Vertreterversammlung tagte in Gelsenkirchen
Die nordrhein-westfälischen Architekten stehen vor ernsthaften wirtschaftlichen Problemen. „Eine steigende Zahl von Architekturbüros muss Jahr für Jahr Insolvenz anmelden“, erklärte der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Hartmut Miksch, am 24. September vor der Vertreterversammlung der Kammer. Das NRW-Architektenparlament traf sich zu seiner Jahrestagung in Gelsenkirchen. Gastredner Oliver Wittke, Minister für Bauen und Verkehr des Landes NRW, forderte die Architekten dazu auf, ihre Kreativität bei der Weiterentwicklung des Gebäudebestandes zu beweisen. „Gerade in Zeiten knapper Kassen ist das technische Know-how und das kreative Potenzial der Architektinnen und Architekten unverzichtbar!“
Die Bauwirtschaft in Nordrhein-Westfalen befindet sich im zwölften Jahr einer Rezession. 179 Architekturbüros müssten in der ersten Hälfte dieses Jahres Insolvenz anmelden, 150 waren es im ersten Halbjahr 2004. „Die Lage ist insbesondere für kleine Büros und für junge Architekten Existenz bedrohend“, konstatierte der Präsident der Architektenkammer.
Vor diesem Hintergrund betonte die Vertreterversammlung der Kammer die Bedeutung einer qualifizierten Ausbildung für den Architektennachwuchs. Die Einführung von 6-semestrigen Bachelor-Studiengängen sei unverantwortlich, weil für die Eintragung in die Architektenliste mindestens 8 Semester nachgewiesen werden müssten und weil für die Absolventen solcher verkürzten Bachelor-Modelle kein Arbeitsmarkt existiere, betonte Hartmut Miksch.
Um jungen Architekturbüros die Chance zu geben, ihr kreatives Potenzial beweisen zu können, appellierte die Vertreterversammlung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen an öffentliche und private Auftraggeber, zur Vergabe ihrer Planungsaufträge offene Architektenwettbewerbe durchzuführen, an denen sich auch junge Architektinnen und Architekten beteiligen können. Das Architektenparlament forderte außerdem den Gesetzgeber dazu auf, die seit Monaten in der Luft hängende Reform der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nach der Bundestagswahl jetzt schnell zu einem guten Abschluss zu bringen.
Der nordrhein-westfälische Bauminister Oliver Wittke stellte in seiner Rede vor dem Architektenparlament klar, dass das Land NRW in näherer Zukunft keine großen Bauprojekte realisieren werde. „Die Zeit der ‚Leuchttürme’ ist vorbei“, so Wittke. Stattdessen sei es wichtig, den Gebäudebestand weiter zu entwickeln und an die Ansprüche einer alternden Gesellschaft mit sinkenden Einwohnerzahlen anzupassen. „Das technische Know-how der deutschen Architekten und ihr kreatives Potenzial sind international anerkannt“, sagte der NRW-Bauminister vor den rund 150 Vertretern der NRW-Architektenschaft in Gelsenkirchen. Um den anstehenden Stadtumbau mit geringen finanziellen Mitteln realisieren zu können, sei beides unverzichtbar. „Der Schrumpfungsprozess, vor dem wir stehen, ist ein Gestaltungsprozess und städtebaulich eine große Chance!“
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