
Einfacher und schneller bauen: Kammer fordert Pilotprojekte für NRW
Angesichts der immensen Herausforderungen auf den Wohnungsmärkten fordert die Architektenkammer NRW eine „radikale Vereinfachung und Beschleunigung“ der Bauprozesse in Nordrhein-Westfalen. Kammerpräsident Ernst Uhing sagte gestern Abend (23.01.25) auf dem Neujahrsempfang der Architektenkammer in Düsseldorf, die 3.800 Normen und Standard im Bausektor seien zu „absoluten Kostentreibern“ geworden. Vor rund 200 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Verbänden und Baukultur regte Uhing an, mit konkreten Pilot- und Forschungsprojekten nachzuweisen, dass kostengünstiger Wohnungsbau auch in Deutschland mit hoher Qualität möglich sei.
Die Architektenschaft habe dazu vorgeschlagen, einen „Gebäudetyp E“ einzuführen, der ein einfaches und experimentelles Bauen rechtssicher ermöglichen soll. Ziel dieses Instrumentes sei es, das Bauen wieder auf die Kernanforderungen der jeweiligen Länderbauordnungen zu konzentrieren und einzuhaltende Regeln und Standards auf ein unverzichtbares Minimum zu reduzieren, erläuterte Ernst Uhing. Lediglich auf die Schutzziele Standsicherheit und Brandschutz könne und solle nicht verzichtet werden. „Wir müssen handeln, denn die Baukosten steigen seit Jahren überdurchschnittlich stark und liegen mindestens doppelt so hoch wie die allgemeine Inflation“, sagte Ernst Uhing.
Um dem entgegenzuwirken, schlug der Präsident der größten deutschen Architektenkammer als weiteren „Innovationstreiber“ die Einführung einer „Oldtimer-Regelung“ vor. Hier gehe es darum, dass Altbauten bei der Sanierung nicht wie ein Neubau bewertet werden dürften. „Alles andere macht ökologisch, ökonomisch und baukulturell auch keinen Sinn“, stellte Ernst Uhing fest. Die Architektenkammer NRW fordere, dass bei Umbauten, Aufstockungen oder Änderungen in der Nutzung von Gebäuden keine höheren Anforderungen an vorhandene und neue Bauteile gestellt werden als im Bestand - insbesondere in Bezug auf Schall- und Wärmeschutz. Auch die Anforderungen an Barrierefreiheit, Belichtung, Besonnung sowie Geschosshöhen sollten im Sinne einer pragmatischen Bewertung vom heutigen Bauordnungsrecht abweichen dürfen. „All dies macht die Umnutzung von Altbauten für Investoren und Bauherren wirtschaftlich wieder interessant“, zeigte sich Ernst Uhing überzeugt.
„Ich freue mich, dass die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen den auf dem Neujahrsempfang vor gut einem Jahr auf das Spielfeld geworfenen Ball in puncto ‚Umgang mit Bestandsgebäuden‘ aufgenommen hat“, sagte Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, in ihrer Gastrede auf dem Neujahrsemfang der Architektenkammer NRW. „Das steht für gutes Teamplay in der Sache. Nun geht es in das Fein-Dribbling. In Nordrhein-Westfalen gibt es jeden Tag Bauvorhaben, wo Umsetzungslösungen abseits tief ausgetretener Pfade durch Bauherrschaften, Architektinnen und Architekten zusammen mit den Bauaufsichtsbehörden gegangen werden. Das zeigt, was im geltenden Bauordnungsrecht des Landes, in dem seit 2019 ‚e wie einfach‘ gebaut werden kann, alles geht. Wir freuen uns daher über den weiteren Austausch in diesem noch jungen Jahr 2025, damit Nordrhein-Westfalen place to bau bleibt.“
Der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen überreichte an NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach die neue Publikation „Bauen für Morgen. Impulse und Positionen für das nachhaltige Planen und Bauen“, in welcher die Kammer konkrete Anregungen für nachhaltige und ressourcenschonende Planungen darstellt. Die Publikation kann hier kostenfrei abgerufen werden.
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