den Ergebnissen des „Think-tanks Gestaltungsbeiräte in NRW“ gewidmet.
Die Vorteile der Einrichtung eines Gestaltungsbeirates liegen auf der Hand: Relevante Bauprojekte können durch die Empfehlungen der Fachleute aus den Beiräten optimiert werden; die öffentliche Kommunikation über Bauprojekte wird angeregt und durch (zumeist externe) Expertinnen und Experten versachlicht; und die politische Debatte vor Ort kann durch Sachargumente aus fachlicher Sicht unterstützt werden. Insgesamt steigt die Information der Bürgerinnen und Bürger sowie die Transparenz von Bauvorhaben. Oftmals gelingt insgesamt ein Qualitätssprung – und davon profitieren alle!
Kritisch diskutiert wurde, inwieweit die Sitzungen von Gestaltungsbeiräten öffentlich sein sollten. Die Mehrzahl der Beiräte tagt nichtöffentlich. In vielen Fällen regelt eine von der Gemeinde beschlossene Geschäftsordnung die Arbeit des Gestaltungsbeirates. Gleichwohl bemühen sich viele Beiräte darum, die Bürgerschaft zu bestimmten Anlässen einzuladen oder vor Ort – auch über die Medien - über Projektvorhaben zu informieren.
Man muss es immer wieder betonen: Die Arbeit der Beiräte, die nicht demokratisch gewählt sind, haben lediglich Empfehlungscharakter. Die Wirksamkeit eines Gestaltungsbeirates als Instanz der Qualitätssicherung hängt in erster Linie von seiner Besetzung und seiner Einbeziehung in Planungs-, Genehmigungs- und Beratungsprozesse der Kommune ab.
Damit sind Gestaltungsbeiräte klassische Diskursgremien: Sie analysieren und diskutieren, wägen Argumente ab und suchen Kompromisse. In einer Gesellschaft, in der die Bereitschaft zu demokratischen Auseinandersetzungen und Konsensfindungsprozessen abzunehmen scheint, ist schon diese Arbeitsweise ein hohes Gut.
Es grüßt Sie herzlich
Ihre
Dipl.-Ing.
Susanne Crayen
Vizepräsidentin der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
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