Wie kommt man in die Villa Massimo, Herr Sowa?
Die Deutsche Akademie Rom Villa Massimo, kurz „Villa Massimo“, ist die bedeutendste Einrichtung zur Spitzenförderung deutscher Künstler durch Studienaufenthalte der Bundesrepublik Deutschland im Ausland. Die Villa befindet sich im Geschäftsbereich der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien - und liegt in Rom. Die ersten Stipendiaten wurden 1913 aufgenommen. Seit dem Sommer 2023 ist der Bochumer Landschaftsarchitekt Sebastian Sowa gemeinsam mit seinem Büropartner Gianluca Torini Stipendiat in der Villa Massimo. Kurz vor der Rückkehr der beiden Familien nach Deutschland schildert uns Sebastian Sowa die Hintergründe und seine Eindrücke dieses besonderen Jahres.
Sebastian Sowa, von Bochum nach Rom als Kultur-Stipendiat des Bundes: Wie sind Sie in die Villa Massimo gekommen?
Man muss sich einfach bewerben, allerdings mit konkreten Werken. In der ersten Bewerbungsphase gbit es ganz bewusst nur wenige Voraussetzungen, die man erfüllen muss. Die eigentliche Hürde ist dann, unter der Vielzahl an Bewerberinnen und Bewerbern durch die Jury ausgewählt zu werden.
Mich hat die Schnittstelle von Landschaftsarchitektur und Kunst schon immer interessiert. Ich habe meinen (glücklicherweise 8-semestrigen) Bachelor-Abschluss in München in Landschaftsarchitektur gemacht und anschließend den Master in Kunst an der Folkwang-Hochschule in Essen. Im Jahr 2016 habe ich dann mit Gianluca Torini das Büro „SOWATORINI Landschaft“ gegründet, mit dem wir zunächst vor allem Kunstprojekte durchgeführt haben. Später kamen Wettbewerbserfolge, die jeweils individuelle und oftmals künstlerisch-kreative Ansätze verfolgten. Damit haben wir uns beworben und sind als Stipendiaten angenommen worden - als vierte Landschaftsarchitekten in der über 100-jährigen Geschichte. Das freut uns sehr, auch wenn immer noch viel zu wenig Landschaftsarchitekt*innen in die Villa Massimo kommen.
Die „Rompreisträgerinnen“ der Deutschen Akademie Villa Massimo werden von einer Jury ausgewählt und gehören - so die Auslobung - „zu den wichtigsten Impulsgeber*innen der deutschen Kulturwelt“. Was macht Ihre Arbeit aus? Wie setzen Sie Impulse?
Wir haben eine künstlerische Grundhaltung. Die Auseinandersetzung mit dem Ort ist bei uns sehr hoch aufgehängt. Das behaupten zwar alle, aber wenn man genau hinsieht, ist doch viel Wiederholung drin. Das ist bei unseren Arbeiten nicht der Fall. Wir sind bei allen Projekten sehr viel vor Ort und sprechen mit den Menschen.
Ich sehe die Gefahr, dass das Künstlerische unseres Schaffens vor den Anforderungen des Klimawandels und der notwendigen Klimaanpassung in den Hintergrund gerät. Der Schutz des Klimas muss ein Teil unserer Arbeit sein, nicht das Alleinseligmachende.
Können Sie konkrete Beispiele für Ihre Planungsansätze benennen?
Beim Wettbewerb zum „Seeparks Hagen-Hengstey“ beispielsweise haben wir gesagt: Hier kann es nicht nur um die Gestaltung eines Uferparks und -weges gehen; der Hauptakteur muss der umgebende Wald sein. Unser Projekt heißt entsprechend „Waldpark Hengstey“, bei dem der Wald wahnsinnig viel über die Geschichte des Ortes erzählt. Wir lassen den Ort selber sprechen, reduzieren Aufwand, Materialverbrauch und Kosten.
Ein weiteres, sehr schönes Projekt realisieren wir gerade Wuppertal. Mit der Montag Stiftung gestalten wir die Außenanlage der ehemaligen Goldzack-Fabrik. Ein Projekt mit intensiver Bürgerbeteiligung und vielen Gesprächen mit den Akteur*innen vor Ort, bei dem hauptsächlich recyceltes Material zum Einsatz kommt. Wir wollen eine Infrastruktur des Ermöglichens schaffen.
Sehen Sie sich eher als Landschaftsgestalter oder als Künstler?
Wir setzen uns mit Landschaft auseinander - ob im freiraumplanerischen Wettbewerb oder in einer temporären Intervention. Wie man das nennt, ist uns egal. Wir machen nicht nur Kunst und temporäre Installationen. Wir sind ein kleines, aber schlagkräftiges Team und beteiligen uns jedes Jahr an drei bis vier Wettbewerben. Die Erfolgsquote ist gut, damit können wir gut arbeiten.
Wie hat der Aufenthalt in der Villa Massimo Ihre Sicht auf den Beruf bzw. die Landschaftsarchitektur verändert?
Es ist ein riesiges Privileg, zehn Monate an diesem inspirierenden Ort mit toller Infrastruktur verbringen zu dürfen. Wir haben wunderbare Nachbar*innen, tolle Künstler*innen, die ich sonst niemals getroffen hätte - Künstler*innen, Musiker*innen, Autor*innen. Für uns, die wir die Schnittstelle zu Kunst leben, ist das eine ungemein bereichernde Erfahrung. Ich merke auch, dass sich ein lebendiges Netzwerk bildet.
Sowatorini ist ein kleines Büro, aber wir haben Bock auf Landschaft! Der Kern ist, rauszugehen und über den Kollegenkreis hinaus mit kreativen Menschen zu arbeiten. Wir gehen mit unseren Ideen auch wahnsinnig gerne in die Öffentlichkeit. Dabei kann die Villa Massimo uns zweifellos helfen.
Villa Massimo:
Das Stipendium der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo richtet sich an Künstler*innen, die über außergewöhnliche Qualifikationen und großes Talent verfügen, in den Bereichen Bildende Kunst, Architektur, Literatur und Musik (Komposition). Die neun Rompreisträger*innen der Villa Massimo weisen bereits erste öffentliche Erfolge auf. Ihnen soll der Aufenthalt in Rom Inspiration und künstlerische Orientierung ohne finanzielle Engpässe ermöglichen. Seit 2008 existiert zudem das Praxisstipendium: ein zweimonatiger Aufenthalt für Personen aus den angewandten Bereichen des künstlerischen Schaffens.
Jeweils für zehn Monate vergibt die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth, den Rompreis der Villa Massimo an neun von vier Fachjurys für die Bereiche Architektur, Bildende Kunst, musikalische Komposition und Literatur ausgewählte Persönlichkeiten oder Kollektive. „Die Rompreisträger*innen gehören zu den wichtigsten Impulsgeber*innen der deutschen Kulturwelt“, heißt es auf der Homepage der Villa Massimo. „Die Komponisten*innen, Schriftsteller*innen, Architekt*innen und Bildenden Künstler*innen leben in großzügigen Ateliers mit anliegender Wohnung. Ihnen soll der Aufenthalt in Rom Inspiration und künstlerische Orientierung ohne finanzielle Engpässe ermöglichen.“
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