Detailtiefe der Ausführungsplanung

Architektin A wendet sich mit folgender Frage an die Kammer: „Bei einem Bauträgerprojekt war ich nur bis zur Leistungsphase (LPH) 5 beauftragt. Das Objekt sollte mit einer Stehfalzfassade versehen werden. Nach Fertigstellung ist zutage getreten, dass das bauausführende Unternehmen offenbar versäumt hat, diese Fassade mit Be- und Entlüftungsöffnungen zu versehen. Der Bauträger macht deshalb Schadensersatzansprüche gegen mich geltend und behauptet, es liege mindestens auch ein Planungsfehler auf meiner Seite vor, da meine Ausführungsplanung keine entsprechenden Öffnungen vorgegeben habe. Das trifft zu. Ich bin aber natürlich davon ausgegangen, dass das Unternehmen diese Öffnungen vor Ort sicherstellen wird, denn dass eine solche Fassade eine Hinterlüftung benötigt, versteht sich doch wohl von selbst. Ich muss bei der Ausführungsplanung ja schließlich nicht jedes noch so kleine Detail vorgeben. Oder etwa doch?“

13. Oktober 2021von Dr. Sven Kerkhoff

Hier womöglich doch. In der LPH 5 sind regelmäßig für sämtliche Gewerke Ausführungspläne zu erstellen. Wie detailliert diese jeweils sein müssen, lässt sich nicht allgemein sagen. Sie müssen alle für die Ausführung notwendigen Einzelangaben enthalten, mithin im konkreten Fall geeignet sein, die korrekte Ausschreibung und Umsetzung zu ermöglichen. Wichtige Details der Ausführung erfordern eine Planung, die gerade bei den mangelanfälligen Aspekten Feuchtigkeitsisolierung und Wärmedämmung bis ins kleinste Detail, notfalls sogar bis zum Maßstab 1:1, gehen muss. Zudem ist beim Zusammenwirken verschiedener Leistungsbereiche exakt darzustellen, wie zum Beispiel Materialübergänge und -anschlüsse zu lösen sind, und in welchen Verantwortungsbereich welcher Detailbereich fällt.

Lediglich für Regeldetails, die zum Grundwissen nach handwerklicher Fachausbildung und damit zu den Selbstverständlichkeiten zählen, braucht keine derart detaillierte Planung erstellt zu werden. Die Abgrenzung hierzu sowie zu den vor Ort im Rahmen der Bauüberwachung zu treffenden Entscheidungen und Anordnungen ist in der Praxis schwierig. Das wirkt sich im Streitfall nicht selten zu Lasten von Planerinnen und Planern aus, denn nach der Rechtsprechung gilt der Grundsatz, dass ein Misslingen der Ausführung bei fehlenden Vorgaben für den betreffenden Bereich darauf schließen lässt, dass eine detailliertere Planung erforderlich gewesen wäre.

Diesen Grundsatz hat jüngst das OLG Hamm (Urteil vom 28.01.2021 – 21 U 68/14) in einem ähnlichen Fall noch einmal bekräftigt. Zwar habe es sich tatsächlich von selbst verstanden, dass die Stehfalzfassade einer Hinterlüftung bedürfe. Damit sei aber, so der Senat auf Basis eines Sachverständigengutachtens, nichts darüber gesagt, wie die Ausführung der Be- und Entlüftung zu erfolgen habe. Im konkreten Fall seien unterschiedliche Arten der Ausführung denkbar gewesen. Dann aber müsse die Planerin den sichersten Weg wählen und die gewünschte Art der Ausführung vorgeben, zumal bei einer bestimmten Variante (Öffnungen am Fußpunkt) auch Abdichtungs- und Anschlussthematiken zu berücksichtigen gewesen wären.

Praxistipp:

Art und Umfang der Ausführungsplanung fallen in die Risikosphäre der Planerin oder des Planers, wie das Gericht betont. Das bedeutet letztlich, dass die Vorgaben allein aus haftungstechnischen Gründen im Zweifel lieber zu detailliert als zu überschlägig gemacht werden sollten. Dies gilt umso mehr dann, wenn Planung und Bauüberwachung nicht in einer Hand liegen.

 

Teilen via