In welchen Fällen haftet die Ehefrau des Bauherrn?

01. Mai 2000von be, Mai 2000

Architektin A. fragt bei der Rechtsabteilung der AKNW nach der Rechtslage bei folgendem Problem: "In einem meiner Architektenverträge sind auf Auftraggeberseite sowohl der Ehemann als auch die Ehefrau aufgeführt. Unterzeichnet wurde der schriftliche Vertrag später nur vom Ehemann. Die gesamte Korrespondenz wie auch die Abschlagsrechungen und die Schlussrechnungen waren in der Folgezeit allerdings an beide Eheleute gerichtet. Wer ist mein Vertragspartner? Wen kann und muss ich bei der zu befürchtenden gerichtlichen Auseinandersetzung auf Zahlung in Anspruch nehmen?"Nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht haftet die Ehefrau auch ohne eigenhändige Unterzeichnung des Architektenvertrages. So jedenfalls hat das OLG Dresden die Haftungsfrage für die Ehefrau bei einem Bauvertrag entschieden (vgl. BauR 1999, S. 1057)Die Frage der Haftung nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht ist in jedem Einzellfall zu klären. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn nachfolgende Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss durch ein bestimmtes Verhalten der Rechtsschein einer Bevollmächtigung erzeugt werden. Zweitens muss der Vertretene die Möglichkeit gehabt haben, das vollmachtlose Auftreten zu erkennen und zu verhindern. Drittens muss der Vertragspartner bzw. der Auftragnehmer darauf vertraut haben, der Vertretene dulde und billige das Verhalten des Vertreters. Sofern sämtliche Korrespondenz an beide Eheleute gerichtet war, in Antwortschreiben oder Gesprächen jeweils Ehefrau und Ehemann in Erscheinung getreten sind und zu keinem Zeitpunkt eine Richtigstellung bezüglich des Vertragspartners erfolgte, können Sie die Ehefrau neben dem Ehemann nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht auf Zahlung des Architektenhonorars in Anspruch nehmen. Beklagte in einem gerichtlichen Honorarprozess wären dann beide Eheleute als Gesamtschuldner. Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, sollten Sie zukünftig darauf achten, dass der Architektenvertrag von allen Personen, die Vertragspartner sein sollen, auch tatsächlich unterzeichnet wird.

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