Konsequenz aus EuGH-Urteil - Änderung der Musterbauordnung beabsichtigt
Die Bauministerkonferenz hat im November den Entwurf für eine Änderung der Musterbauordnung vorgelegt und in ein Anhörungsverfahren gegeben. Die Änderung soll den Umgang mit Bauprodukten betreffen. Dies hätte Konsequenzen für die Arbeit der Architektinnen und Architekten – und wohl auch für die Landesbauordnung NRW.
Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 16.10.2014 in der Rechtssache C-100/13, das Änderungen in der bisherigen Systematik im Umgang mit Bauprodukten, die das CE-Zeichen tragen, notwendig macht. Anlass des EuGH-Urteils war eine Klage der Europäischen Kommission. Die Kommission sah eine Vertragsverletzung Deutschlands darin, dass in der von den Bauordnungen der Länder in Bezug genommenen Bauregelliste B zusätzliche Anforderungen an Bauprodukte gestellt werden, die nach europäisch harmonisierten Normen bereits reguliert sind. Bauprodukte der Bauregelliste B können in Deutschland oftmals nur verwendet werden, wenn sie über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik verfügen und neben dem CE-Zeichen auch das Ü-Zeichen tragen.
Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 16.10.2014
Der EuGH folgte der Klage und bestätigte das Vorliegen einer Vertragsverletzung zu drei namentlich genannten Bauprodukten, die von harmonisierten europäischen Normen erfasst werden und mit der CE-Kennzeichnung versehen sind.
CE-Kennzeichnung - Änderungen in der bisherigen Systematik im Umgang mit Bauprodukten
Seit Anfang der neunziger Jahre entstehen europäisch harmonisierte Normen für den Bereich der Bauprodukte mit dem Ziel der europaweiten Vermarktung der Bauprodukte über die CE-Kennzeichnung. Viele dieser Normen berücksichtigen allerdings nicht alle Produkteigenschaften, die aus deutscher Sicht wichtig und erforderlich sind, um damit sicher nach den bauaufsichtlichen Schutzzielen bauen zu können. So können bei Bauprodukten beispielsweise Eigenschaften (Leistungsmerkmale) fehlen, die die Standsicherheit, den Brandschutz, den Schallschutz, den Wärmeschutz betreffen oder die auch aus Gründen des Gesundheitsschutz nachzuweisen sind (§§ 3 sowie 14 bis 19 BauO NRW). Um diese Lücken zu schließen, haben die Bundesländer in ihren Landesbauordnungen über die Bauregelliste B national ergänzende Anforderungen an Bauprodukte formuliert, die zusätzlich zum CE-Kennzeichen erfüllt sein müssen.
Nach dem Verständnis der Europäischen Kommission weisen Bauprodukte für einen freien Warenverkehr jedoch bestimmte Leistungsmerkmale auf und sind zunächst wie andere Marktprodukte auch unabhängig von der tatsächlichen Verwendung und dem Einsatzort. Im Interesse des Wettbewerbs soll der Verwender eines Bauproduktes selbst entscheiden, welche Produkte mit welchen Leistungsmerkmalen er zur Erreichung der Bauwerkssicherheit einsetzen will.
Entwurf der neuen Musterbauordnung
Der Entwurf der neuen Musterbauordnung enthält nunmehr Regelungen, mit der Anforderungen an bauliche Anlagen derart konkretisiert werden, dass erforderliche Leistungsmerkmale, die von einem Bauprodukt für den konkreten Verwendungsfall erbracht werden müssen, vom Bauherrn - zusammen mit Planern und Ausführenden - ablesbar sind. Defizite der europäischen Produktspezifikationen sollen so leichter erkennbar werden und bei der richtigen Produktauswahl helfen.
BAK fordert einheitliche Bauproduktnormung und Übergangsregelungen
Die Bundesarchitektenkammer hat hingegen in ihrer Stellungnahme zur neuen Musterbauordnung eine einheitliche und vollständige Bauproduktnormung auf europäischer Ebene gefordert. Statt einer Veränderung des Bauordnungssystems fordert sie Übergangsregelungen, die sich an den bisherigen Regelungsstrukturen orientieren und die bis zum Erreichen einer vollständig harmonisierten Normung als „Ausnahme“ weitergelten sollten. Ergänzend sollten die notwendigen Abstimmungen mit der Europäischen Kommission auf politischer Ebene hinsichtlich einer aufschiebenden Wirkung getroffen werden.
Auswirkungen auf die BauO NRW
Es ist zu erwarten, dass die anstehenden Änderungen der MBO eins zu eins in die BauO NRW (§§ 20 ff) übernommen werden. In ihrer Ende September 2015 abgegebenen Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Änderung der BauO NRW hatte die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen bereits ihre Sorge zum Ausdruck gebracht, dass als Konsequenz des EuGH-Urteils Regelungen zu Bauprodukten so geändert werden könnten, dass die Verantwortung für Prüfung und Nachweis von Produkteigenschaften ungerechtfertigter Weise auf Bauherren, Architekten und Ausführende übertagen würde.
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