Faustregel: Keine Verjährung ohne Schlussrechnung!

01. Oktober 2015von Christiane Terhardt

Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Rechtsberatung der Architektenkammer NRW:
"Ich habe aus dem Jahr 2012 noch eine offene Honorarforderung. Die Leistungen habe ich bereits im Jahr 2012 erbracht und abgeschlossen. Eine Abnahme der Architektenleistung hat im Jahr 2012 stattgefunden. Aus verschiedenen Gründen habe ich zunächst von der Stellung der Honorarabschlussrechnung abgesehen. Erst im August 2015 habe ich nun die Schlussrechnung gestellt und meinem ehemaligen Auftraggeber übersandt. Dieser beruft sich nun auf die Einrede der Verjährung. - Zu Recht ?"

Nein! Ihre Honorarforderung für die bereits im Jahr 2012 erbrachten Leistungen ist nicht verjährt.

Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB erst mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist und damit fällig geworden ist. Die Fälligkeit ergibt sich für Leistungen im Sinne der HOAI nicht allein aus der Beendigung des Vertrages, sondern aus der besonderen Fälligkeitsregelung des § 15 Abs.1 HOAI. Voraussetzung ist, dass die Leistung abgenommen und eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht worden ist.

Die dreijährige Verjährungsfrist für Honoraransprüche beginnt in Ihrem Fall also erst zum 31.12.2015.

Ihre Honorarforderung ist auch nicht gemäß § 242 BGB verwirkt. Ein Recht ist erst dann verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Eine Verwirkung kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Architekt jahrelang keine Schlussrechnung erstellt hat. Nach Entscheidungen des BGH (vgl. BGH Beschluss vom 2.9.2010, VII ZR 122/09 und BGH Urteil vom 23.01.2014, VII ZR 177/13) muss jedoch zwischen der Möglichkeit der Erstellung einer Schlussrechnung und deren Erteilung sehr viel Zeit vergangen sein. Vor Ablauf von 5 – 7 Jahren könne kaum von einer Verwirkung ausgegangen werden. Neben diesem Zeitmoment müssen nach Treu und Glauben besondere Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Auftraggebers rechtfertigen, der Anspruch werde nicht mehr geltend gemacht. Der bloße Zeitablauf reicht somit für den Eintritt der Verwirkung nicht aus. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung der Honorarforderung als treuwidrig erscheinen lassen.

Bei einem in Architektenhonorarfragen kundigen Auftraggeber scheidet die Verwirkung aus, weil hier in der Regel keine vertrauensbegründenden Umstände vorliegen können.

Praxistipp:

Zu berücksichtigen ist, dass auch die Abnahme der Architektenleistung nach der HOAI 2013 gem. § 15 Abs. 1 HOAI 2013 Fälligkeitsvoraussetzung geworden ist.
Ungeachtet der Rechtslage sollten nach Beendigung der Architektenleistungen möglichst zeitnah Honorarschlussrechnungen erstellt werden, um derartige Rechtsprobleme von vornherein zu vermeiden.

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