Wettbewerbswidrige Honoraranfrage durch Gemeinde

01. Oktober 2000von Lg, Oktober 2000

Das OLG Düsseldorf hat in einer Entscheidung vom 25.04.2000 (Az.: 20 U 113/99) festgestellt, dass schriftliche Anfragen von Gemeinden an Ingenieure über die Kosten für die Erbringung von Planungsleistungen nach der HOAI

  • ohne Angabe der Honorarzone,
  • ohne Angabe der Bewertung der Grundleistungen nach der HOAI in Prozentsätzen,
  • in denen das Erstellen der bauphysikalischen Nachweise für den Wärmeschutz und der bauphysikalischen Nachweise für den Schallschutz als "Besondere Leistung" eingeordnet ist,
  • in denen der Umbau- und Anpassungszuschlag zum und im Altbau als "Besondere Leistung" eingeordnet ist,

wettbewerbswidrig sind und hat die beklagte Stadt verurteilt, derartige Anfragen zu unterlassen.
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte die beklagte Stadt zur Vorbereitung der Auftragsvergabe mehrere Ingenieure angeschrieben mit der Aufforderung, Honorarangebote für Ingenieurleistungen bei der Tragwerksplanung für den Neubau einer Schulmensa abzugeben. Dem Schreiben war ein Antwortformular "Kostenermittlung nach HOAI" beigefügt, dass die Prozentpunkte aller Grundleistungen offen ließ und von dem jeweiligen Bieter ausgefüllt werden sollte. Grundleistungen anderer Ingenieurleistungen (Wärmeschutz, Schallschutz, Brandschutz etc.) waren als "Besondere Leistungen" aufgeführt und der jeweilige Bieter konnte hier Pauschalangebote einsetzen. Von den abgegebenen Angeboten nahm die Beklagte das niedrigste an.

Die Klägerin, die örtlich zuständige Ingenieurkammer, verklagte die Stadt auf Unterlassung, nachdem sie diese zuvor vergeblich zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert hatte, und hatte hiermit Erfolg.

Das OLG Düsseldorf sieht in dem Vorgehen der Stadt ein wettbewerbswidriges Verhalten nach §§1, 13 Abs. 2 Nr.2 UWG i.V.m. §§4, 64 HOAI. Die Honoraranfrage war geeignet, den Wettbewerb der Ingenieure negativ zu beeinflussen. Die Ingenieure wurden hierdurch dazu verleitet, unter Verstoß gegen §4 Abs. 1 HOAI ein Honorarangebot unterhalb der Mindestsätze der HOAI abzugeben, da sie davon ausgehen durften, dass derjenige den Auftrag erhalten würde, der das niedrigste Angebot abgab.

Das Formular "Kostenermittlung gemäß HOAI" stellte kein taugliches Mittel zur Einhaltung der Preisregeln der HOAI dar. Durch die fehlende Angabe der Honorarzone wurden die Ingenieure dazu verleitet, eine unzutreffend niedrige Honorarzone anzusetzen, um im Vergleich zu den Mitbewerbern preisgünstig zu erscheinen. Tatsächlich bewegten sich die Honorarangebote dann auch in verschiedenen Honorarzonen, obwohl die Einordnung aufgrund eigener Sach- und Fachkenntnis durch die Stadt unter Zuhilfenahme der Fachämter und Heranziehung detaillierter Unterlagen und Pläne hätte vorgenommen werden können.

Auch das Offenlassen der Prozentpunkte für die Bewertung der Grundleistungen in den Leistungsphasen war ein geeigneter Anreiz zur Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI. Tatsächlich wurden die einzelnen Grundleistungen von den bietenden Ingenieuren völlig unterschiedlich und unter Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI eingestuft.

In den weiteren Entscheidungsgründen führt das OLG aus, dass die Bezeichnung der "Thermischen Bauphysik" als "Besondere Leistung" die Ingenieure dazu verleitete, hierfür unter Missachtung der §§77 ff. HOAI ein niedrigeres Honorar zu berechnen. Gleiches gilt für die Einordnung des "Umbau-/Anpassungszuschlages" als "Besondere Leistung". Die Ingenieure konnten hierdurch auf den nach §66 Abs. 5 HOAI vorgeschriebenen Zuschlag verzichten, um preisgünstig zu erscheinen. Eine Vergleichsrechnung ergab, dass tatsächlich der Umbauzuschlag nicht berechnet wurde.

Aus den genannten Gründen befand das OLG Düsseldorf das Vorgehen der beklagten Stadt als unvereinbar mit den Regeln des lauteren Wettbewerbs und hat diese unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 50.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verurteilt, derartige Honoraranfragen zu unterlassen.

Die Entscheidung ist für Architekten gleichermaßen von Bedeutung, da ähnlich gelagerte Anfragen von Städten und Gemeinden auch an Architekten zu beobachten sind. Die Ausführungen des Gerichts sind insofern übertragbar. Die Architektenkammer NW hat die gesetzliche Aufgabe, die beruflichen Belange ihrer Mitglieder einschließlich der Wahrung des lauteren Wettbewerbs zu fördern (§9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BauKaG). Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, ist sie auf die Information durch ihre Mitglieder angewiesen. Die Mitglieder sind deshalb dazu eingeladen, bei Bekanntwerden derartiger Honoraranfragen die Geschäftsstelle der Architektenkammer NW zu unterrichten.

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