Solveig Kukelies bietet Führungen für Architekturinteressierte an
Viele Kilometer legt Solveig Kukelies im Jahr auf den Straßen von Düsseldorf zurück. Vor allem im Medienhafen führt die Architektin Stadtbesucher, Landtagsgäste, Schüler und Studenten von einem architektonischen Höhepunkt zum nächsten. Ein Interview zur Reihe: Architekten außerhalb des traditionellen Aufgabengebiets.
Viele Kilometer legt Solveig Kukelies im Jahr auf den Straßen von Düsseldorf zurück. Vor allem im Medienhafen führt die Architektin Stadtbesucher, Landtagsgäste, Schüler und Studenten von einem architektonischen Höhepunkt zum nächsten. Ein Interview zur Reihe: Architekten außerhalb des traditionellen Aufgabengebiets.Fehlte Ihnen der Kontakt zu Menschen oder warum zog es Sie vom Bürostuhl auf die Straße?
Ich arbeitete für das Architekturbüro meines Ehemannes, und als meine Kinder kamen, überlegte ich mir berufliche Alternativen. Mein Wirkungskreis war mir zu eng, ich brauchte neue Impulse. Da bin ich einfach in den Verkehrsverein der Stadt Düsseldorf reinmarschiert und habe gefragt, was ich tun muss, um als Gästeführerin Stadtrundfahrten zu machen. Das war vor 13 Jahren.
Als Architekturführerin schließt sich der berufliche Kreis wieder.
Ja, in diesem Jahr nahm ich zum ersten Mal an einer Führung im Medienhafen teil, die von einem Kunsthistoriker gemacht wurde. Sein Architekturwissen beeindruckte mich sehr. Da kam mir die Idee, das kann ich auch, das ist doch mein Beruf. Meine erste Gruppe war eine Familie von fünf Personen.
Und dann kamen laufend Folgeaufträge?
Ich musste schon sehr viele Türen einrennen, damit mein Service bekannt und auch angenommen wurde. Über die Aktion der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen „Architektur macht Schule!“ kam ich in Kontakt mit Lehrern, und jetzt bringe ich auch Schülern die Architektur im Medienhafen nahe. In den Pausen, zwischen den Sitzungen, präsentiere ich Gästen des nordrhein-westfälischen Landtags die Medienmeile. Im Büro Marketing und Tourismus der Stadt Düsseldorf bin ich als Architekturführerin buchbar.
Was unterscheidet Sie von anderen Stadtführern?
Viele Gäste fragen mich ganz erstaunt: Woher wissen Sie das alles? Dann weiß ich, dass ich als Architektin rüberkomme und dass ich eine besondere Qualität habe. Im Vorfeld möchte ich auch mehr über meine Gäste erfahren, damit ich auf besondere Anlässe reagieren kann.
Als Architektin verfügen Sie ja nicht nur über das notwendige Fachwissen, sondern sind auch im Kollegenkreis zuhause. Bietet Ihnen die Einbindung in die Architektenszene einen Startvorteil gegenüber anderen Stadtführern?
Ich rufe Düsseldorfer Architekturbüros an, um an Informationen zu kommen. Beucker, Maschlanka und Partner, die die Frank O. Gehry-Gebäude bauten, haben mir den gesamten Prozess erklärt und viele Geschichten und Anekdoten aus dieser Zeit erzählt. Einmal im Monat besuche ich ein Büro, um mich vorzustellen und mich als Kundenführerin anzubieten. Der „Tag der Architektur“ zum Beispiel ist ein guter Anlass für Kunden-Führungen.
Was wollen die Menschen, die Sie führen, wissen?
Viele Fragen drehen sich um die Nutzung und Auslastung der Gebäude: Wie viel Quadratmeter hat das Haus, wie hoch ist der Leerstand, wie viel Arbeitsplätze gibt es dort? Ich erkläre Konzepte und Materialien. Bei Bewertungen der Architektur halte ich mich zurück. Ich verfolge die Meinungen der Gäste am Rande. Zum Colorium von William Alsop höre ich öfters ganz unvoreingenommen "ach, ist das hässlich" oder "toll". Ich finde es interessant, wie unterschiedlich die Menschen bewerten.
Wie machen Sie für Ihre Gäste die Räumlichkeiten der Gebäude erfahrbar?
Ich streue Details in die Erzählungen, die man von außen nicht sehen kann, etwa Informationen über den Glasboden eines Konferenzsaals im Wolkenbügel von Norbert Wansleben. Oder ich erzähle Geschichten und Anekdoten, die mir von beteiligten Architekten zugetragen worden sind. Je mehr ich mich mit den Gebäuden identifiziere, hinein gehe, sie besichtige, die Nutzer befrage, desto mehr wachse ich mit der Architektur und dem Hafen zusammen.
Sind Sie parallel noch als Architektin im klassischen Architektengeschäft tätig?
Nein, nach 180 Bewerbungen und Absagen habe ich den Aktenordner geschlossen, und um ein eigenes Büro zu gründen, bin ich mit 48 Jahren leider nicht mehr jung genug. Sollte ich ein Auftrag angeboten bekommen, dann würde ich aber bestimmt nicht nein sagen.
Wie definieren Sie heute Ihre Rolle als Architektin?
Ich versuche viele Standbeine aufzubauen und dabei habe ich meine individuelle Marktlücke entdeckt. Architekturführungen sind sicherlich mein Hauptaufgabenfeld, ich bin aber auch in der Hausverwaltung tätig und arbeite für eine Immobilienmaklerin. Ich meine, dass man heute nicht mehr nur der klassische Entwurfsarchitekt sein kann, wenn man gute Chancen haben möchte.
Wie stellen Sie sich Ihre Tätigkeit in der Zukunft vor?
Architekturreisen organisieren ins europäische Ausland, das würde mir sehr viel Spaß machen. Aber auch im Kunstunterricht mit Schülern zum Beispiel den Düsseldorfer Schlossturm aufmessen, den Grundriss des alten Schlosses aufnehmen, neue architektonische Konzepte für den Turm entwickeln und Modelle bauen, stelle ich mir sehr spannend vor.
Zur Person:
Solveig Kukelies, Jahrgang 1955, studierte an der FH Düsseldorf Architektur. Von 1977 bis 1980 war sie als Architektin im Büro Dr. Lippsmeier + Partner tätig und machte dort erste Schritte in Richtung Public Relation. 1982 bis 1999 arbeitete sie für das Architekturbüro ihres Ehemannes Uwe Kukelies. Seit 1993 ist sie Gästeführerin der Stadt Düsseldorf und seit einem Jahr Architekturführerin im Medienhafen.
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