Neue Häuser für die Kunst in der Metropole Ruhr

Museum Ruhrgebiet: Neue Häuser für die Kunst in der Metropole Ruhr

Eigentlich könnte das Ruhrgebiet als Museumsland par excellence gelten. Mit über 200 Museen bildet die Region eine der dichtesten Museumslandschaften Europas. Doch mit Ausnahme des Essener Folkwang Museums machte man über die Grenzen der Region hinaus relativ wenig auf sich aufmerksam - weder in Duisburg noch in Hagen, weder in Dortmund noch gar in Marl. Mit Beginn des Kulturhauptstadtjahres 2010 soll sich dies nachhaltig ändern. Das Kulturhauptstadtjahr war vor kurzem Anlass, sich erstmals auch zu einem Verbund von derzeit 20 Kunstmuseen zusammenzuschließen, der zunächst einmal die vor allem regionale Vermittlungsarbeit intensivieren will. Ob sich darüber hinaus etwa auch Ausstellungskooperationen realisieren lassen, ist nicht nur der Finanzen wegen zweifelhaft. Als Katalysator könnte jedoch der derzeitige bauliche Aufbruch wirken: Neue, erweiterte oder umgebaute Häuser für die Kunst in Essen, Hagen, Dortmund und Duisburg sollen die auf die Moderne konzentrierten Sammlungsbestände in besseres Licht rücken und neue Publikumsschichten anlocken. Den vorhandenen Bestand hat man von namhaften nationalen und internationalen Architekten auf- und umrüsten lassen. Ein erster Eindruck.

04. Dezember 2009von Dr. Frank Maier-Solgk

Als Auftakt der Kulturhauptstadt eröffnete schon im September 2009 das neue Emil Schumacher Museum in Hagen (Architekten Lindemann). Angeschlossen an das sanierte Karl Ernst Osthaus Museum (KEO) beschert es der wenig attraktiven Innenstadt ein neues, städtebaulich bereicherndes „Museumsquartier“ mit einer beschaulich-intimen neuen Platzsituation. 1902 war das im Krieg teilzerstörte Karl Ernst Osthaus Museum als eines der ersten Museen für zeitgenössische Kunst in Europa eröffnet worden; nach der Verlegung seiner wichtigsten Sammlungsbestände nach Essen im Jahr 1922 beginnt damit - im Grunde erstmals seit 70 Jahren – nun ein Neuanfang. Emil Schumacher Museum in Hagen

Der Neubausolitär, dessen Erscheinung durch eine freistehende transluzente Glasfas-sade in der Wirkung eher zurückgenommen wirkt, ist durch ein luftiges, zehn Meter hohes und säulengestütztes Foyer  an den Altbau angeschlossen – wobei die Glasfassade in einem etwas klein geratenen Vorbau des KEO ihre Fortsetzung findet. Zwei Ausstellungsebenen, die erste als Einführung in Leben und Werk des großen Nachkriegsabstrakten konzipiert, die zweite ein einheitlicher Oberlichtsaal für Wechselausstellungen, werden durch eine seitliche Treppenanlage erschlossen, die zwischen der Glasfassade und dem inneren Kern verläuft. Ästhetisch knüpft der Neubau an eine sachliche Nachkriegsmoderne, die heute freilich fast ein wenig traditionell wirkt.Folkwang-Erweiterung von Chipperfield

Ebenfalls ganz von Glas, in diesem Fall grünlich opaker Glaskeramik, ist auch das erheblich erweiterte neue Folkwang Museum umhüllt, das im Januar 2010 seine Pforten öffnet. Der Annex, der eigentlich ein komplett neues Museum ist (Baukosten: 55 Mio. Euro, finanziert durch die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung), ergänzt nach dem Abriss des ungeliebten 80er Jahre-Baus den denkmalgeschützten Altbau aus den 60er Jahren, bewahrt dessen Autonomie und setzt dessen architektonisches Prinzip mit einem Ensemble von pavillonartigen Baukörpern und vier Innenhöfen fort. Der Grundgedanke  Chipperfields, dem weltweit derzeit wohl erfolgreichsten Architek-ten von Museen und Kulturbauten, war es, sämtliche öffenliche Bereiche auf einer Ebene anzusiedeln, um den Zugang und die Orientierung für das Publikum zu erleichtern. Eine Freitreppe führt von der Bismarckstraße in den neuen Eingangsbereich, der als offener Innenhof mit Café und Restaurant sowie einer Museumsbuchhandlung konzipiert und durch eine Glasfassade zur Straße hin geschützt ist. Der neue Museumskomplex wirkt elegant, rational und ist bauplastisch gewissermaßen reduziert, verzichtet auf spektakuläre formale Attribute. Durch die neue Öffnung hin zur Stadtmitte soll das Folkwang Museum seine Präsenz in der Stadt deutlich verstärken.

Ruhrmuseum auf Zollverein

Ob Konkurrent oder eine Ergänzung, einen Publikumsmagneten wird neben dem Folkwang-Museum in Zukunft sicher auch das neue Ruhrmuseum in der 1993 stillgelegten Kokerei auf Zollverein darstellen.

Das im Rahmen des Masterplans von Rem Koolhaas und dem Office for Metropolitan Architecture (OMA) entwickelte und (viel diskutierte) Umbaukonzept sah den Erhalt größerer Teile des historischen Maschinenparks vor, lässt mithin die ehemaligen technischen Abläufe der Kohlenwäsche nachvollziehbar werden, die in die neuen dreistöckigen Ausstellungsbereiche integriert sind. Bei einer Bruttogrundfläche von über 16.000 m2 ist für das Museum eine Nutzfläche von 7.500 m2 vorgesehen. Und während auf dem Dach der Kohlenwäsche ein neuer Veranstaltungsraum für 400 Gäste entsteht, haben die Architekten als Zugang zum Foyer und dem neuen Besucherzentrum auf Ebene 24 eine spektakuläre rollende Gangway entworfen. Kulturzentrum Dortmunder U

Die industrielle Ruhrgebietsvergangenheit nutzt man auch in Dortmund wie in Duisburg bei der Erneuerung ihrer Museen. Dortmund besitzt dabei den Vorteil, dass sein imposantester Bestandsbau im Herzen der Innenstadt liegt. Im kommenden Jahr wird unter dem neun Meter hohen vergoldeten U der früheren Union-Brauerei ein Zentrum forschender, ausstellender und lehrender Tätigkeiten entstehen. Das imposante Industriedenkmal aus den 1920er Jahren soll zu einem neuen „Zentrum für Kunst und Kreativität“ werden, wobei der von einigen modernen Anbauten umgebene U-Turm ein ausgesprochen differenziertes Nutzungskonzept erhält: Die Bestände des alten Ostwall Museums jedenfalls werden auf dem 4. und 5. Obergeschoss angesiedelt sein, während das 6. OG Sonder- und Wechselausstellungen vorbehalten und der gewölbte „Kathedralenraum“ des obersten Geschosses einen flexibel nutzbaren Veranstaltungsbereich sowie Räume für den Kultur-Channel 2010 aufnehmen wird.

Neben den aufwändigen Sanierungsaufgaben zielt der Entwurf von Gerber Architekten aus Dortmund vor allem darauf, das imposante Volumen des 56 Meter hohen U-Turms auch im Inneren erlebbar werden zu lassen. Ein über sämtliche Geschosse offener und durch Rolltreppen erschlossener Schacht inszeniert als Luftraum-Vertikale den Kontrast zwischen Alt und Neu und führt zu den angeschlossenen Ebenen. Auch an den Außenfassaden sind entsprechende Kontraste durch auskragende, metall- und glasverkleidete Kuben akzentuiert.Aufbau auf Küppersmühle in Duisburg

Das MKM Museum Küppersmühle hatte mit der Umwandlung des ehemaligen Speicher-gebäudes in ein Museum den Auftakt gebildet für die Konversion des Duisburger Innenhafens zu einem neuen urbanen Mittelpunkt der Stadt. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1999 ist es einer der kulturellen Anziehungspunkte der Stadt insgesamt geworden. Untergebracht war dort die Sammlung Grothe, die nach der Zusammenführung mit der Sammlung Stroer im Jahr 2005 zu einer der umfangreichsten Sammlungen deutscher Kunst der Nachkriegszeit und Gegenwart angewachsen ist.

Da das bisherige Speichergebäude für die auf mehr als 1.500 Werke angewachsenen Sammlungsbestände in seinen 16 Räumen zu eng ist, hatte man die Schweizer Herzog & de Meuron, die schon den ersten Museumsbau entwarfen, mit der Erweiterung beauftragt. Nicht zuletzt aufgrund der begrenzten Fläche, die für eine Erweiterung zur Verfügung stand, haben diese eine in vieler Hinsicht ungewöhnliche Lösung vorgeschlagen, an der sich nun die Geister scheiden. Einen neuen doppelgeschossigen Trakt setzten sie als Aufsatz auf das bestehende Gebäude, das es als weit überkragender Körper spektakulär überragt. Zur Aufsehen erregenden Wirkung werden vor allem die halbtransparenten Glasfassaden beitragen, mit der der Kubus umhüllt sein wird. Sie werden dem Erweiterungstrakt das Aussehen eines weithin leuchtenden Glaskörpers verleihen.

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