Auftakt zum 18. Europäischen Holzbaukongress in Köln: Die Akteurinnen und Akteure am ersten Kongresstag - Foto: Wald und Holz NRW / PK-Media Consulting GmbH

On Top! – Weiterbauen mit Holz in die Höhe

„Wir haben einfach zu komplexe Regelungen und Rahmenbedingungen“ betonte der Präsident der Architektenkammer NRW Ernst Uhing in seiner diesjährigen Begrüßung zum Panel „on top – Aufstockungen aus Holz“. Die drängende Frage, wie Flächenbedarf und Wohnraum gleichermaßen gedeckt werden können, konnte Präsident Ernst Uhing gleich selbst beantworten: Die Architektenkammer NRW setze sich für eine verpflichtende Ökobilanz, den Einsatz des Gebäudetyps „E“ und eine Oldtimerregelung ein. Diese Stellschrauben seien der Schlüssel für die erfolgreiche Um- und Weiternutzung des Bestands sowie ressourcenschonenden Neubau insbesondere im Sinne einer urbanen Nachverdichtung.

15. Oktober 2025von Martina Pöcker

Moderiert durch Christof Rose, stellvertretender Geschäftsführer der Architektenkammer NRW folgten Beiträge aus der Wissenschaft und Forschung sowohl Arbeiten aus der Praxis. 

„Wir entsorgen wertvollste Rohstoffe“

Passend zu den Forderungen des Kammerpräsidenten nach mehr Einfachheit und Experimentierwillen hielt Stefan Krötsch, Professor für Baukonstruktion und Entwerfen an der HTWG Konstanz (Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung), mit seinem Vortrag ein „Plädoyer für mehr Bescheidenheit und Selbstbewusstsein“. Darin betonte er das Alleinstellungsmerkmal von biogenen Baustoffen in Verbindung mit der CO2-Reduktion. Ein Lösungsweg im Rahmen des nachhaltigen Bauens könne in erster Linie nur der besonnene Umgang mit vorhandener Substanz sein, erläuterte Krötsch.  Anschaulich beschrieb er die zu erwartenden Folgen von Abriss und Neubau im Gegensatz zu Aufstockungen, Erweiterungen und Sanierungen in Bezug auf CO2-Werte. Er verwies darauf, dass eine Aufstockung aus Holz nahezu jedes Bestandsgebäude auch in den klimapositiven Bereich führen könnte - anders als mineralische Baustoffe. „Holz ist per se ein Kreislaufmaterial, aber es ist wichtig, abiotische Ressourcen im Kreislauf zu halten“, mahnte Prof. Krötsch. 

Neue Architekturschule Siegen

Wie ein beispielhaftes Projekt aussehen könnte, zeigte Prof. Jonas Tratz (FAKT – Office for Architecture, Berlin) am Beispiel der neuen Architekturschule Siegen. Der Gewinnerentwurf eines Vergabeverfahrens mit sechs Teams, der in gemeinschaftlicher Arbeit mit Gustav Düsing entstand, genießt aktuell viel Aufmerksamkeit der Fachpresse. Die Realisierung sei jedoch ungewiss, da es weiterer Finanzierung bedürfe. Potenzial bietet in diesem Wettbewerbsentwurf ein altes Druckhaus, das die ausgelagerte Universität zurück in die Stadt bringen könnte. „Wo reißt man ab, und wo kann man erhalten?“ Dieser Frage stellte sich das Team vor Ort im Rahmen einer einwöchigen Summer-School, zu der insgesamt sechs Teams eingeladen worden waren. Das partizipative Verfahren ermöglichte Testreihen mit unterschiedlichsten Fachleuten über den energetischen Eintrag von Menschen in das Gebäude, den Einsatz natürlicher Nachtlüftung oder auch die Potentiale des am Gebäude vorbeiführenden Flusses. „Am Ende der Woche gab es kein fertiges Projekt, aber wir sind mit einer Grundlage, einem Gefühl und Information ausgestattet gewesen“, erläuterte Professor Tratz. Der ambitionierte Gewinnerentwurf sieht ein auf Zug beanspruchtes Tragwerk mit einer Hängedachkonstruktion aus Holz vor und überzeugt durch sein offenes und leichtes Konzept mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten unter Einbezug der vorgefundenen Substanz. 

Erweitern und Verdichten

„Wir kommunizieren sehr viel mit allen Akteuren“, so die positive Erkenntnis von Jörg Usinger, Partner bei Behnisch Architekten in Stuttgart, aus der langjährigen Erfahrung im Architekturbüro. Erst der intensive Dialog mit Kolleginnen und Kollegen brächte den besten Entwurfsansatz hervor. Neben der Vorstellung aktueller Projekte aus Münster, Heidelberg und Hamburg berichtete Usinger über den Holzbau auch als Verkaufsargument bei Investorinnen und Investoren. 

Überzeugt hatte dieses auch den BLB NRW (Bau- und Liegenschaftsbetrieb), Bauherrin der Aufstockung an der Fachhochschule Münster. Neben neuen Open-Space-Flächen für das Selbststudium wurden hier auf 530 m² BGF neue Besprechungsmöglichkeiten geschaffen. Optisch setzt sich die Aufstockung durch die markante Farbgebung der Fassade mit feststehendem Sonnenschutz aus Streckmetall ab, welcher den solaren Wärmeeintrag im Sommer reduziert. Tragende Innenwände in Holzständerbauweise sowie thermisch aktivierte Lehmdecken zum Wärmen und Kühlen sorgen für ein angenehmes Raumklima.

Das Architektur-Panel war ein Beitrag der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen zum 18. Europäischen Holzbaukongress. Die AKNW ist regelmäßig Partnerin dieser Veranstaltung, die in diesem Jahr rund 700 Teilnehmende in den Kölner Gürzenich lockte. Weiterer Bericht über den 18. EBH hier.

 

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