Stadtraum und Fachkompetenz
Wenngleich der Tagungstitel etwas abstrakt klang, provozierte er doch lebendige Diskussionen: „Stadtraum und Fachkompetenz“ hatten Prof. Christoph Mäckler und Prof. Wolfgang Sonne vom Deutschen Institut für Stadtbaukunst die 14. Auflage ihrer „Konferenz für Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt“ überschrieben, die am 7. und 8. Mai in Düsseldorf stattfand.
„Der Begriff ‚Stadtbaukunst‘ entspricht nicht dem, was Studierenden in Deutschland an den meisten Fakultäten im Städtebau gelehrt wird“, führte Prof. Mäckler in die Tagung ein. Rund 200 Fachleute aus Lehre und Verwaltung, insbesondere aus der kommunalen Stadtplanung sowie von Kammern und Fachmedien tauschten sich in der Rheinterrasse Düsseldorf intensiv aus.
Auch Prof. Jörn Walter, Oberbaudirektor Hamburg a. D., hielt es für problematisch, dass das Studium der Stadtplanung keine Architekturqualität vermittele; und dass umgekehrt das Architekturstudium eine städtebauliche Qualifizierung vermissen lasse. Dabei müsse die Forderung nach einer qualitätvollen Planung von Wohnprojekten und Stadtquartieren von der Architektenschaft mit kräftiger Stimme vorgetragen werden. „Qualität im Städtebau kann man nicht von Projektentwicklern erwarten. Wenn wir das nicht einfordern und umsetzen, macht es keiner“, sagte Walter unter Applaus des Auditoriums.
In einer Podiumsdiskussion sprach zum Abschluss des ersten Kongresstages Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, mit den Präsidentinnen bzw. Präsidenten von vier großen deutschen Länderarchitektenkammern über die Gewinnung kompetenten Nachwuchses für den Berufsstand. Der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Ernst Uhing, verwies auf die hohe Zahl von 14 Studiengängen, in denen in NRW junge Planerinnen und Planer studierten. Die Anforderungen an das Studium wüchsen an, so Ernst Uhing. „Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, Umbaukultur sowie Digitalisierung und KI sind nur fünf Stichworte, die eine Neuausrichtung vieler Studiengänge notwendig machen.“ Für ein dicht bebautes Bundesland wie Nordrhein-Westfalen sei insbesondere die Bestandssanierung und -weiterentwicklung ein Aufgabenbereich, der ein fundiertes Basiswissen erfordere.
Für Markus Müller, Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, ist das Hochschulstudium heute zu theoretisch; „auch deshalb, weil viele unserer Kollegen an den Hochschulen nicht als freie Architektinnen und Architekten tätig sind.“ Die Präsidentin der Bayrischen Architektenkammer, Prof. Lydia Haack, hielt die starke Verrechtlichung des Planens und Bauens für ein gravierendes Problem. Dies führe u.a. dazu, „dass politische Entscheidungsträger sich vielfach vor Entscheidungen und Verantwortung drücken“.
Einig zeigte sich die Runde der Kammer-Präsident*innen in der Einschätzung, dass die Forderung von Bundeskanzler Olaf Scholz nach neuen Stadtteilen oder Städten auf der grünen Wiese bzw. an den Stadträndern zurückzuweisen sei. „Wenn wir die Fehler des Städtebaus der 1970er Jahre wiederholen, erhalten wir keinen guten Städtebau“, sagte Lydia Haack unter dem Applaus des Publikums. AKNW-Präsident Ernst Uhing warb dafür, sich auf die Bestandserneuerung zu konzentrieren. Dies müsse der gesetzliche städtebauliche Rahmen auch zulassen und unterstützen. Hier könne die Einführung des Gebäudetyps-e helfen.
Brigitte Holz, langjährige Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen, unterstrich den Auftrag der Architektenkammern, die Politik zu beraten und die Mitgliedschaft weiter zu qualifizieren. „Wir brauchen eine gute Bürokratie. Nicht unbedingt mehr, sondern besser“, Brigitte Holz.
Abschließend unterstrich AKNW-Präsident Ernst Uhing die Nachwuchsarbeit für die Kammern. Mit über 1000 Junior-Mitgliedern gebe es in Nordrhein-Westfalen bereits eine relevante Gruppe junger Kammermitglieder. Er verwies auf den Nachwuchsarchitekt*innentag 2024, den die Architektenkammer NRW am 8. November mit der Bundesarchitektenkammer und nexture+ gemeinsam ausrichte.
Die 14. Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt fand erneut in der Rheinterrasse Düsseldorf statt. Künftig soll die Veranstaltung am Sitz des DIS in Frankfurt/Main durchgeführt werden.
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