Drei Männer vor Leinwand mit Grafik
(v. l.) Prof. Dr. Andreas Wytzisk-Arens (Präsident Hochschule Bochum), Ernst Uhing (Präsident AKNW) und Prof. Jan R. Krause (Leiter AMM) - Foto: Christof Rose

AMM-Symposium: Natürlich künstlich?!

Ein scheinbar widersprüchlicher Titel, der zur Reflexion einlädt: „Natürlich künstlich“ ist das 18. AMM-Symposium überschrieben, das sich zum zweiten Mal dem Thema „Künstliche Intelligenz in Architektur und Kommunikation“ widmet. Heute und morgen (3./4. April 2025) kommen in der BlueBox der Hochschule Bochum 300 Studierende und fachlich Interessierte zusammen, um - gemeinsam mit 500 weiteren Online-Teilnehmenden - aktuelle Entwicklungen in der Durchdringung des Berufsstandes mit KI zu diskutieren.

03. April 2025von Christof Rose

Technische, ethische und energetische Fragen seien in Fragen der Künstlichen Intelligenz mittlerweile nicht mehr voneinander zu trennen, sagte Prof. Jan R. Krause zur Begrüßung. 

Rasante Transformation

„Wir sind in einem rasanten Transformationsprozess, zu dem insbesondere die heutigen Studierenden mit vielen Ideen, aber auch hoher Kritikfähigkeit beitragen können.“ Die Künstliche Intelligenz sei ein Innovationstreiber, auch und gerade für die Lehre, erklärte der Präsident der Hochschule Bochum, Prof. Andreas Wytzisk-Arens. „KI verändert unsere Art zu lernen und zu vernetzen in einem ungeahnten Ausmaß.“ Es gehe bei der konstruktiven Nutzung von KI nicht nur um technische Fragestellungen, sondern auch um das Schulen kritischen Denkens und um Verantwortung und Ethik. Der entscheidende Faktor für den Erwerb von Kompetenz bleibe die Lehr-Person, das sei in zahlreichen Studien nachgewiesen worden. KI könne ergänzen, inspirieren und Zugriff auf weltweite Quellen erleichtern. Das kritische Gewichten, Interpretieren und Überprüfen bleibe aber eine Aufgabe für den Menschen. „Die scheinbar präzisen und gut formulierten Ergebnisse von KI-Systemen dürfen uns nicht dazu verleiten, diese blind zu übernehmen.“

Verantwortung der Planenden

Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen ist erneut Partnerin des AMM-Symposiums. AKNW-Präsident betonte die Chancen, die Künstliche Intelligenz für die Architektur bieten könne. Wenn stereotype, repetitive Vorgänge von KI übernommen würden, bleibe für qualifizierte Architektinnen und Architekten mehr Zeit für kreatives Gestalten, das Management von Team- und Partizipationsprozessen sowie eine datenbasierte Entscheidungsfindung. KI werde dazu beitragen, umweltgerechter, materialreduzierter, kreislaufwirtschaftlicher zu planen und zu bauen, führte Uhing aus. „Was KI auf absehbare Zeit nicht leisten kann, ist das Steuern komplexer, immer auch individueller Bauprozesse.“ Mit Blick auf die gesellschaftliche Verantwortung des Berufsstandes als Freier Beruf, aber auch auf Haftungsfragen müsse dabei klar sein: „Verantwortung kann nicht an KI abgegeben werden.“ Ziel der Architektenkammer NRW sei es deshalb, die Rolle von Architektinnen und Architekten als Systemführer innerhalb der komplexen Planungsvorgänge zu bewahren und durch entsprechende Qualifizierungen zu sichern.

Werte im Blick

„Behalten wir unsere Werte im Blick?“ Diese kritische Frage stand im Mittelpunkt des Vortrags von Dr. Bianca Weber-Lewerenz. Die Gründerin der „Exzellenzinitiative für nachhaltige, menschgeführte KI im Bauwesen“ und gelernte Maurerin betrachtete KI im Grundsatz als Instrument. Dabei müsse gelten, dass die technische Machbarkeit immer im Verbund mit sozialer Verantwortlichkeit gedacht wird. „Wertschöpfung kann nur bei Wertschätzung entstehen“, zeigte sich Bianca Weber-Lewerenz überzeugt. Die Bauingenieurin, die viele Bauprojekte in China bearbeitet hat, unterstrich, dass Deutschland international für seine Kompetenz im nachhaltigen Bauen geschätzt werde. „Wir müssen diese Wertschätzung nutzen.“ Die ESG-Kriterien der Europäischen Unio stellten einen guten Orientierungsrahmen dar, um eine „Corporate Digital Responsibility“ (CDR) aufzubauen.

„Technik ist weder gut noch schlecht; noch ist sie neutral.“ Der Forscher und Speaker Dr. Sebastian Rosengrün zitierte zum Einstieg in seinen Vortrag den amerikanischen Technikhistoriker Melvin Kranzberg. Rosengrün warb dafür, „Ethik als Baustoff“ in Planungsprozesse einzuweben. Anspruch der Architektenschaft müsse sein, Künstliche Intelligenz und digitale Techniken als Entwicklungen offensiv anzunehmen, um sie mitzugestalten. „Es geht darum, das Beste daraus zu machen. Auch und gerade in der Architektur!“

Die „Agenten“ von Zaha Hadid Architects

Eines der international erfolgreichsten Architekturbüros, Zaha Hadid Architecs, stellte seine inzwischen mehrjährige Erfahrung mit KI-Systemen vor. „Wir arbeiten heute alltäglich mit digitalen Kolleg*innen zusammen, bilden ein Team“, lautete die Kernaussage von Prof. Ulrich Blum und Clemens Lindner.  Das Büro Zaha Hadid Architects entwickele regelmäßig städtebauliche Konzepte und Modelle auf Basis automatisierter Analysen, „die sowohl funktional als auch ästhetisch überzeugen“. Eine große Stärke sei das Erzeugen datenbasierter Varianten, was im Städtebau beispielsweise zu kürzeren Wegen, besseren Durchlüftungen, optimale Besonnung und Verkehrsströme führen könne. „Es geht darum, evidenzbasierte Entscheidungen zu ermöglichen“, betonte Prof. Ulrich Blum.

Zaha Hadid Architects habe verschiedene digitale Instrumente entwickelt, denen Personae zugeordnet werden und die das Büro als „Agenten“ in die Teamarbeit einbinde. Die „Superkreative“ beispielsweise entwickele in kürzester Zeit hunderte von Designvarianten auf Basis eigener Entwürfe und ergänzender Inspiration. „Diese Entwürfe ermöglichen uns Inspiration, Analyse, Auswahl, Modifikation und Weiterentwicklung“, beschrieb Zaha-Hadid-Architekt Clemens Lindner das Vorgehen. „Wir sprechen von Formfindung, nicht mehr – wie es in der Architektur eher üblich ist – von Formgebung.“

Weitere Agenten wurden bei Zaha Hadid Architects entwickelt für ingenieurstechnische Planung, den Umweltschutz, für rechtliche Fragen, für die künstlerische Gestaltung von Fassaden und Räumen sowie für die Prüfung von Objekten und Raumbezügen durch die „Humanistin“ – eine weitere KI-Agentin.

„Mit alledem können wir unsere Entwürfe verbessern, bevor wir unsere Objekte bauen“, resümierte Ulrich Blum. Die Architekten von morgen seien „Entscheidungsträger, die riesige Datenmengen kuratieren, filtern, bewerten - und schließlich auf fundierter Basis Entscheidungen treffen“. 

Weiteres Programm

Das 18. AMM-Symposium umfasst neben Vorträgen und Diskussionen mit Referent*innen auch verschiedene Workshops, in denen die Teilnehmenden mit KI-Anwendungen experimentieren können.

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