Vertragskündigung aus wichtigem Grund

Architekt A wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem: „Ich bin vom Bauherrn (B) mit der Planung und Errichtung eines Einfamilienhauses beauftragt worden. Bereits die Planungsphase ist sehr schwierig verlaufen, denn B hat sich in dieser Zeit zu beleidigenden Äußerungen hinreißen lassen. Den laufenden Vertrag möchte ich noch erfüllen, stelle mir jedoch für zukünftige Fälle die Frage, unter welchen Umständen es dem Architekten grundsätzlich möglich ist, das Vertragsverhältnis durch Kündigung zu beenden.“

11. Juli 2022von Christiane Terhardt

Der Vertrag kann architektenseits nur aus wichtigem Grund gekündigt werden (gem. § 650 q Abs. 1 i. V. m. § 648 a BGB). Ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Grund liegt gem. § 648 a Abs. 1 Satz 2 BGB immer dann vor, „wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werkes nicht zugemutet werden kann“ oder „durch den Vertrauensverlust die Vertragsgrundlage zwischen den Parteien so erschüttert ist, dass von der kündigenden Partei ein Festhalten an dem Vertrag nicht verlangt werden kann“ (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. März 2013 – 23 U 102/12).

Dabei reichen als wichtige Gründe zur Kündigung des Architektenvertrages auch einzelne, nicht so schwerwiegende Verstöße, die jedoch in der Gesamtschau eine erhebliche Erschütterung des Vertrauensverhältnisses bewirken (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.).

Wichtige Kündigungsgründe des Architekten könnten beispielsweise sein:

  • Heranziehung von „Schwarzarbeitern“ in erheblichem Umfang;
  • Bauherr verweigert in unberechtigter Weise die Zahlung von Abschlagszahlungen
  • Verstoß gegen Mitwirkungspflichten
  • Auftraggeber äußert sich in ehrverletzender Weise über den Architekten. 

(Beispiele u.a. von Werner, in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage, RN 1150 und von Zimmermann, in Kraushaar/Zimmermann, Kommentar zum neuen Architektenvertragsrecht, Seite 104).

Bei ehrverletzenden Äußerungen des Bauherrn bzw. der Bauherrin hat das Oberlandesgericht Frankfurt in einer Entscheidung ausgeführt, dass verbale Entgleisungen des Bauherrn Beleidigungen darstellen und ehrverletzend seien, da sie auf eine persönliche Diffamierung des Architekten abzielen würden und damit einen wichtigen Grund zur Kündigung durch den Architekten darstellen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 12. Dezember 2008 – 24 U 14/08). Die in der angesprochenen Entscheidung getätigten verbalen Entgleisungen des Bauherrn seien nach Auffassung des Gerichts auch nicht mehr durch ein auf Baustellen möglicherweise anzutreffendes „raues Klima“ im Umgangston gerechtfertigt–- und damit für den Architekten nicht hinnehmbar.

Sollte der Architekt eine Kündigung des Vertrages in Erwägung ziehen, sollte er diese im Allgemeinen nicht ohne vorherige Abmahnung aussprechen. Formell ist für die Kündigung Schriftform gem. § 650 q Abs. 1 i. V. m. § 650 h BGB erforderlich. 

Praxisempfehlung

Ob ein wichtiger Kündigungsgrund vorliegt, ist immer eine Frage des Einzelfalles und sollte angesichts des Risikos von Schadensersatzforderungen bei unberechtigten Kündigungen – zum Beispiel wegen Bauzeitverzögerung - rechtsanwaltlich überprüft werden. Alternativ zu einer einseitigen Kündigung besteht die Möglichkeit, eine Beendigung des Vertragsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages herbeizuführen. 

Weitere Informationen zur Beendigung von Architektenverträgen und Anhaltspunkten zur Formulierung eines Aufhebungsvertrages enthält der neue Praxishinweis der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen „Beendigung von Architektenverträgen, Hinweise zur Kündigung und zum Aufhebungsvertrag“ PH 66. (PDF)

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