Kommentar

Mit der HOAI in die Zukunft

Die Bundesregierung und der Bundesrat haben den stark überarbeiteten Referentenentwurf für eine novellierte HOAI in diesem Frühsommer verabschiedet. Damit hat ein überlanges Verfahren, ein zwischenzeitlich fast absurd anmutendes politisches und verwaltungstechnisches Gezerre um die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, die im Kern eine Verbraucherschutz-Verordnung ist, einen für uns Architektinnen und Architekten, für Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner guten Abschluss gefunden. - Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Dr. Christian Schramm

15. Juli 2009

Liebe Kollegin,
lieber Kollege, 

wir haben eine neue HOAI! Eine Honorarordnung, die den Anforderungen der europäischen Dienstleistungsrichtlinie Stand hält und die uns eine solide Basis für die Aufgaben bietet, die uns in den nächsten Jahren erwarten. Das ist eine gute Nachricht. Und es ist eine Nachricht, die wir vor einigen Monaten noch kaum erwartet hätten.

Die Bundesregierung und der Bundesrat haben den stark überarbeiteten Referentenentwurf für eine novellierte HOAI in diesem Frühsommer verabschiedet. Damit hat ein überlanges Verfahren, ein zwischenzeitlich fast absurd anmutendes politisches und verwaltungstechnisches Gezerre um die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, die im Kern eine Verbraucherschutz-Verordnung ist, einen für uns Architektinnen und Architekten, für Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner guten Abschluss gefunden.

Das Ergebnis begeistert im Detail nicht jeden. Um es richtig einordnen zu können, muss man die Historie der HOAI-Novelle noch einmal Revue passieren lassen:

Unser früherer NRW-Ministerpräsident und Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hatte sich vorgenommen, die HOAI – als angebliches „Hemmnis“ auf einem freien Markt – gänzlich abzuschaffen. Die Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Union interpretierte die HOAI als Marktschranke für ausländische Architekten – und zielte gleichfalls darauf ab, mit ihrer Umsetzung in Deutschland Ende 2009 die Honorarordnung als Relikt nationalstaatlichen Denkens hinwegzufegen.

Beides konnte verhindert werden. Der Weg zu diesem Erfolg war lang und steinig. Der erste Referentenentwurf zur Novellierung der HOAI vom Frühjahr 2008 wurde in allen Fachkreisen als Katastrophe gewertet. Eine Beschränkung der Gültigkeit der HOAI auf einen Bauwert von fünf Millionen Euro, die dramatische Reduktion der Leistungsphasen auf den künstlerischen Entwurf und viele andere vorgesehene Regelungen hätten zu einer de facto Abschaffung unserer Honorarordnung geführt. Glücklicherweise gelang es der Architektenkammer NRW, viele Kolleginnen und Kollegen im Lande zu Protestschreiben an ihre Abgeordneten, zum persönlichen Protest anlässlich der Sitzung des Ausschusses Bauen und Verkehr des Landtags NRW im vergangenen Jahr und zu vielfältigen individuellen Widerstandsmaßnahmen zu motivieren. Heute können wir feststellen: Der konzertierte Einsatz hat sich gelohnt. Es ist gelungen, im politischen Raum und auch in den Verwaltungen in Bund, Ländern und Gemeinden deutlich zu machen, dass die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure eine feste Basis ist, auf die private Auftraggeber ebenso bauen können wie Verantwortliche im Bereich der Öffentlichen Hand.

Die HOAI ist eine gesetzliche Regelung, die Auftraggeber und Auftragnehmer in Deutschland bindet. Sie setzt zugleich einen Orientierungsrahmen, der ein Preisdumping verhindert. Umso wichtiger und überfälliger war auch die Anhebung der Tafelwerte der HOAI um zehn Prozent, die nun kommen wird. Auch dies ein wichtiger Fortschritt!

Ein politischer Streit für den Erhalt und die Modernisierung einer solchen Verordnung ist kein Wunschkonzert, sondern das Streben danach, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Dass der Bundesrat eine ergänzende Überarbeitung in der nächsten Legislaturperiode empfohlen hat, verweist auf die Überzeugungskraft  der berufspolitischen Argumente, die Architektenkammern und –verbände in großer Übereinstimmung vorgetragen haben.

Es ist nun an uns, die neue HOAI anzunehmen und gegenüber den Verantwortlichen in Verwaltung und Politik zu demonstrieren, dass uns die HOAI wichtig ist, dass wir sie für ein wichtiges Stück Baukultur halten.

In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
Ihr

Dr. Christian Schramm
Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
schramm@aknw.de

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