Herausgabe von Planungsunterlagen kann erzwungen werden

01. Dezember 1997von hp, Dezember 1997

Architektin B. aus N. der telefonischen Rechtsberatung folgenden Sachverhalt:

"Der Bauherr eines Mehrfamilienhauses verlangt von mir die sofortige Herausgabe von Planungs- und Bauunterlagen (Mutterpausen), damit die Bauphase begonnen werden kann. Da der Bauherr fällige Abschlagszahlungen nicht vollständig geleistet hat und unser Verhältnis nicht zum Besten steht, habe ich die Herausgabe verweigert.
Daraufhin wurde mir mit der Einschaltung eines Rechtsanwaltes und einer einstweiligen Verfügung gedroht. Hat der Bauherr die Möglichkeit, die Herausgabe der Unterlagen durch eine einstweilige Verfügung gerichtlich zu erzwingen?"


So ärgerlich das für Sie auch sein mag: Ja, der Bauherr kann (vermutlich) die Herausgabe der Unterlagen erzwingen. Die Frage der Herausgabepflicht von Planungs- und Bauunterlagen wurde von den Gerichten in der Vergangenheit verschiedentlich zum Nachteil des Architekten entschieden.
So hat das OLG Hamm noch im letzten Jahr (AZ 25 488/99 v. 20.08.1999) einen Herausgabeanspruch des Bauherrn bejaht.

Ein Anspruch auf Herausgabe der Bauunterlagen ergibt sich aus § 631 BGB. Der planende Architekt ist im Hinblick auf die erstellten Baupläne und sonstigen Unterlagen vorleistungspflichtig, so daß er sich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht oder sonstiges Leistungsverweigerungsrecht wegen noch offenstehender Honorarrechnungen berufen kann. Dies gilt auch bei einem gekündigten Architektenvertrag für die bis zur Kündigung erstellten Planungsleistungen. Auch die Berufung des Planers auf etwaige Urheberrechte kann die Herausgabepflicht nicht beseitigen, da - jedenfalls mit Abschluss eines sämtliche Leistungsphasen nach § 15 HOAI umfassenden Vollarchitektenvertrags - auch ohne eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung die urheberrechtliche Nutzungsbefugnis stillschweigend auf den Bauherrn übertragen wird.

Soweit auf Bauherrenseite die weiteren Voraussetzungen (Dringlichkeit) vorhanden sind, könnte gegen Sie ein Herausgabeanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Wir würden daher zur Herausgabe der Unterlagen raten.

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