Auftrag: entgeltliche Mängelbeseitigung

Architektin A wendet sich an die Architektenkammer NRW mit der folgenden Frage: „Bei einem von mir betreuten Projekt ist ein Wasserschaden aufgetreten, dessen Ursache laut einem Privatsachverständigengutachten in den Verantwortungsbereichen zweier Handwerksunternehmen liegt. Da die Unternehmen ihre Verantwortlichkeit bestreiten und ein weiteres Zuwarten mit der Mängelbeseitigung den weiteren zeitnahen Fortgang des Projekts gefährdet hätte, hat mein Bauherr eines der Unternehmen mit der entgeltlichen Mangelbeseitigung beauftragt. Das beauftragte Handwerksunternehmen hat inzwischen Rechnung gelegt und meinen Bauherrn zur Zahlung aufgefordert. Mein Bauherr verweigert die Zahlung unter Hinweis auf die Mangelhaftigkeit des Ausgangsgewerks. Das Handwerksunternehmen ist der Auffassung, dass mein Bauherr mit der entgeltlichen Beauftragung auf etwaige Mängelansprüche verzichtet habe. Trifft diese Auffassung zu?“

16. April 2020von Dr. Volker Steves

Die Antwort lautet: Nein, sofern es sich um einen privaten Bauherrn handelt und die Konstellation keine Umstände aufweist, die auf den Abschluss eines Erlassvertrages hindeuten (vgl. OLG München, Beschluss vom 13.06.2017 – 28 U 4666/16; Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 18.09.2019 – VII ZR 143/17 – zurückgewiesen; abgedr. in IBRRS 2019, 3731).

Zwar kann nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23.04.1981, Az. VII ZR 196/80 sowie den Urteilen des OLG Düsseldorf vom 20.07.1994, AZ. 22U 249/93 und vom 19.03.1999, Az. 22 U 198/98 in der Erteilung eines entgeltlichen Auftrags zur Mängelbeseitigung ein Verzicht auf Gewährleistungsansprüche gesehen werden, jedoch hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob ein solcher Verzicht tatsächlich angenommen werden kann. Um das Vorliegen eines Verzichts bejahen zu können, muss das Verhalten der Beteiligten auf den Willen zum Abschluss eines Erlassvertrages gem. § 397 BGB verstanden werden können. Ein solcher Erlassvertrag kann formlos und konkludent geschlossen werden. Die Annahme eines Erlassvertrages setzt den unmissverständlichen Willen des Anspruchsberechtigten voraus, auf seine Forderung zu verzichten. An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen. Es gilt der Erfahrungssatz, dass ein Erlass nicht zu vermuten ist und im Zweifel eng auszulegen ist (vgl. OLG München, Beschluss vom 09.05.2017 – 28 U 4666/16 Bau, abgedr. in IBRRS 2019, 3733).

Das OLG München hatte in seinem Beschluss vom 13.06.2017 über einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem der Bauherr das Handwerksunternehmen zuvor durch einen Rechtsanwalt zur Mangelbeseitigung aufgefordert und auf ein Privatgutachten verwiesen hatte, welches die Ursache des Mangels auch bei dem beauftragten Handwerksunternehmen sah. Um den Baufortschritt voranzutreiben, hatte der Bauherr, eine Privatperson, das Handwerksunternehmen mit der Mangelbeseitigung beauftragt, ohne jedoch in irgendeiner Form signalisiert zu haben, dass er auf seine Mängelrechte verzichten wolle. Das OLG betonte, dass die Anforderungen an die Annahme eines Verzichtswillens bei einer Privatperson höher anzusiedeln seien als bei einem Gewerbetreibenden und dass dem Sachverhalt keine Umstände zu entnehmen seien, die geeignet seien, einen entsprechenden Erlasswillen beim Bauherrn annehmen zu können.

Praxistipp

Der Beschluss des OLG München sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es stets sehr riskant ist, den Handwerker, dem man eine mangelhafte Leistung vorwirft, mit der entgeltlichen Mangelbeseitigung zu beauftragen. Ob in der entgeltlichen Beauftragung ein Verzicht auf Gewährleistungsrechte gesehen werden kann, muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Handelt es sich beim Bauherrn um eine Privatperson, und beschränkt sich der Auftrag auf die bloße Beseitigung der Mängel, dann ist vorbehaltlich besonderer Umstände das Vorliegen eines Erlassvertrages eher zu verneinen als in einer Konstellation, bei der der Bauherr ein Gewerbe betreibt und dem Handwerksunternehmen einen über die Mängelbeseitigung hinausgehenden Auftrag erteilt hat (letztere Konstellation lag den zuvor zitierten Entscheidungen des BGH vom 23.04.1981 und des OLG Düsseldorf vom 19.03.1999 zugrunde).

Es ist dem Bauherrn zu raten, zeitgleich mit der entgeltlichen Beauftragung dem Handwerksunternehmen nachweislich zu verdeutlichen, dass mit der Beauftragung kein Verzicht auf die Gewährleistungsansprüche einhergeht.

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