Beeindruckende Brasilienreise
„Gott ist Brasilianer“, sagen die Cariocas, die Einwohner Rio de Janeiros. Doch diese Begeisterung bezieht sich nicht nur auf ihre Stadt oder den Zuckerhut, den Karneval oder den Samba. Sie meinen damit auch die wunderbare Landschaft und die Vielfalt der Völker Brasiliens. Denn in Brasilien schlägt das Herz Afrikas genauso wie das Europas, das der Indianervölker und das der asiatischen Einwanderer, sagt die neuste Reiseliteratur. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hatte zu einer siebentätigen Studienfahrt nach Brasilien eingeladen. Ein Teilnehmer berichtet.
"Angeregt durch die Information im Deutschen Architektenblatt (Ausgabe 10/07; „Brasilien lockt“) und das Angebot von „Aventuras Reisen“ aus Köln konnte ich der Verlockung nicht widerstehen und habe mir mit meiner Partnerin diese Reise nach Rio de Janeiro und Brasilia gegönnt. Rio de Janeiro und Brasilia waren die beiden großen Ziele. Anlass der Reise war der 100. Geburtstag des brasilianischen Architekten Oscar Ribeiro de Almeida Niemeyer Soares Tilhor, der am 15. Dezember 1907 das Licht der Welt erblickte.
Der Traum von der Stadt im Urwald
Utopie oder Größenwahn? Die Idee Niemeyers, mitten im Urwald Brasiliens eine Stadt zu errichten, war wohl ein wenig von beidem. Doch durch seine Freundschaft mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Juscelino Kubitschek fand er die Möglichkeit, diesen Traum wahr werden zu lassen. Kubitschek besaß den Mut, die politische Kraft und Macht und übernahm die Schirmherrschaft über das einzigartige städtebauliche Projekt. So entstand in der Zeit von 1956 bis 1959 die neue Stadt „Brasilia“ - 1.100 Meter über dem Meeresspiegel.
Städteplaner Lucio Costa, Landschaftsarchitekt Burte Marx sowie Oscar Niemeyer entwarfen die Grundkonzeption der Stadtanlage in Form eines Kreuzes bzw. eines Flugzeuges einschließlich der das Stadtbild prägenden öffentlichen Bauwerke. Die Wohnviertel waren auf beiden „Tragflächen des Flugzeuges Nord und Süd“ angeordnet. 1960 wurde Brasilia zur Hauptstadt erklärt. Bis heute beeindrucken der Amts- und der Wohnsitz des Präsidenten, das Außenministerium mit Zwillingsplastik von Bruno Giorgi, das Indianermuseum, der Justizpalast, die Kathedrale und Glockenturm mit den vier Apostelplastiken von Alfredo Ceschiatti, das Mausoleum für Juscelino Kubitschek und das Kongressgebäude.
Unverkennbar, einmalig und von hoher Qualität
Natürlich kannte ich, wie auch alle meine Kollegen, die bedeutendsten Bauwerke Niemeyers in aller Welt aus Fachjournalen und Veröffentlichungen. Doch einige davon selbst erleben und auch fotografieren zu können, bleibt unvergesslich. So auch der Besuch des 1954 in Rio de Janeiro errichteten, ehemaligen Wohnhauses Niemeyers, des „Casa das Canoas“ sowie das Theater und das Sambastadion. In seinem Geburtsort Niteroi ist das Museum für zeitgenössische Kunst besondere Erwähnung wert.
Da von ihm mehr als 500 Projekte in aller Welt realisiert wurden, ist es müßig auch nur eine Auswahl aufzuzeigen. Sämtliche Bauwerke von Oscar Niemeyer sind unverkennbar, einmalig und von hoher Qualität. Auf den Spuren des Meisters erfuhr die Reisegruppe auch Kurioses. So geht am 21. April, dem brasilianischen Nationalfeiertag, die Sonne genau zwischen den beiden Türmen des Nationalkongresses auf. Die Idee das Gebäude so anzulegen, stammt natürlich von Niemeyer. Alle Familienmitglieder des Architekten, auch seine vier Urenkel, tragen seinen Nachnamen, obwohl er selbst nur eine Tochter hatte. Und beinahe jeder, der vom Fach ist, weiß in Brasilien, dass Oscar Niemeyer noch heute, mit 100 Jahren, täglich in seinem Büro tätig ist. Im vergangenen Jahr heiratete er seine Sekretärin Ana Maria.
Beeindruckend: Die Werke anderer Architekten
Auch über die Berufsgruppe der Architekten informierte der Reiseleiter. So werden in Brasilien alle Entwürfe für die interessanten Großprojekte von einer kleinen Gruppe namhafter Architekten bearbeitet. Aufsichtsbehörde für Architekten in Brasilien ist das Landwirtschaftsministerium. Es gibt auch in Brasilien eine Gebührenordnung ähnlich der HOAI. Sie hat allerdings keinen Gesetzesstatus. Und natürlich waren außer Oscar Niemeyer auch andere in Brasiliens Metropolen schöpferisch tätig. Einen nachhaltigen Eindruck auf den Besucher hinterlassen die prachtvolle Don-Bosco-Kirche von Architekt Carlos Alberto Naves mit 80 indigofarbenen Fenstern, die Juscelino-Kubitschek-Brücke (Dreibogenbrücke) und natürlich das Maracanâ-Stadion mit seinen 120 000 Sitzplätzen.
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