Schwamm drüber?

Architektin A wendet sich mit folgender Frage an die Kammer: „Mir brannte der vertraglich vereinbarte Eröffnungstermin für eine Kindertagesstätte, bei der ich mit der Bauüberwachung und Bauleitung betraut war, unter den Nägeln. Kurz vor dem Termin gab es Probleme mit dem Prüfsachverständigen. Dieser stellte Mängel an der Brandmeldeanlage fest, die noch beseitigt werden mussten. Das habe ich umgehend veranlasst, und tatsächlich haben die betreffenden Firmen sehr rasch gearbeitet. Ich hatte aber Sorge, die notwendige Bestätigung des Prüfsachverständigen nicht mehr rechtzeitig erhalten zu können. Daher habe ich die Beseitigung der Mängel in dessen Bericht einfach selbst eingetragen und den Bericht dann in dieser veränderten Form an die Bauaufsichtsbehörde geschickt. Die hat beim Prüfsachverständigen nachgefragt, ob der Bericht in dieser Form tatsächlich von ihm stamme, was er verneint hat. Nun hat mir die Bauaufsicht deswegen einen Bußgeldbescheid über 3.000 Euro geschickt. - Kann ich sicher sein, dass die Sache ausgestanden ist, wenn ich diese Geldbuße akzeptiere?“

16. Oktober 2023von Dr. Sven Kerkhoff

Nein! Unabhängig davon, ob Sie der Kammer selbst Mitteilung machen, was zu empfehlen ist, wird diese in jedem Fall Kenntnis von der Sache erlangen. Die Bauaufsichtsbehörden sind verpflichtet, die jeweilige Baukammer zu informieren, wenn gegenüber einem Kammermitglied eine Ordnungswidrigkeit geahndet wird (§ 86 Abs. 4 Satz 2 BauO NRW 2018). Eine solche liegt hier vor, weil gegenüber der Bauaufsicht wider besseren Wissens unrichtige Angaben gemacht wurden. Derartige Ordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße bis zu 500 000 EUR geahndet werden.

Erhält die Kammer Kenntnis, so prüft sie, ob zusätzliche Schritte geboten sind. Solche können in der Einleitung einer berufsrechtlichen Untersuchung und Beantragung eines berufsgerichtlichen Verfahrens bestehen, an dessen Ende als Sanktionen ein Verweis, eine weitere Geldbuße oder die Löschung aus der Architektenliste stehen können. Eine solche Löschung kann aber auch im Verwaltungsverfahren durch den Eintragungsausschuss der Kammer erfolgen, wenn das Fehlverhalten darauf schließen lässt, dass die betreffende Person im Hinblick auf die Wahrnehmung ihrer Berufsaufgaben als unzuverlässig anzusehen ist. Dies kann, wie das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 5.9.2023 – 4 B 362/23) jüngst bestätigt hat, schon bei einem erst- und einmaligen Rechtsverstoß der Fall sein, insbesondere dann, wenn dieser dem Kernbereich der beruflichen Tätigkeiten zuzuordnen und als besonders schwerwiegend anzusehen ist.

Hiervon ist das OVG bei der Verfälschung eines Berichts des Prüfsachverständigen zum Zwecke der Täuschung der Bauaufsichtsbehörde ausgegangen. Dieses Fehlverhalten lasse den Betroffenen als charakterlich ungeeignet für die Berufsausübung erscheinen und lege den Schluss nahe, dass er auch künftig seinen Berufspflichten nicht genügen werde. Dem von der Löschung betroffenen Mitglied stehe bei beanstandungsfreiem Verhalten allerdings die Möglichkeit offen, zu gegebener Zeit die Wiedereintragung zu beantragen.

Dies sei nach Ablauf einer angemessenen Frist denkbar, welche das Gericht hier mit drei Jahren ab Erlass des Bußgeldbescheides ansetzt.

Praxistipp:
Weder Termin- noch Kostendruck oder Vorgaben seitens der Bauherrschaft sollten Kammermitglieder zu rechtswidrigem Verhalten verleiten. Verlangen Bauherren, was bedauerlicherweise gar nicht so selten vorkommt, ein als rechtswidrig erkanntes Vorgehen zu unterstützen oder zu decken, kann dies, sofern darauf beharrt wird, daher die Kündigung des Architektenvertrages durch die Planerin oder den Planer rechtfertigen (vgl. Prause, in DAB 05/2019: „Rechtswidrig geht gar nicht“).

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