Länglicher Gebäudetrakt durch ein trichterförmig eingeschnittenes und ganz in Weiß gehaltenes Eingangsgebäude erweitert
Ein Projekt der Regionale 2025: Eingangsgebäude am „Haus der Kulturen“ in Burscheid von archwerk Prof. Wolfang Krenz, Bochum - Foto: archwerk / Prof. Wolfgang Krenz

Regionale 2025: Aufbrüche im Bergischen Rheinland

Wie schärft man das Profil der eigenen Kommune? Welche Standortvorteile gibt es, und worin liegt das meiste Potenzial für die Zukunft? Derartige Fragen entscheiden über die Zukunftsfähigkeit der Städte und Regionen, die miteinander in hartem Wettbewerb stehen. Die Gelegenheit, aus Potenzialanalysen auch reales Kapital zu schlagen, bietet in Nordrhein-Westfalen seit einem Vierteljahrhundert das Förderinstrument „Regionale“. 2025 jährt sich mit dem Bergischen Rheinland sowie mit Südwestfalen dieses Strukturförderprogramm des Landes zum zehnten Mal – eigentlich sind es in diesem Jahr somit zwei Regionalen.

26. Juni 2025von Dr. Frank Maier-Solgk
Regionale 2025 Projektkarte
Der Projektraum der REGIONALE 2025 Bergisches RheinLand umfasst 28 Kommunen im Oberbergischen Kreis, im Rheinisch-Bergischen Kreis und im östlichen Rhein-Sieg-Kreis, in denen insgesamt mehr als 700.000 Menschen leben. Rund 50 Projekte werden laut zuständiger Agentur für die Regionale 2025 derzeit aktiv umgesetzt; sie sind fünf Zukunftsthemen zugeordnet: „Weiter geht’s!“, „Das Gute Leben selbst gemacht!“, „Alles Ressource!, „Neues Machen!“ und „Hin und weg!“. - Grafik: Regionale 2025

Seit dem Auftakt 2000 in Ostwestfalen-Lippe wurden Hunderte von Einzelprojekten auf die Schiene gesetzt, für die eine detaillierte Beurteilung noch aussteht. Welche Regionen welchen Zuschnitts vom Land jeweils ausgewählt werden, darüber entscheidet die Stimmigkeit der Konzepte, mit denen sich die Regionen vorstellen (auffallend ist das Fehlen des Ruhrgebiets), doch bewegen die einzelnen Projekte sich inhaltlich zwischen Bewahrung und Aufwertung unterschiedlicher Formen des Bestands sowie baulich-institutionellen Neusetzungen mit einer ökonomischen oder touristischen Perspektive. Hinzu kommen Projekte einer nachhaltigen Ressourcenwirtschaft. Von der Neunutzung eines leerstehenden Ladengeschäfts bis zum Innovationshub ist auch hinsichtlich des Volumens alles enthalten.

Kultur in Burscheid

Burscheid ist eine locker bebaute, aus mehreren Ortschaften bestehende Kleinstadt von 20.000 Einwohnern, die verkehrsgünstig an der A 1 liegt und von den Rheinmetropolen Köln/Leverkusen schnell zu erreichen ist. Der industrielle Aufschwung im 19. Jahrhundert hat dem Ort mit seinem Ensemble von regionaltypischen Fachwerkhäusern mit grauen Schieferschindeln und grünen Fensterläden im Kern keinen Abbruch getan. Aber wie die Zukunft entwickeln, wenn man nicht als museale Kleinstadt erstarren will? 

Für die Regionale 2025 ist sich die „Musikstadt des Bergischen Landes“ ihrer Vergangenheit bewusst geworden, die mit mehreren Musikvereinen und dem ältesten Laienorchester Deutschlands ein bemerkenswertes Unterscheidungsmerkmal besitzt. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, das bestehende, abseits der Hauptstraße gelegene und in die Jahre gekommene „Haus der Kunst“ (Baujahr ca. 1971) zu erneuern und mit erweitertem Zuschnitt zu einem Konzert- und Veranstaltungsort als „Haus der Kulturen“ zu entwickeln (im Antragsdeutsch: zur „multifunktionalen, sozio- und interkulturellen Begegnungsstätte mit hoher Aufenthaltsqualität in der Ortsmitte“). 

Für den Um- und Ausbau des neuen Kulturforums wurde eine Mehrfachbeauftragung mit drei Architekturbüros ausgelobt. Den Wettbewerb gewann das Büro „archwerk“ (Bochum) von Prof. Wolfgang Krenz, der mit dem vorhandenen Saal als Ausgangspunkt eine neue Raumfolge (als außerordentliche Kernsanierung) entwickelte, die die avisierte Nutzungsvielfalt berücksichtigte und nach Außen eine neue Sichtbarkeit erzeugte: Der zentrale Aufführungsraum wurde durch Einzug eines Stahlfachwerkträgers behutsam erweitert und mit einer neuen, mobilen Bühne versehen, wodurch unterschiedliche Aufführungsformen möglich werden. Das Foyer davor wurde erneuert, und der längliche Gebäudetrakt durch ein trichterförmig eingeschnittenes und ganz in Weiß gehaltenes Eingangsgebäude erweitert, welches näher an die Straße herangezogen wurde. Mit dieser architektonisch einladenden Geste erzeugt das Gebäude Aufmerksamkeit im Stadtraum. 

In der Tat hat Burscheid, wenn das Kulturforum im November diesen Jahres seine Eröffnung feiert, einen für eine Stadt dieser Größe bemerkenswert durchdachten und ästhetisch ansprechenden Kulturbau erhalten. Eine neue „gute Stube der Stadt“, welche das Format der Regionale gewissermaßen auch einmal architektonisch bestätigt. 

Wermelskirchener Rhombus

Keine Stadt kann alles anbieten. Es war daher eine sinnvolle Überlegung, die Regionale auch für eine stärkere Zusammenarbeit von Nachbarkommunen zu nutzen. So entwickelten Burscheid und Wermelskirchen ein „Interkommunales, integriertes Entwicklungs- und Handlungskonzept“, das Modellcharakter haben könnte. 

In Wermelskirchen hat man den Fokus offenbar stärker auf die Bereiche Bildung und Freizeit gelegt. Auf der Suche nach einem Standort stieß man schnell auf das drei Hektar große „Rhombus-Areal“, ein zentrumsnahes, aber durch die B 51 isoliertes ehemaliges Industriegelände, auf dem zuvor 120 Jahre lang Eisenblechwaren, Räder und Rollen produziert wurden und das teilweise brach lag. Die Stadt kaufte einen Teil des Geländes, auf dem 1895 die „Bergische Eisenwarenfabrik“ gegründet worden war, und entwickelt derzeit Konzepte für eine Mischnutzung mit einem neuen Schwimmbad, einem kleinen künstlichen See und einem „Haus der Vereine“. Vorgesehen sind auch neue Bildungsangebote, darunter der Bau einer Volkshochschule. Auch eine verbesserte Anbindung an die Stadt, u. a. mit einem neuen Fuß- und Fahrradübergang über die B 51, ist angedacht. Erhalten bleiben soll die rund 400 Meter lange Backsteinfassade mit ihren zackigen Giebeln, die zwar einer Stabilisierung bedarf, sich aber zur Adressbildung des Campusgeländes bestens eignet. Nach der Entscheidung über die vorgelegten Konzepte im Herbst steht die Einreichung der Förderanträge an. Eine Kooperation mit den privaten Eigentümern, denen etwa die Hälfte des Geländes gehört, wird vorbereitet.

Vom Innovation Hub zum neuen Schloss 

Ein Vorbild für das Wermelskirchener Rhombusprojekt könnte ein ähnliches, länger zurückliegendes Projekt im 40 km entfernten Gummersbach gewesen sein, das zugleich die zeitlich ausgedehnte vierte Dimension der Regionale aufzeigt. Vorgestellt wurde das aktuelle Programm der Regionale 2025 nämlich in der Halle 51 auf dem „Steinmüllergelände“ in Gummersbach, welches auf das Jahr 2010 und die damalige siebte Regionale („Brückenschläge“) zurückgeht, als man damit begann, das ebenfalls zentrumsnahe frühere Industrieareal zum gemischten Innenstadtquartier zu entwickeln. Seitdem beherbergt die Halle 51 das sogenannte Innovation Hub Bergisches RheinLand und die Technische Hochschule Köln, während nebenan in der Halle 32 Rockmusikkonzerte gefeiert werden.

Es scheint, als hätten es Städte mit ehemaligen Industrieflächen insgesamt leichter, sich für die Zukunft aufzustellen, als dies für die historischen Schmuckstücke gilt. Die Kleinstadt Hückeswagen besitzt in ihrem auf einem Felssporn gelegenen Kern zum Beispiel ein denkmalgeschütztes Ensemble von schiefergedeckten Bürgerhäusern, das von einer Kirche und einem aus dem 11. Jahrhundert stammenden gräflichen Schloss gekrönt wird. Teile der Stadtverwaltung sowie ein Heimatmuseum sind hier untergebracht. „Perle des Bergischen Landes“ nennt sich die Stadt insofern ganz zurecht, doch macht ein Gang durch die Altstadt schnell das Problem sichtbar: Auffälliger Leerstand in Läden und gastronomischen Einrichtungen in den an einem Wochentag kaum frequentierten Gassen. Für die Regionale hat man sich daher auf eine Sanierung des Schlosses konzentriert, dessen einer Flügel umgebaut und in Zukunft als Veranstaltungssaal auch von Vereinen, Unternehmen oder Kulturschaffenden genutzt werden soll. Die Altstadtgassen und den Platz vor dem Bahnhof hat man bereits begonnen, durch mehr Grün und andere Platzgestaltungsmaßnahmen aufzuwerten. Ob solche allenfalls Basis-Maßnahmen jedoch ausreichen, eine nachhaltige Belebung der Altstadt von Hückeswagen zu erreichen? – Die Regionale ist auch immer ein Wechsel auf die Zukunft. 

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