Ernst Kasper (1935 - 2008): Architektur formt Leben
Ein Architekt, der seine Visitenkarte statt mit einem geometrisch abgezirkelten Logo mit einer farbig lavierten Handzeichnung schmückt? Das dort vorgestellte Kaiserbadgelände in Aachen an der Stelle der heilenden Quelle, die nach den Römern auch Karl der Große benutzte, muss für Prof. Ernst Kasper eine besondere Bedeutung gehabt haben. Eine Entdeckungsreise ist dieses Bauensemble auf jeden Fall wert, um alle Winkel und Spalten zu erkunden, durch die die Domtürme eingerahmt werden, alle Achsen, die die Umgebungsbebauung aufnehmen, alle Querbezüge zwischen Türmen, herausragenden Kuben und Schrägen, zwischen Stein, Putz und Metall im Bauwerk selbst. Prof. Ernst Kasper ist am 25. Juli 2008 verstorben.
Architektur sehen lernen, ob gute oder schlechte, alte oder neue, war eines der Anliegen des Architekten als Lehrer an der Kunstakademie Düsseldorf und nach seiner Emeritierung an der Scuola Arcquitectura der Universidad Austral in Chile. Eine Architektur vorstellen, hieß für ihn, sich eine Lebensform vorstellen. Wie er mit Menschen kommunizierte, kommunizieren seine Bauten und städtebaulichen Entwürfe mit dem Ort – wo der keine Bezugspunkte anbietet, schafft er sie selbst - wie bei seinem ersten Schulbau, der Realschule am Ortsrand von Wegberg 1965. Aus Trier gebürtig wuchs Kasper im linksrheinischen Kohlerevier auf, sein Vater war Bergarbeiter. Auch Ernst Kasper arbeitete nach dem in Geldern abgelegten Abitur unter Tage; es folgte eine Maurerlehre und das Architekturstudium in Aachen. Ein Jahr als wissenschaftlicher Assistent im Schulbauinstitut unter Fritz Eller war der Beginn eines lebenslangen Interesses an Räumen für das Lernen, die mehrfach ausgezeichnete Maria Montessori Schule in Aachen (1998 - 2001) krönt diesen Teil seiner Arbeit. Um die Farbigkeit der verschiedenen Häuser als wesentliches Entwurfselement dort hatte er lange gekämpft, dann war die Ausführung aber so schlecht, dass jetzt der Putz erneuert werden muss. Ob dabei die Farbe Bestand hat, ist noch nicht sicher.
Der Stadt Aachen blieb der Architekt treu. Sein 1964 gegründetes und bis 1965 in Partnerschaft mit Karl Wimmenauer geführtes, nie sehr großes Büro betrieb er auch während der Lehrtätigkeit ab 1971 weiter, jetzt als Planungsgruppe Kasper in wechselnden Partnerschaften. Für einzelne Projekte arbeitete er mit weiteren Büros zusammen, so für das laufende Wohnungsbauvorhaben am Yachthafen in Lindau mit Wolf Stöttele und für das mehrgliedrige Einkaufszentrum „Stubengasse“ in Münster mit dem Büro Fritzen + Müller-Giebeler aus Ahlen. Matthias Fritzen war Student bei Kasper in Düsseldorf gewesen, und über mehrere Jahre haben sie gemeinsam an Wettbewerben teilgenommen, als eine Art freie Übung abseits des Alltäglichen. Dass man damit sogar bei einem der sonst viel geschmähten Investorenwettbewerbe gewinnen kann, beweist das Projekt in Münster – dort ist der Rohbau im Gange.
Zu seinem siebzigsten Geburtstag 2005 widmete das Deutsche Architektur Museum Frankfurt am Main dem Werk des Architekten eine Ausstellung, erarbeitet von seiner Schülerin Susanne Gross gemeinsam mit dem Architekten. Das Katalogbuch liefert zu jedem der ausgewählten Objekte Planskizzen, Fotos oder Handzeichnungen und eigene, kurze Texte. Etwa zu der 2005 eröffneten Galerie der Kunstakademie Düsseldorf, die während der Semester Teile der eigenen Sammlung sowie Werke von Akademielehrern und Studierenden zeigt. Nach dem Umbau des Rheinflügels der Akademie hatte Kasper auch die Ausgestaltung des Erdgeschosses der ehemaligen Kunstgewerbeschule zu noblen, lichten und in aller Kargheit einladenden, weil auf das menschliche Maß abgestellten Räumen übernommen.
Die Ausstellung des laufenden Semesters unter dem Titel „Bildspeicher“ wurde nun zu einem ehrenden Nachruf auf den Architekten und Lehrer, denn sie umfasst neben anderen künstlerischen Arbeiten auch Kaspers Entwürfe für den Galerieraum selbst.
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