Auf der Installation von Rita McBride in der Aula der Kunstakademie nahmen Platz (v.o.l.): Theo De Meyer (Architekt, Gent), Anne Mie Depuydt (uapS, Paris), Prof. Thomas Kröger (Klasse Baukunst), Prof. Inge Vinck (Klasse Baukunst) und Christof Rose (stellv. Geschäftsführer Architektenkammer NRW) – Foto: Lea Pawelzik / Architektenkammer NRW

Baukunst-Lecture zieht Lehren aus der „Belgischen Schule“

„Wir erleben heute Abend drei Generationen der Sint-Lucas Universität in Gent.“ Das versprach Inge Vinck, Professorin der Klasse Baukunst der Kunstakademie, zu Beginn der jüngsten „Baukunst-Lecture“ an der Kunstakademie Düsseldorf. Am 28. April erläuterten dort Prof. Anne Mie Depuydt (uapS, Paris) und der junge Architekt Theo de Meyer (Gent) ihr Verständnis des Zusammenspiels von Architektur und Kunst. „Ich hatte in Sint-Lucas Unterricht bei Anne Mie, Theo bei mir - damit schließt sich ein Kreis“, so Prof. Inge Vinck in ihrer Anmoderation.

29. April 2025von Lea Pawelzik

Rund 150 Studierende, Mitglieder der AKNW und Interessierte verfolgten die Baukunst-Lecture am 28. April in der Aula der Kunstakademie Düsseldorf.

Den Auftakt der Lecture machte Theo de Meyer, der sowohl in der Lehre tätig ist als auch in dem Kollektiv „Stand Van Zaken“, das Architektur und Objekte konzipiert und sich dabei an der Grenze zwischen Architektur, Design und Kunst bewegt. Er lässt sich insbesondere vom Postmodernismus inspirieren, arbeitet aber vornehmlich mit einfachen Materialien.

Seinen Vortrag begann de Meyer mit einem Exkurs in seine Kindheit: Er sei durch das Unternehmen seiner Eltern quasi im Gewächshaus groß geworden. Sein Vater hatte einen großen Gartenbaubetrieb und habe viele Dinge in Eigenregie gebaut. „Das hat mich inspiriert; wir machen die Dinge gerne selbst“, erklärte de Meyer. Für ihn funktioniere ein Gebäude ähnlich wie ein Totempfahl – man stapele Dinge aufeinander und versuche zu verstehen, wie die Elemente miteinander funktionieren.

Theo de Meyer stellte verschiedene Projekte vor, von den ersten eigenen Arbeiten mit Garagen über Ausstellungsarchitektur aus gestapelten Gehwegplatten bis hin zur Flughafen-inspirierten Szenografie für ein Festival in Palm Springs. De Meyer betonte, dass der stets bedenke, wie die verbauten Materialien nach Nutzung wieder demontiert und weitergenutzt werden könnten. Sein Kollektiv arbeite daher weitgehend mit mechanischen Verbindungen anstatt Klebern.

Aktuell ist in Sydney die Ausstellung „A good idea“ von Stand van Zaken zu sehen. Dort werden Zeichnungen von verschiedenen Architekt*innen präsentiert, die als Anleitungen zur Herstellung der dargestellten Objekte und Möbel genutzt werden können.

Die belgische Architektin Anne Mie Depuydt plant mit ihrem Studio uapS (urbanisme, architecture projet S), das ein 20-köpfiges Team umfasst, vom Standort Paris aus innovative Projekte in den Bereichen Architektur, Quartiersentwicklung und Stadtplanung. Ihre Arbeiten von umfassen u. a. die städtebauliche Erneuerung der ostflandrischen Stadt Deinze, die zweite Phase der Erneuerung der Ile de Nantes, die Neuinterpretation der Gartenstadt Corbeville, aber auch experimentelle Wohngebäude für die Olympiade 2024 in Paris sowie weitere ambitionierte Wohnprojekte in Bordeaux und Rennes. „Meine Arbeit ist es, Dialoge zu schaffen“, erklärte Depuydt dem Publikum. Es sei sehr wichtig, einen Weg zu finden, allgemeinverständlich über Stadtplanung zu sprechen und diese den Menschen näher zu bringen. Sie arbeite dabei intensiv mit dem Grafikdesigner Jean Marc Ballée zusammen, der auch ihre Website aufwendig gestaltet hat. So habe sie zum Beispiel eines ihrer Projekte auf übergroße Poster drucken lassen. „Wir müssen urbane Geschichten erzählen, um die Leute von unserer Arbeit zu überzeugen“ erläuterte Depuydt. Dies könne über Bilder und Collagen geschehen.

Wie das Büro auch an der Schnittstelle zur Kunst arbeitet, zeigte eine frühe Arbeit des Büros. Die Filme unter dem Titel „Young Artists in the Flandres“ entstanden im Rahmen einer Ausstellung in Antwerpen. In Referenz auf Nam June Paik produzierte das Büro mehrere Filme, die auf Monitoren gezeigt wurden und die Arbeitsweise des Büros präsentieren sollten. Kunst inspiriere Depuydt konkret für ihre architektonische Arbeit, wie Anne Mie Depuydt anhand eines Farbschemas für Architektur zeigte, das sie einem modernen Gemälde entlehnt hatte.

In ihrem Vortrag gab Depuydt dem Lecture-Publikum einen tiefen Einblick in die Arbeitsweise ihres Büros. „Wir suchen stets ein vertieftes Erkennen der räumlichen Situation; denn wenn man einen Ort nicht versteht, kann man ihn auch nicht transformieren.“ Das Sammeln von Bildern und Daten, ihre Klassifizierung und das Herstellen von Beziehungen („ähnlich einem Bilderatlas“) bildeten dabei einen Kern ihrer Arbeit.

Zum Schluss der Lecture stellte sich das Duo den Fragen des Publikums. Auf ihre Arbeit mit Farben angesprochen, erklärte Depuydt, dass sie Farben immer im Zusammenhang mit der Umgebung nutze. So nehme die grüne Farbe im Gebäude des Olympischen Dorfs auf die umgebende Begrünung Bezug.

Das Publikum zeigte reges am kreativen Vorgehen von Anne Mie Depuydt und Theo de Meyer. Letzterer beschrieb seine Arbeit mit den folgenden Worten sehr anschaulich: „Wir gestalten gerne einfach. Wenn auch deine Großmutter deine Arbeit verstehen kann, dann machst du etwas richtig.“

 

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