Kommentar: Zauberwort "Drittmittel"
Qualifizierte Hochschulen benötigen Geld, viel Geld. Jedenfalls deutlich mehr, als die Politik ihnen derzeit zugesteht. Seit Jahren unterfinanziert, scheint es verständlich, dass sie sich immer stärker um die Einwerbung zusätzlicher externer Geldquellen bemühen. Allerdings muss diese unternehmerische Hochschultätigkeit nach dem HFG eindeutig beschränkt werden auf Zwecke von Forschung und Lehre, des Wissenstransfers, der Verwertung von Forschungsergebnissen und ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Unternehmen und der Leistungsfähigkeit der Hochschule. Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Michael Arns.
Liebe Kollegin,
lieber Kollege,
qualifizierte Hochschulen benötigen Geld, viel Geld. Jedenfalls deutlich mehr, als die Politik ihnen derzeit zugesteht. Seit Jahren unterfinanziert, scheint es verständlich, dass sie sich immer stärker um die Einwerbung zusätzlicher externer Geldquellen bemühen.
Die Akquise von „Drittmitteln“ war ja durchaus auch politische Absicht des Anfang 2007 in Nordrhein-Westfalen in Kraft getretenen Hochschulfreiheitsgesetzes (HFG): Denn mit der Entlassung in die Freiheit, in eine weitgehende Autonomie können Hochschulen seitdem ihr Profil und ihre individuelle Ausrichtung weitgehend selbst bestimmen und ausgestalten. Sie können die für sich selbst beste Organisationsform frei wählen und umsetzen und – in diesem Zusammenhang wichtig: Sie können "unternehmerisch" agieren. Allerdings muss diese unternehmerische Hochschultätigkeit nach dem HFG eindeutig beschränkt werden auf Zwecke von Forschung und Lehre, des Wissenstransfers, der Verwertung von Forschungsergebnissen und ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Unternehmen und der Leistungsfähigkeit der Hochschule.
Wichtig ist dabei aus Sicht der Freiberufler: Eine unternehmerische Hochschultätigkeit für sonstige Zwecke ist nur zulässig, wenn dieser Zweck durch andere Unternehmen nicht ebenso gut und wirtschaftlich erfüllt werden kann.Nun handelt es sich bei Aufgaben im Fachbereich Architektur fast immer um die Bearbeitung konkreter Projekte, sofern diese nicht auf konzeptuelle oder vergleichende Leistungen beschränkt bleiben. Damit ist ein Interessenkonflikt mit freiberuflichen Leistungen programmiert.
Andererseits ist der Praxisbezug sowohl für die lehrenden Kollegen als auch die Studenten unverzichtbar und soll auch von hier aus nicht in Frage gestellt werden. Bereits vor Jahren hat die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen in Kooperation mit Hochschullehrern ein Merkblatt zu dieser Frage herauszugeben. Zwischenzeitlich – nach Einführung des HFG - ist das Problemfeld umfangreicher und komplexer geworden: Es mehren sich Meldungen, wonach Kommunen, aber auch private Auftraggeber, Träger und Investoren Architektenleistungen als "Forschungsauftrag" direkt an Hochschulen oder deren Institute, Einrichtungen (und Professoren) vergeben mit dem Ziel, preisgünstig kreative oder innovative Leistungen zu erhalten. Diese beinhalten zumeist Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 5 der HOAI; im Extremfall akquirieren Hochschullehrer sogar alle Leistungsphasen HOAI.
Die lehrenden Architektenkollegen befinden sich dabei zumeist in einer Zwickmühle aus Berufsrecht und Forderungen aus der Hochschulverwaltung, Drittmittel in nicht unerheblicher Höhe einzuwerben.Das bisher extremste Beispiel solch unlauteren Wettbewerbs findet sich am "Forschungsgebiet" einer südwestfälischen Universität, wo ein seit Jahren emeritierter (!) Professor für die Hochschuleinrichtung den Kommunen Architektenleistungen, Leistungen als Projektsteuerer - in einem Fall sogar als Generalplaner - anbietet und damit Erfolg zu haben scheint.
Für uns als freischaffende Architekten und Architektinnen bedeutet dies: Diese Leistungen werden der Architektenschaft unrechtmäßig entzogen, die HOAI als bindendes Preisrecht wird umgangen und ausgehöhlt. Dies ist nicht länger hinnehmbar! Die kritischen Punkte auf der Grenze zwischen Forschungstätigkeiten im Architekturbereich und regulären Planungsaufgaben versucht die AKNW aktuell im Rahmen eines Rechtsgutachtens zu klären. Wir werden über die Ergebnisse berichten, versprochen!
Ihr
Michael Arns
Vize-Präsident der Architektenkammer
Nordrhein-Westfalen
arns@aknw.de
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