Haftungsreduzierung des bauaufsichtsführenden Architekten

04. März 2009von pe, 04.03.2009

Architekt K. wendet sich mit folgendem Problem an die AKNW: 

„Mein Bauherr hatte ein Planungsunternehmen mit den Leistungsphasen 1 bis 5 gemäß § 15 HOAI beauftragt. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten wurde das Vertragsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst. Ich bin danach mit den Leistungsphasen 6 bis 8 beauftragt worden. Nach Fertigstellung und Abnahme des Objekts zeigen sich erhebliche Mängel an der Glasfassade. Diese beruhen auf fehlerhaften Planungen im Rahmen der Leistungsphasen 1 bis 5. Da das Planungsunternehmen inzwischen insolvent ist, möchte mich der Bauherr zum Schadensersatz in Höhe der vollständigen Mängelbeseitigungskosten heranziehen, da ich nach Auffassung des Bauherrn die Planungsfehler im Rahmen der Bauleitung übersehen habe. Zu Recht?“ 

Nach der bisherigen Rechtsprechung vieler Oberlandesgerichte wären Sie für die entstandenen Schäden verantwortlich gemacht worden. Danach wäre es Aufgabe des Bauleiters gewesen, die vom Dritten erstellten Pläne auf deren Fehlerfreiheit zu prüfen. Weil der planende Architekt nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn gegenüber dem objektüberwachenden Architekt sei, sei ein anzurechnendes Mitverschulden des Bauherrn nicht zu berücksichtigen, und der bauleitende Architekt hafte vollständig.

Diese Auffassung wird nun vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 27.11.2008 (Az. VII ZR 206/06) nicht geteilt: Dem Bauherrn obliegen im Rahmen der Realisierung des Bauwerks zahlreiche Mitwirkungshandlungen; u. a. habe er dem Bauüberwacher einwandfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Sind die Pläne mangelhaft, muss er sich das schuldhafte Verhalten desjenigen, der die Pläne erstellt hat, zurechnen lassen.

Wörtlich heißt es in der Entscheidung: „Der Bauherr hat aber den bauaufsichtsführenden Architekten zur Risikominimierung eingesetzt; er will durch diese zusätzliche Sicherungsmaßnahme gewährleisten, dass das Bauwerk mangelfrei errichtet wird. Der bauaufsichtsführende Architekt kann diese Aufgabe nur auf der Grundlage mangelfreier Pläne sinnvoll wahrnehmen. Solche zu übergeben liegt daher im eigenen Interesse des Bestellers. Daran ändert sich nichts dadurch, dass der bauaufsichtsführende Architekt verpflichtet ist, die ihm überlassenen Pläne auf Fehler und Widersprüche zu überprüfen (…). Das Interesse des Bestellers, durch Übergabe einwandfreier Pläne die Tätigkeit des bauaufsichtsführenden Architekten möglichst zu erleichtern und auch auf diese Weise auf die Errichtung eines mangelfreien Bauwerks hinzuwirken, wird dadurch nicht geringer. Überlässt er dem bauaufsichtsführenden Architekten fehlerhafte Pläne, verletzt er dieses Interesse im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst“ (so BGH a.a.O.).

Gleichwohl ist festzuhalten, dass der bauleitende Architekt in gewissen Grenzen die Aufgabe hat, die ihm vorgelegten Pläne zu prüfen. Eine Verletzung dieser Pflicht führt zum Schadensersatz. Diese Pflicht entbindet den Bauherrn jedoch im Rahmen seiner Mitwirkungshandlung nicht davon, dem Bauleiter ordnungsgemäße Pläne zur Verfügung zu stellen. Unterlässt der Bauherr dies, so ist ihm das im Rahmen eines Mitverschuldens anzulasten.

Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen müsste geprüft werden, ob und in welchem Rahmen nun Ihnen der Vorwurf gemacht werden kann, die überreichten Pläne nicht im erforderlichen Umfang geprüft zu haben. Wenn Sie die Pläne nicht hinlänglich geprüft haben, würden Sie anteilig haften.  

Praxishinweis

Diese Entscheidung bedeutet eine erhebliche Reduzierung des Haftungsrisikos des bauleitenden Architekten. Nunmehr ist es zulässig, dass sich der allein mit der Ausschreibung und Bauüberwachung beauftragte Architekt auf ein mitwirkendes Verschulden des Bauherrn berufen kann und so seinen – gegebenenfalls vorliegenden - Haftungsanteil im Rahmen eines eventuellen Mitverschuldens reduzieren kann.

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