Achtung: Unzulässige Rechtsfragen

Sachverständige A wendet sich mit folgender Frage an die Rechtsberatung der Architektenkammer NRW: „Vom Gericht wurde ich mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Beweisbeschluss enthält Rechtsfragen zum Bauordnungsrecht. Darf ich diese Beweisfragen als Sachverständige beantworten?“

23. November 2021

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat jüngst in seinem Beschluss vom 08.03.2021 (AZ: L 7 KO 7/18 (KR)) festgestellt, dass Kosten für Gutachten, die rechtliche Fragen im medizinischen Bereich behandeln, nicht erstattungsfähig sind. Vergleichbares könnte auch für die Beantwortung von bauordnungsrechtlichen Beweisfragen gelten.

Das LSG Niedersachsen-Bremen hatte in dem zugrundeliegenden Fall die Vergütung des Sachverständigen auf Null gesetzt, weil im Beweisbeschluss gestellte Rechtsfragen zur zutreffenden Koordinierung von Krankenhausleistungen und deren Abrechnung beantwortet wurden, die keinem Beweis zugänglich waren und zu denen deshalb die Einholung eines Sachverständigengutachtens unzulässig war. Eine Vergütung für ein solches Gutachten sieht das Gesetz nicht vor.

Rechtsfragen dürfen von einem Sachverständigen nicht beantwortet werden, soweit es nicht um gesetzlich geregelte Ausnahmefälle betreffend die Ermittlung von Rechtsnormen ausländischen Rechts nach § 293 ZPO geht. 

Das Vergütungsrisiko wurde allein dem Sachverständigen zugewiesen.

Wenngleich dieser die ihm im Beweisbeschluss gestellten Fragen beantwortet hat und damit die Aufgabe erledigt hat, die ihm zugewiesen wurde, hätte er die ihm unzulässigerweise gestellten Fragen aus Sicht des Gerichts nicht beantworten dürfen.

Das LGS Niedersachsen-Bremen hatte dabei die Kosten mit der Begründung auf Null gesetzt, dass diese bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären (§ 21 Abs. 1 S 1. GKG) und damit nicht erhoben werden können. Die Nichterhebung gilt nach Auffassung des Gerichts auch dann, wenn im gerichtlichen Auftrag, dem Beweisbeschluss, ausdrücklich die Beurteilung von Rechtsfragen gefordert werde. Von anderen Gerichten hingegen wird die Kostenerstattung für die Beantwortung von Rechtsfragen üblicherweise wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Der Sachverständige ist nach Auffassung des Gerichts in einem solchen Fall verpflichtet, das Gericht auf die Unzulässigkeit der Rechtsfragen hinzuweisen und die Übernahme des Gutachtens abzulehnen.

In Ihrem Fall sollten Sie sich als Sachverständige daher mit Ihrem Gericht in Verbindung setzen und auf die aus Ihrer Sicht unzulässigen Rechtsfragen hinweisen. Andernfalls besteht auch in Ihrem Fall die Gefahr, dass Sie für Ihre Tätigkeit keine Vergütung erhalten.

Praxistipp

Vielfach ist bei Beweisbeschlüssen nicht eindeutig zu klären, dass die gestellten Fragen noch rein fachliche Feststellungen betreffen oder bereits rechtlicher Natur sind. Sachverständige sollten sich in derartigen Fällen in jedem Fall mit dem zuständigen Gericht in Verbindung setzen. Dieses hat nach § 404a Abs.1 ZPO die Pflicht, die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen. Von dieser Möglichkeit sollte daher in Zweifelsfragen unbedingt Gebrauch gemacht werden. Umgekehrt soll auch das Gericht, soweit es die Besonderheit des Falles erfordert, bereits vor Abfassung der Beweisfrage den Sachverständigen hören und ihn in seine Aufgabe einweisen und ihm auf Verlangen den Auftrag erläutern (§ 404a Abs. 2 ZPO). Von dieser Möglichkeit wird bedauerlicherweise in der Praxis auch nur selten Gebrauch gemacht.

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