Vertragsunterschrift verzögert

16. Januar 2020von Dr. Sven Kerkhoff

Architektin A wendet sich mit folgender Frage an die Kammer: „Für einen Investor habe ich Umbau- und Sanierungsarbeiten an einer Seniorenwohnanlage geplant und überwacht. Ich hatte zuvor einen von mir unterschriebenen Vertragsentwurf vorgelegt, in dem u.a. eine Nebenkostenpauschale von 5% vorgesehen war. Der Bauherr hat erklärt, mit dem Vertrag grundsätzlich einverstanden zu sein. Es gebe lediglich noch in Detailpunkten Klärungsbedarf, das Honorar sei davon aber nicht betroffen. Er hat mich – u.a. mit Blick auf Zeitplan und Fördergelder – zugleich ausdrücklich aufgefordert, mit den Arbeiten gleichwohl schon einmal zu beginnen, was ich auch getan habe. Auf meine nachfolgenden Bitten, mir den Vertrag unterzeichnet zurückzusenden, wurde ich über Monate hinweg immer wieder vertröstet. Erst als wir schon in der Ausführungsplanung waren, wurde die Unterschrift geleistet. Aus meiner jüngst gestellten Schlussrechnung hat der Bauherr nun die Nebenkostenpauschale herausgekürzt. Er vertritt die Ansicht, diese sei nicht wirksam vereinbart. Stimmt das?“

Nein! Zwar sieht § 14 Abs. 3 HOAI vor, dass Nebenkosten zwingend nach Einzelnachweis abzurechnen sind, sofern nicht schon bei Auftragserteilung schriftlich eine pauschale Abrechnung vereinbart wurde. Fehlt es zu diesem Zeitpunkt an einer schriftlichen Vereinbarung, kann eine solche auch nicht später wirksam nachgeholt werden (vgl. BGH, Urteil vom 27.02.2003 - VII ZR 169/02).

Darauf bezieht sich im vorliegenden Fall der Bauherr und liegt damit insoweit richtig, als dass die Auftragserteilung hier nicht erst mit der Vertragsunterzeichnung stattgefunden hat, sondern die vertragliche Rechtsbeziehung schon entstanden sein dürfte, nachdem die Architektin auf Aufforderung des Bauherrn mit der – unstreitig honorarpflichtigen – Leistungserbringung begonnen hat. Es besteht für Architektenverträge kein generelles Schriftformerfordernis, diese können also auch durch schlüssiges Handeln, also konkludent zustande kommen. Ein Auftrag ist i.d.R. zumindest dann konkludent erteilt, wenn sich die Parteien über das Objekt und den Umfang der Leistungen des Planers einig geworden sind; dies gilt erst Recht dann, wenn unstreitig ist, dass es sich um eine honorarpflichtige Leistung handelt und zwar selbst dann, wenn das Honorar (noch) nicht im Einzelnen festgelegt worden sein sollte (vgl. Koeble, in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl., Rz. 57 zu § 7).

Dennoch hat das OLG Dresden in einem vergleichbaren Fall mit jüngst rechtskräftig gewordener Entscheidung (Urteil vom 11.05.2017 – 10 U 818/15) den entsprechenden Einwand des Bauherrn nicht gelten lassen. Dieser verhalte sich nämlich widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich, wenn er einerseits – im konkreten Fall sogar unter Androhung von Haftungsansprüchen – zur Leistungserbringung auffordere, andererseits aber ohne ersichtliche Gründe die Vertragsunterzeichnung selbst hinauszögere. Wer ein derart dilatorisches, sprich: verzögerndes Verhalten an den Tag lege, könne sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf den Formmangel nach § 14 Abs. 3 HOAI berufen.

Praxistipp

Die Vereinbarung einer angemessenen Pauschale zur Abgeltung der Nebenkosten ist dringend zu empfehlen, da der Einzelnachweis oft nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand zu führen ist (vgl. Kerkhoff, Oft kopiert – nie honoriert, in: DAB 05/2015). Dabei sollte aus Gründen der Rechtssicherheit die Vereinbarung rechtzeitig schriftlich fixiert werden, denn: Die entsprechende Formvorschrift wird durch das EuGH-Urteil zu den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI (Urteil v. 4.7.2019, Rs. C-377/17) nicht tangiert und ist daher grundsätzlich weiterhin zu beachten.

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