Architektur begeistert 13.000 Interessierte: „Tag der Architektur“ in NRW
Ob in der „Skylounge“ in 60 Metern Höhe über den Dächern der Landeshauptstadt Düsseldorf oder nebenan in Duisburg bei der Sanierung des „Citywohnpark“ mit 400 geförderten Wohnungen: Der „Tag der Architektur 2023“ traf in Nordrhein-Westfalen landesweit auf großes Interesse von Architekturfreunden und Bauinteressierten. „Wir sind immer wieder gespannt auf neue Architekturideen und freuen uns über Inspiration für eigene Projekte“, schilderten beispielsweise Elisabeth und Armin Krause ihre Motivation zu einer ganztägigen Tour, die sie u.a. zum „Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung“ nach Neuss-Weckhoven führte - ein Beispiel für innerstädtische Nachverdichtung. An 145 Objekten in 86 Städten und Gemeinden war am 17. und 18. Juni in NRW neue und erneuerte Architektur zu erleben. Architektinnen und Architekten standen jeweis zum Gespräch bereit. Motto: „Architektur verwandelt!“
„Wir zeigen unser Haus gerne, weil wir mit unserem Architekten sehr gut zusammengearbeitet haben und nun auch andere Bauherren inspirieren möchten“, erklärten Stefanie und Fabian Hollaender, die Baufamilie des Einfamilienhauses in Neuss, das auf einem Restgrundstück realisiert werden konnte.
Auch in der Landeshauptstadt war ein ungewöhnliches Wohnprojekt auf einem städtebaulich untergenutzten Grundstück zu erleben. Unweit der Autobahnauffahrt „Mörsenbroicher Ei“ hatten dort elf Mitglieder des Bundes Deutscher Architekten Düsseldorf gemeinsam ein – ursprünglich als Flüchtlingsunterkunft geplantes – Wohnprojekt entwickelt, das im letzten Jahr als „Ein Zuhause für alle“ fertiggestellt und von einer heterogenen Bewohnerschaft bezogen werden konnte.
„Wir wollen mit diesem Projekt zeigen, dass guter Wohnraum zu bezahlbaren Kosten und mit sozialem Anspruch auf eine lebendige Nachbarschaft möglich ist“, erläuterte die leitende Projektarchitektin Anne Bader die Motivation der Gruppe zur Teilnahme am „Tag der Architektur“. Gemeinsam mit dem beteiligten Landschaftsarchitekten Georg Verhas und vielen Mitstreiter*innen führte sie durch den Gebäuderiegel, der 34 neue Wohnungen im geförderten und frei finanzierten Wohnungsbau sowie einige Flüchtlingswohnungen umfasst. Unterstützt wird das Projekt durch die Quartiersmanagerin Sandra Schwider. „Wir präsentieren hier ein ambitioniertes Projekt, das durchaus als Prototyp für ‚gemeinsame Nachbarschaften‘ fungieren kann.“
Wohnen in Vielfalt
Die Bandbreite des nordrhein-westfälischen „Tags der Architektur“ verdeutlichten auch zwei andere Wohnprojekte auf anschauliche Weise: So erläuterte Dirk Druschke (Druschke und Grosser Architektur) in Duisburg-Hochfeld die energetische Sanierung des „Citywohnpark“, dessen 400 Wohneinheiten aus den 1970er Jahren sukzessive überarbeitet werden. „Hier leben 1200 Menschen aus über 40 Nationen auf engem Raum zusammen, das ist eine echte Herausforderung“, berichtete Druschke den rund zwei Dutzend Interessierten in Rahmen von Führungen durch den großen Wohnblock. Die Erneuerung von Fenstern und Fassaden werde etwa 40 Prozent Energie im Verbrauch einsparen, erläuterte Druschke. Angesichts der enormen Baumasse des „Citywohnpark“ gehe er davon aus, dass die Sanierung gegenüber einem Neubau einer solchen Anlage nur 10 bis 15 Prozent des CO2-Ausstosses verursache. „Es wäre wichtig, am Beispiel eines solchen Projektes einmal genaue Zahlen dazu erheben zu lassen“, appellierte der Duisburger Architekt im Gespräch mit interessierten Besuchern an Politik und Forschung.
Kontrastprogramm 16 km weiter östlich: In Essen standen am „Tag der Architektur“ 260 Architekturfans geduldig in einer Warteschlange vor dem „Lohwald-Haus“ von Holger Gravius (KenChiku Architektur + Design), um die Wohnung von Marion Baumann und Dirk Förster zu besichtigen. Die beiden Mieter in dem acht-Parteien-Haus zeigten sich begeistert von der Architektur ihrer Wohnung - und vom großen Interesse daran. „Ich nehme regelmäßig mit meinen Projekten am ‚Tag der Architektur‘ teil, weil ich mit den Menschen ins Gespräch kommen möchte“, erzählte Architekt Gravius. „Ich höre auch zu - und lerne jeweils selbst dazu, was die Menschen sich wünschen.“
Rekord im Bilker Bunker
Den Besucherrekord knackte in Düsseldorf das Projekt „Bilker Bunker – Kunst.Kultur.Beton“: Die Öffnung des lange verschlossenen, stadtbildprägenden Hochbunkers durch die Planung von Architekt Robert Tyborski (anderswohneninderstadt – zentralbau GmbH) wollten genau 1.047 Architekturfans erleben - schon vor der offiziellen Eröffnung am 26. August.
Der „Tag der Architektur“ präsentiert in Nordrhein-Westfalen alljährlich Projekte aus allen Bauaufgaben und aller Fachrichtungen. So führte etwa in Neuss Landschaftsarchitekt Harald Blank auf dem Gelände einer ehemaligen Klinik über die neu gestalteten Freianlagen der KITA „An der Alten Wäscherei“. Der 6-zügige Kindergarten verfügt über ein 835 m2 großes Außengelände sowie eine großzügige Dachterrasse. „Wir bieten hier einen inspirierenden Raum schon für unsere Kleinsten“, freute sich die Leiterin der KITA, Svenja Butzmühlen. „Die neue Außenanlage bietet Spielmöglichkeiten, Bewegungsflächen, aber auch Naturerlebnisse, die viele Stadtkinder gar nicht mehr haben.“
Landschaftsarchitektur für die Kleinsten
Für Harald Blank bot die ungewöhnlich große Freifläche die Möglichkeit zu einer differenzierten Gestaltung der KITA-Landschaft. „Wir haben in die Mitte einen künstlichen Felsen platziert, von dem aus sich ein blauer Weg durch das Gebäude schlängelt“, erläuterte der Landschaftsarchitekt den Besucherinnen und Besuchern das Konzept der Freiraumgestaltung.„Hier laufen die Flächen für die verschiedenen Altersstufen zusammen.“
Viele Interessierte lockten auch einige innovative Bauwerke an, die zum Teil schon mehrfach ausgezeichnet wurden, wie der BOB CAMPUS in Wuppertal, ein Quartiersprojekt auf dem Gelände einer alten Industrieanlage, oder das neue Kreisarchiv in Viersen, das nach den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft geplant wurde und allein 260 Besucher zählte. Wie Architekt Bernd Volkenannt von DGM Architekten erläuterte, orientierte sich die Planung an den Erfahrungen des innovativen Rathauses in Venlo.
In Euskirchen konnten Interessierte das „Arbeiten in der Alten Tuchfabrik“ kennenlernen. Wie Innenarchitektin Nadia Stanke hervorhob, war ihr Büro „stanke interiordesign“ 2021 durch das Hochwasser der Ahr zerstört worden. Sie nutzte den Neuaufbau, um ein stimmiges „New Work-Konzept“ mit einer kreativen Arbeitsatmosphäre zu schaffen.
Einen städtebaulich markanten Gewerbebau stellte Architekt Carsten Servaes in Korschenbroich vor: Das „Quooker Headquarter Germany“ vereint Showrooms mit Büroräumlichkeiten und markiert zugleich mit einer qualitätvollen Architektur den Beginn eines Gewerbegebietes. „Das Gebäude passt zu unserem Anspruch“, meinte Bauherr Daniel Hörnes im Gespräch mit den TdA-Besuchern: „Sowohl unsere Kunden als auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind begeistert!“
Die Bilddatenbank zum „Tag der Architektur 2023“ in NRW mit Beschreibungen aller 145 präsentierten Projekte sowie Angaben zu Urheber*innen und Auftraggebenden ist weiterhin hier abrufbar.
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