Beschäftigten sich mit Künstlicher Intelligenz und Innenarchitektur (v.l.): Christof Rose, stellv. Geschäftsführer der AKNW und Moderator des Tags, Prof. Dr. Markus Schein, Detmolder Schule für Gestaltung TH OWL, Prof. Carsten Wiewiorra, Präsident BDIA, Lars Ruppel, Slampoet und Kabarettist, Barbara Eitner, stellv. Vorsitzende Ausschuss Innenarchitektur der AKNW, Susanne Crayen, Vizepräsidentin der AKNW, Philipp Eichstädt, Studio Eichstädt Gresser, Prof. Dr. Martin Ludwig Hofmann, Soziologe und Dekan der Detmolder Schule für Gestaltung TH OWL und Christina Gresser, Studio Eichstädt Gresser. - Foto: Nicole Ellerbrake / Architektenkammer NRW

Tag der Innenarchitektur: Mut zur Künstlichen Intelligenz

„Die Zukunft ist kein Ziel, sondern ein Weg, den man gemeinsam beschreitet!“ – Mit diesen Worten schloss der Slam-Poet und Kabarettist Lars Ruppel sein „Poetic Recording“ - seine ganz persönliche Zusammenfassung des Tags der Innenarchitektur, der am 17. Mai unter dem Motto „Wer entwirft die Zukunft?“ in Detmold stattfand. Rund 120 Innenarchitektinnen und Innenarchitekten sowie weitere interessierte AKNW-Mitglieder fanden sich in der Detmolder Schule für Gestaltung ein, die Teil der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe ist, um über die Bedeutung und aktuelle Entwicklungen von Künstlicher Intelligenz in der Innenarchitektur zu diskutieren.

20. Mai 2025von Lea Pawelzik

Parallel zum Tag der Innenarchitektur der Architektenkammer NRW fand an der Hochschule auch der Tag der offenen Tür statt. Bereits vor Veranstaltungsbeginn führten Studierende der TH OWL interessierte Gäste in kleinen Gruppen durch die Werkstätten des Standorts, insgesamt nahmen rund 60 Besucherinnen und Besucher an den Führungen teil.

„Unsere Städte sind bereits gebaut der Fortbau des Bestehenden und die Gestaltung von Räumen, in denen sich die Menschen wohlfühlen, ist daher eine Aufgabe von hoher Bedeutung, besonders für die Innenarchitektinnen und Innenarchitekten in unserem Land“, machte Susanne Crayen, Vizepräsidentin der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, zum Auftakt des Tags der Innenarchitektur deutlich.

Frage der Urheberschaft

Im Talk mit Moderator Christof Rose, stellvertretender Geschäftsführer der Architektenkammer NRW, erläuterte der Dekan der Detmolder Schule für Gestaltung an der TH OWL, Prof. Dr. Martin Hofmann, dass die Künstliche Intelligenz im Alltag der Studierenden vollständig angekommen sei. Eine Herausforderung für die Lehre sei es nun, in Prüfungssituationen nachzuvollziehen, wie genau und mit welchen Hilfsmitteln die Leistung erbracht worden sei. Das kollaborative Arbeiten der Studierenden mit KI werfe die nicht immer leicht zu beantwortende Frage nach der Urheberschaft auf.

KI in der Lehre

Für Prof. Carsten Wiewiorra, Dozent an der Detmolder Schule für Gestaltung und Präsident des BDIA, muss KI genauso in die Lehre integriert werden wie etwa das Zeichnen mit der Hand – das aber weiterhin im Studium bestehen bleibe. Schließlich sei die Arbeit von Innenarchitekt*innen immer noch physisch, denn am Ende des Planungsprozesses stehe ein reales Projekt. „Das Bedürfnis nach dem Haptischen sowie nach Innenräumen, die das Wohlbefinden fördern, ist in dieser Welt da. – Wir als Innenarchitekt*innen haben diese Aspekte ganz besonders im Blick“, so Prof. Wiewiorra.

Die Wirkung von Räumen auf Menschen thematisierte auch der Berliner Slam-Poet Lars Ruppel in seinem vielbeachteten „Lied der Räume“.

Im Dialog mit den Studierenden

Wie KI bei der Gestaltung konkret helfen kann, diskutierten Prof. Dr. Markus Schein, Prof. Nicolas Rauch und Prof. Ulrike Kerber mit den Studierenden Johannes Homann, Kea Stockbrügger und Tetje-Maria Jungmann. Prof. Schein warb für Offenheit gegenüber der Künstlichen Intelligenz – schließlich habe sich durch das Fortschreiten der Technik die Produktivität pro Arbeitsstunde zwischen 1992 und 2024 um 46 Prozent gesteigert. Anstatt Probleme selbst zu lösen, würden Planer*innen in Zukunft mehr nach Problemen suchen und sozusagen zum „Dirigenten“ der Technik werden, prognostizierte Prof. Nicolas Rauch. Die Studierenden berichteten aus eigenen Projekten und ihrer Arbeitspraxis, in der KI beispielsweise bei der wissenschaftlichen Recherche eine große Hilfestellung leiste.

KI-Werkzeugkasten

Welche Instrumente können das konkret sein? Antworten auf diese Frage gaben Christina Gresser und Philipp Eichstädt (Studio Eichstädt Gresser). Das Berliner Architekturbüro hat sich intensiv mit KI-Tools quer durch alle Leistungsphasen auseinandergesetzt und stellt seine Recherche auf einer eigenen Website (www.se-g.com/digital) zur Verfügung. „Was wir vor allem brauchen, sind Mitarbeitende, die gute Workflows mit KI-Tools herstellen und die verstehen, wie man verschiede Werkzeuge in Reihe schaltet, um ein überzeugendes Ergebnis zu erschaffen“, erläuterte Philipp Eichstädt eine zentrale Erkenntnis seiner Untersuchungen. Als Einstieg in die Nutzung von KI empfahlen Gresser und Eichstädt u.a. ChatGPT und Midjourney.

Christina Gresser demonstrierte eindrucksvoll die Möglichkeiten einer Text-zu-Bild-Generierung von Inhalten: In ihrem Beispiel wurde ein Raum voller Möbel von der KI für die Arbeit im Bestand freigeräumt und anschließend nach exakten Prompt-Vorgaben neu gestaltet. Sie zeigte auch an Bildfolgen, wie auf einfache Art und Weise „Moods“ erprobt werden können. Klar wurde aber auch hier: Die KI ist nur Assistent und nicht der „Driver“.

Fantasie und Kreativität mit KI

Fabian Freytag entführte das Publikum im Anschluss in fantasievolle Bildwelten, die er mit der KI „Midjourney“ erstellt hatte – vom Schinken-Wohnzimmer über Räume aus Eiscreme bis hin zu überwältigenden Villen am Meer. Im Dialog mit der Künstlichen Intelligenz lerne man eine komplett neue Sprache, beschrieb Freytag. Zudem könne er die Kritik, künstliche Intelligenz stehle sich Ideen nur zusammen, nicht nachvollziehen. „Haben wir jemals etwas aus dem leeren Raum erschaffen“, fragte Freytag das Publikum. Architektur arbeite immer mit Bezug auf Vorangegangenes. Es gehe in der Arbeit mit der KI um das Interpretieren und Weiterentwickeln der Ergebnisse – denn die Analyse der erzeugten Daten bleibe immer bei den Planerinnen und Planern. „Ich liebe die regelbefreite Arbeit mit KI und kann meiner Kreativität damit freien Lauf lassen“, schloss Freytag seinen Vortrag.

Einen motivierenden Beitrag zur Veranstaltung leistete Henriette Frädrich (Medienwirtin, Unternehmerin und Autorin). Mit anschaulichen Beispielen zeigte sie dem Publikum auf, wie man Routinen durchbricht und wie wichtig lebenslanges Lernen ist. „Wir brauchen nicht die perfekte KI, sondern Menschen, die bereit für etwas Neues sind“, appellierte Motivationstrainerin Frädrich.

Wiege der Innenarchitektur

Der „Tag der Innenarchitektur“ der AKNW fand an einem besonders passenden Ort statt: Das „Casino“ der Detmolder Schule für Gestaltung war in den 1990er Jahren als Emilien-Kaserne vom Land NRW erworben und anschließend für die Hochschul-Nutzung umgebaut und saniert worden. „Wir befinden uns hier in der Wiege der Innenarchitektur in Deutschland“, erklärte Prof. Dr. Martin Ludwig Hofmann, der Dekan der Detmolder Schule für Gestaltung TH OWL. Seit 1893 wird in Detmold Innenarchitektur gelehrt; 1922 wurde hier die erste Innenarchitekturprüfung Deutschlands abgelegt. Auch der Bund Deutscher Innenarchitektinnen und Innenarchitekten (BDIA) wurde 1952 in Detmold ins Leben gerufen.

Eine Besonderheit der Detmolder Schule für Gestaltung: Hier werden bald alle vier Architektur-Fachrichtungen unter einem Dach gelehrt. Zu den bisherigen drei Studienrichtungen Innenarchitektur, Architektur und Stadtplanung soll ab 2026 auch noch die Landschaftsarchitektur hinzukommen.

Empfehlung: Ergänzende Hochschulprüfung

Der „Tag der Innenarchitektur“ war vom Ausschuss „Innenarchitektur“ der Architektenkammer NRW vorbereitet worden. Die stellvertretende Ausschussvorsitzende, Barbara Eitner, warb für die „Ergänzende Hochschulprüfung“, über welche Innenarchitekt*innen eine uneingeschränkte Bauvorlageberechtigung erlangen können. „Das ist angesichts der zunehmenden Arbeit im Gebäudebestand eine wichtige Qualifikation“, unterstrich Eitner. Die Prüfung für das Hochschulzertifikat zur uneingeschränkten Bauvorlageberechtigung kann in NRW an der Detmolder Schule für Gestaltung (TH OWL) sowie an der Düsseldorfer Peter Behrens School of Arts abgelegt werden. (Weitere Informationen auch im Praxishinweis der AKNW).

Innenarchitekt*innen im Wettbewerb

Auch das Thema der Integration von Innenarchitekturbüros in Wettbewerbsverfahren griff Barbara Eitner auf. „Wenn Innenarchitektinnen und Innenarchitekten zu spät im Planungsprozess in ein Projekt miteinbezogen werden, dann ist ein Neubau für uns de facto ein Bauen im Bestand“, kritisierte Eitner unter dem zustimmenden Applaus des Publikums. Erfreulich sei, dass wieder mehr Wettbewerbsverfahren die Innenarchitektur ausdrücklich einbezögen. „Das Bewusstsein für diese Problematik wächst bei den Auslobern, auch dank unserer Wettbewerbsberater*innen der AKNW“, so Eitner.

Der Tag der Innenarchitektur endete mit einer auf den Punkt getroffenen und humorvollen Zusammenfassung des Tags durch Lars Ruppel unter tosendem Applaus des Publikums. Die Leitfrage des Tages „Wer entwirft die Zukunft“ beantwortete Barbara Eitner zum Schluss: „Wir alle entwerfen sie – unter Zuhilfenahme von KI und in Zusammenarbeit mit allen Fachrichtungen. Gemeinsam können wir die Städte der Zukunft schaffen!“

Am Tag der Innenarchitektur wurde auch die neue AKNW-Broschüre „Intus – Innenarchitektur in NRW“ vorgestellt. Das Magazin kann über info@aknw.de als Print-Version bestellt werden und steht zum Download unter www.aknw.de/intus bereit.

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