Eingriff in die VOB Teil B durch besondere Vertragsregelungen

01. Juni 2003von pe, Juni 2003

Architekt K. schildert der Rechtsberatung der AKNW folgendes Problem und bittet um Rechtsauskunft:"Mein Bauherr hat mit dem Bauunternehmer V. einen Bauvertrag abgeschlossen. Hierbei handelt es sich um einen Pauschalvertrag. In dem Vertrag heißt es u. a.: 'Wesentliche Bestandteile dieses Vertrags sind die VOB Teil B in der zur Zeit des Vertragsschlusses geltenden Fassung.' In diesem Bauvertrag finden sich darüber hinaus nachstehende Regelungen: Die Kündigung des Bauvertrags ist nur aus wichtigen Gründen möglich. Im Falle der Kündigung sind die ausgeführten Bauleistungen nach Einheitspreisen abzurechnen. Entgegen der Regelung in § 1 Nr. 3 VOB/B steht dem Auftraggeber kein Recht zu, eine Änderung des Bauentwurfs anzuordnen. Der Vertrag sieht weiterhin eine Verjährung von Gewährleistungsansprüchen entsprechend der Regelung in § 13 der alten Fassung der VOB/B von zwei Jahren vor. Der Bau wurde 1999 fertiggestellt und abgenommen. Jetzt, im Jahre 2003, macht mein Bauherr Mängel geltend und verlangt Beseitigung. Der Bauunternehmer beruft sich aber auf Verjährung.Zu Recht?" Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche des Bauherrn beginnt mit der Abnahme des fertiggestellten Bauwerks. Diese erfolgte im Jahre 1999. Nach der damaligen Regelung in § 13 VOB/B beträgt die Verjährungsfrist zwei Jahre. Die VOB wurde auch vertraglich vereinbart. Damit könnte eine Verjährung der Mängelansprüche eingetreten sein. Fraglich ist jedoch, ob die VOB/B als Ganzes überhaupt Vertragsbestandteil wurde. Dies wurde in einem ähnlichen Fall vom Bundesgerichtshof geprüft (Urteil vom 28.11.2002, VII ZR 4/00). Zusätzlich zur VOB/B haben die Vertragspartner weitere, vom Bauunternehmer gestellte Vertragsbedingungen vereinbart. Hierdurch haben sie die entsprechenden Regelungen der VOB/B erheblich abgeändert. Neben dem Ausschluss der Regelung in § 1 Nr. 3 VOB/B wurde das Kündigungsrecht dahingehend geregelt, dass es nur aus wichtigem Grund möglich sei. Diese Regelung verstößt gegen § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B, der das freie Kündigungsrecht des Auftraggebers bestimmt. Auch die Abrechnungsregelung nach Einheitspreisen im Falle der Kündigung eines Pauschalvertrags widerspricht der Regelung der VOB/B. Gemäß VOB ist die Höhe der Teilvergütung nach Kündigung nach dem Verhältnis des Wertes der erbrachten Teilleistungen zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen.Die VOB/B ist insgesamt eine ausgewogene und auf die Besonderheiten des Bauvertrags zugeschnittene Regelung, die mit dem Gesetz im Einklang steht. Das kann sich aber dann ändern, wenn im Vertrag einzelne Regelungen der VOB/B abgeändert werden. Je nach Umfang dieser Änderungen ist die VOB/B dann nicht mehr als Ganzes vereinbart, so dass jede einzelne Regelung der VOB/B anhand der gesetzlichen Bestimmungen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen ist.Durch die vorgenannten Vertragsbestimmungen wird derart stark in den Kernbereich der VOB/B eingegriffen, dass diese nicht mehr "als Ganzes" vereinbart ist. Folge hiervon ist, dass nunmehr jede einzelne Regelung der VOB/B anhand der gesetzlichen Vorschriften zu überprüfen ist. Nach der zitierten Entscheidung des BGH hält die vom Gesetz abweichende, kürzere Gewährleistungsfrist von damals zwei Jahren der isolierten Inhaltskontrolle nicht stand. Dies hat zur Folge, dass die gesetzliche fünfjährige Frist des § 638 BGB in Ihrem Fall Anwendung findet. Die Ansprüche des Bauherrn auf Mängelbeseitigung sind also in diesem Fall noch nicht verjährt.

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