Zum Umgang mit Workshops und Planungswerkstätten im Einklang mit den RAW 2004

Spielregeln für „Werkstattverfahren“

Wettbewerbe im Bauwesen werden ausgelobt, um für Bauaufgaben jeder Art und Größe optimale Planungsergebnisse zu erzielen. Faire „Spielregeln“ stellen sicher, dass die mit großem ideellen und finanziellen Aufwand erarbeiteten Entwürfe objektiv beurteilt werden. Sie gewährleisten weiterhin, dass die Verfasser der besten Arbeiten mit einer Beauftragung des Bauherren rechnen können. Auch nicht-anonyme „Werkstattverfahren“ können in bestimmten Aufgabenbereichen einen sinnvollen, fairen Wettstreit der Ideen sicherstellen.

13. September 2007von Positionspapier der Architektenkammer NRW

In den berufsständischen Gesetzen der Architekten und Ingenieure aller Bundesländer ist festgelegt, dass sich Mitglieder der Baukammern an Wettbewerben nur beteiligen dürfen, wenn durch die Verfahrensregeln ein fairer Leistungsvergleich sichergestellt ist und wenn in ausgewogener Weise den partnerschaftlichen Belangen von Auslober und Teilnehmern Rechnung getragen wird.

In Nordrhein-Westfalen werden die meisten Architektenwettbewerbe entsprechend den „Regeln für die Auslobung von Wettbewerben“ (RAW 2004) durchgeführt. Die in Architektenwettbewerben konkurrierenden Beiträge werden in der Regel anonym beurteilt, und die Öffentlichkeit wird nach Abschluss des Verfahrens über das Ergebnis informiert.  

Einbindung der Öffentlichkeit

Insbesondere in den Bereichen Stadtplanung und Städtebau kann es unter Umständen sinnvoll sein, nicht anonyme „Werkstattverfahren“ (gelegentlich auch „Planungswerkstatt“, „Workshop“ oder „Moderationsverfahren“ genannt) durchzuführen, bei denen die Öffentlichkeit bereits vor oder während des Planungsprozesses eingebunden wird. Die für einen klassischen Wettbewerb erforderliche präzise Aufgabenbeschreibung ist hier häufig nicht möglich. In „Werkstattverfahren“ können nicht nur Lösungen entwickelt, sondern auch über die Aufgabenstellung hinausgehende Fragestellungen aufgeworfen werden. „Werkstattverfahren“ bieten alternative Prozesse an, die die Einbindung von Bürgern in die Diskussion der Auftraggeber mit Fachleuten auf hohem Niveau ermöglichen. So können unter Umständen weitreichendere Lösungen entwickelt werden, als es die vorgefasste Zielsetzung eines klassischen Wettbewerbs zu erbringen vermag.

Teilnehmer und Preisgericht sind dann Berater der Öffentlichkeit, die zuvor noch keine klare Haltung zu dem betreffenden Projekt gefunden hat. Die Bürger, ihre politisch legitimierten Repräsentanten sowie Vertreter unterschiedlichster Interessen haben die Möglichkeit, vor und während des Verfahrens anhand konkreter Lösungsansätze ihre eigene Haltung zu präzisieren. Dieser direkte, ungefilterte Interessenausgleich führt nicht selten zu einem Konsens, der wegen widersprüchlicher Interessen der Beteiligten zuvor nicht für denkbar gehalten wurde.  

Anwendung der RAW 2004

Aus Sicht der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen gibt es keine Gründe, die gegen „Werkstattverfahren“ sprechen, sofern faire „Spielregeln“ vereinbart werden. Die RAW 2004 bieten Raum für eine große Vielfalt von Alternativen geregelter konkurrierender Vergabeverfahren. Hierzu gehören auch kooperative Wettbewerbe, bei denen ein Meinungsaustausch zwischen Auslobern, Teilnehmern und Preisrichtern erfolgt. Diese entsprechen, erweitert um das Element einer Bürgerbeteiligung, den vorgenannten „Werkstattverfahren“. Solche Verfahren sind kein eigenständiges Vergabeinstrument, sondern eine Sonderform des kooperativen Wettbewerbs. Die Beteiligung der Bürger ist in geeigneter Form in der Auslobung festzulegen. Die sonstigen Verfahrensregelungen gemäß RAW 2004 bleiben hiervon unberührt.

Grundvoraussetzungen für den Erfolg geregelter „Werkstattverfahren“ sind daher u. a.
- gründliche fachliche Vorbereitung,
- ein ausreichender Zeitraum für die inhaltliche Durchdringung der Aufgabe durch die teilnehmenden Büros,
- ein fester Zeit- und Ablaufplan,
- eine fachlich qualifizierte und unabhängige Jury,
- eine der Aufgabe angemessene Preissumme und Aufwandsentschädigung. 

Fazit

Wie alle geregelten konkurrierenden Vergabeverfahren können „Werkstattverfahren“, die unter den o. g. Voraussetzungen durchgeführt werden, ein Höchstmaß an Prozessqualität sowie an Transparenz für die Beteiligten erzeugen. Es kann sinnvoll sein, zur Koordinierung dieser mitunter aufwändigen Prozesse einen Moderator einzuschalten.  

„Werkstattverfahren“ liefern aufgrund der in der Regel kurzen Bearbeitungszeiten keine abschließenden planerischen Konzepte. Sie erzeugen vielmehr Lösungsansätze, die weiterer fachlicher und politischer Abstimmung bedürfen. Ihre Ergebnisse können einen wertvollen Beitrag zur Konkretisierung der Aufgabenstellung für Bauprojekte und eine Grundlage für die Vorbereitung von Architektenwettbewerben darstellen. 

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