Kommunaler Klimaschutz als Aufgabenfeld
Seit dem Jahr 2008 fördert das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) auf Basis der „Richtlinie zur Förderung von Klimaschutzprojekten in sozialen, kulturellen und öffentlichen Einrichtungen im Rahmen der Klimaschutzinitiative“ („Kommunalrichtlinie“) Klimaschutzprojekte in Kommunen. Bis Ende 2011 waren insgesamt rund 2.200 Förderanträge von rund 1.500 Kommunen aus dem gesamten Bundesgebiet bewilligt worden, davon allein im Jahr 2011 rund 1.250 Anträge. Auch bei nordrhein-westfälischen Kommunen stößt das Thema auf reges Interesse. In der Praxis stellen Kommunen für die Entwicklung und Durchführung eines Klimaschutzkonzeptes zunehmend „Kommunale Klimaschutzmanager“ ein. – Ein neues Arbeitsfeld für Architekten und Stadtplaner. Einer der ersten Klimaschutzmanager in NRW ist der Bonner Stadtplaner Guido Wallraven.
Herr Wallraven, wie sind Sie dazu gekommen, für die Gemeinde Saerbeck im Münsterland als „Kommunaler Klimaschutzmanager“ tätig zu werden?
Ich befasse mich schon seit langem mit Fragen der energetischen Stadtplanung und des Klimaschutzes. Unser Büro hatte für Saerbeck bereits eine Potenzialanalyse für ein ehemaliges Munitionsdepot erstellt. Ein Vorschlag war, das Depot in einen Bioenergiepark umzuwandeln. Als sich die Kommune dann daran machte, ein Konzept zu erarbeiten, um sich als Klimaschutzkommune bewerben zu können, hat man mich in die Steuerungsgruppe eingeladen. Es gab in Saerbeck eine Reihe weiterer Aktivitäten zum Klimaschutz. Die Aufgabe war es, den roten Faden zu finden, die verschiedenen Bausteine zusammen zu führen und ein integriertes Klimaschutzkonzept (IKKK) zu entwickeln. Mit diesem Konzept konte die Gemeinde den NRW-Wettbewerb "Klimakommune der Zukunft" gewinnen.
Was genau sind die Aufgaben eines Klimaschutzmanagers? Wie sieht das in der Alltagspraxis aus?
Im Kern geht es dabei um die Prozeß- und Planungssteuerung aller im IKKK festgelegten Maßnahmen. Ich begleite die örtlichen Akteure dabei, einzelne Projekte umzusetzen und neue Strukturen aufzubauen, die dem kommunalen Klimaschutz dienen. Dazu gehört das konkrete Umsetzen der einzelnen Projekte ebenso wie die Qualifizierung der handelnden Personen. Um praktische Beispiele zu nennen: Derzeit sind die Umnutzungsmaßnahmen auf dem Gelände des Bioenergieparks in vollem Gange, in einer ehemaligen Hauptschule haben wir eine „Gläserne Heizzentrale“ eingerichtet, in der Nachbarschaft davon einen Energie-Erlebnis-Pfad gebaut. Zu meinen Aufgaben gehört in diesem Zusammenhang auch die kontinuierliche Information von Medien, Öffentlichkeit und der zunehmenden Besuchergruppen sowie sehr viel Motivationsarbeit aller Projektpartner.
Welche Qualifikationen benötigt ein kommunaler Klimaschutzmanager – rein formal, vor allem aber für seine Arbeit vor Ort?
Eine formale Qualifikation ist nicht festgelegt. Man muss querschnittsorientiert sein, ganzheitlich und vernetzt denken sowie interdisziplinär arbeiten können. Wichtig sind eine ausgeprägte Dialogfähigkeit, Zielorientierung und Networking-Kompetenzen. Ich glaube deshalb, dass Stadtplanerinnen und Stadtplaner sehr gute Voraussetzungen für die Ausübung dieser Tätigkeit besitzen. Gegenwärtig wird diese Aufgabe hauptsächlich von Stadtplanern und Geografen übernommen.
Wie langfristig ist das Engagement als „Klimaschutzmanager“ zu sehen? Lässt sich das auf freier Basis realisieren?
Ich bin gegenwärtig zwei Tage in der Woche vor Ort und habe auch ein Büro im Saerbecker Rathaus. Die lokale Präsenz ist wichtig: Man kennt mich, man spricht mich an. Das Projekt ist bis 2013 finanziert; bis dahin wollen wir 70 - 80 Prozent der geplanten Projekte umsetzen.Ich glaube, dass die Bedeutung des kommunalen Klimaschutzes weiter wachsen wird. Ich befasse mich schon seit 1999 mit diesen Fragen, aber erst jetzt ist der Handlungsdruck so groß, dass die Kommunen auf breiter Front aktiv werden. Ich halte viele Vorträge zu Möglichkeiten des kommunalen Klimaschutzes. Die Energiewende steht erst am Anfang: Klimaschutzmanager werden weiterhin gefragt sein!
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