Symposium „Ohne Kunst kein Bau II“ im Haus der Architekten

Ja - wir wollen und brauchen Kunst am Bau! Darüber waren sich eigentlich bereits im Januar 2013 alle Beteiligten der ersten „Ohne Kunst kein Bau“-Veranstaltung einig. Das Symposium sollte damals die politische Diskussion über das neue NRW-Kulturfördergesetz befruchten, das sich unter anderem auch mit Kunst und Bauen beschäftigt. Die Beratungen dazu sind bislang noch nicht abgeschlossen worden, und der politische Abstimmungsprozess läuft. Das Thema wurde nun noch einmal mit einem zweiten Symposium im Haus der Architekten in Düsseldorf vertieft.

28. Oktober 2013von Anette Kolkau

Wie kommen Bauherren, Architekten und Künstler bei der Planung zusammen? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Diskussion, zu der rund 150 Interessierte in den Düsseldorfer Medienhafen kamen. Es wurden beispielhafte, Mut machende Verfahren, Ansätze und Strukturen, die qualitätvolle Kunstprojekte ermöglichen, vorgestellt und hinterfragt. Die Referenten der gemeinsamen Veranstaltung von M:AI Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW und der Architektenkammer NRW brachten eine Vielzahl von Anregungen aus ihrer Praxis mit.
Zum Auftakt der Veranstaltung wurden unterschiedliche Konzepte und Strategien vorgestellt, wie Kunst-am-Bau-Projekte initiiert werden können, wann Künstler, Architekt, Bauherr und Nutzer am erfolgreichsten zusammenkommen.

Zeitpunkt der Einbindung des Künstlers

Eine gute Idee führt noch lange nicht zur Realisierung, zeigte Jan Edler von realities : united, Berlin. Bei dem Neubau einer Müllverbrennungsanlage in Kopenhagen hatten sich die beiden Brüder Edler im Vorfeld des konkreten Entwurfes den Schornstein als Ort für die Kunst gesichert, um nicht mit dem Architekten – Bjake Ingels – und dessen Architektur ins Gehege zukommen. Einen wirklichen Schornstein gab es dann bei dem realisierten Entwurf gar nicht, aber dennoch eine Idee - zum Schornsteinstumpf: Es sollte eine Art ringförmiges Rauchzeichen aufsteigen, in dem die Abgase „gebündelt“ würden. Die sichtbare Emission in pulsierenden Abständen als fast schon pädagogisches und anschauliches Kunstwerk. Die Idee entstand zwar früh, für die konkrete Umsetzung der Installation aber war es, da mit dem Bau bereits begonnen war, zu spät. Die Arbeit wird es nicht geben. Ab wann sollen Künstler also wie eingebunden werden? Diese Frage beschäftigte das Symposium immer wieder.

Wettbewerb oder Kurator?

Natürlich sind früh angelegte und offene Wettbewerbe von Vorteil, so Ulla Windheuser-Schwarz vom Berufsverband Bildender Künstler, Rheinland-Pfalz. Sie hielt ein eindeutiges Plädoyer für dieses Verfahren der „Kunstfindung“, da es durch Konkurrenz Austausch, Reflektion, schöpferische Kraft und individuelle, kreative Lösungen freisetze. Sie empfahl gerade offene Wettbewerbe, um jungen Künstlern eine Chance zu geben. Andrea Knobloch, selbst freie Künstlerin und Kuratorin, vertrat den Ansatz, prozessorientiert Kuratoren für den Findungsprozess von Kunst einzusetzen. Die Aufgabe des Kurators sei, komplett offen an den Prozess heranzugehen und mediativ zu sein, Potenziale für Aufgabenstellung, Art und Ort des Kunstwerks auszuloten. Der Kurator bzw. die Kuratorin sollte eine Art Intensivübersicht ohne eigene Interessen schaffen, um der routineunterbrechenden, in neue Realitätsebenen führenden Kunst den Weg zu bereiten. In der späteren Diskussion wurde deutlich, dass beide Verfahren ihre Berechtigung haben können.

Salzburg: Fondsystem statt Quote

Offene oder geladene Wettbewerbe, kurierte Ansätze oder gar Direktvergaben – das findet je nach Situation im Land Salzburg statt. Möglich wird das durch ein Fondsystem, das das Land Salzburg seit 2008 praktiziert, um die nicht immer effektive Quotenlösung zu ersetzen - eine andere Form, um Kunst am Bau zu finanzieren und gleichzeitig die Nutzer stärker einzubinden. Christina Tscherteu stellte diesen Ansatz mit einem fixen Budget vor, bei dem Landesbauten zur Kunst verholfen wird. Instrumente dazu sind eine perspektivisch planende Geschäftsstelle bei der Landesbaudirektion und ein hochkarätig besetzter, wechselnder Fachausschuss, der die künstlerische Qualität im Auge behält. Eine gerechte, angemessene Verteilung der Mittel im Sinne der Kunst ist der Grundgedanke. Damit geschieht die Kunst am Bau nur dort, wo sie auch allseits gewollt ist und auch später mitgetragen wird.

Kunst-Vermittlung

Wohin geht also die Reise? Was muss getan werden, um das Engagement für Kunst und Bau auch in Zeiten knapper Kassen, die die eine oder andere Auflösungstendenz mit sich bringen, am Leben zu erhalten? Kunst am Bau muss Argumente für ihre Unverzichtbarkeit liefern, so der Architekturpublizist Martin Seidel. Gerade diese Kunst, die öffentlich ist, muss sich der Verpflichtung stellen, in ihren städtebaulichen, sozialen, politischen und kulturellen Dimensionen angemessen auf den Ort Bezug zu nehmen. Und sie muss vermittelt werden, sie muss den Menschen nahe gebracht werden. Kunst, wahrnehmbar für alle! Martin Seidel schlägt sogar eine Publikation als Leitfaden mit Handbuchcharakter für Interessierte vor: einen Ratgeber, der alle Beteiligten näher zusammenführt und Ängste und Ressentiments zu Kunst-und-Bau-Projekten in der Praxis auflösen hilft.

Kontroverse Diskussion

Daran knüpfte auch die anschließende Diskussion an. Vermittlung ist wichtig, genauso wie ein offener Prozess mit einer Moderation über einen längeren Zeitraum, um Kunst am Bau sichtbar zu machen. Vielleicht brauchen wir sogar ein langfristiges Bildungsprogramm für ein Kunstverständnis, regte Marie Neumüllers von den „urbanizers - Büro für städtische Konzepte“ (Berlin) an. Was allerdings nie bedeuten wird, dass Kunst dann von allen gleichermaßen akzeptiert wird. Der Künstler Gereon Krebber, dessen aktuelle Arbeit in Gelsenkirchen-Buer im öffentlichen Raum viele Reaktionen in der Bevölkerung ausgelöst hat, sieht die Grenzen einer vermittelnden Pädagogik: Unterschiedliche Reaktionen hätten immer damit zu tun, „wie jemand im Leben steht“, sind daher normal und müssen ausgehalten werden. Bei aller individuellen Deutungshoheit für Kunstwerke möchte Claudia Pantellini von der Abteilung Kunst und Bau der Stadt Zürich aber dennoch durch eine Annäherung an Nutzer oder Betrachtende erreichen, dass Kunst am Bau akzeptiert und respektiert wird – auch wenn sie nicht allen gefallen muss.

Michael Arns, Vizepräsident der Architektenkammer NRW betonte noch einmal mit Nachdruck, dass eine Kooperation von Architekten und Künstlern so früh wie möglich einsetzen sollte, um ein für Kunst und Architektur gleichermaßen beflügelndes Ergebnis zu erhalten. Denn: Kunst eröffnet den Korridor jenseits der Vorschriften und Baunormen und öffnet ein Fenster für die Architektur – so ein ergänzender Beitrag. Dialoge zwischen beiden sind ganz erfolgreich in Gelsenkirchen angezettelt worden: Je 20 Architekten und Künstler haben sich zusammengesetzt, sich kennengelernt und verständigt, es sind Partnerschaften entstanden.

Zeit, Offenheit und Wertschätzung – das sind die Grundvoraussetzungen für eine fruchtbare Begegnung von Architektur und Kunst. In welchem Verfahren diese zentralen Voraussetzungen auch immer eine Rolle spielen. Die Lösung ist so individuell wie die Kunst, die aus ihr erwächst.

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