„Planen, Bauen, Wohnen“ in der Koalitionsvereinbarung von CDU und Grünen

Unter dem Titel „Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen“ haben die CDU NRW und die Grünen in Nordrhein-Westfalen am 23. Juni der Öffentlichkeit den Entwurf eines gemeinsamen Koalitionsvertrages vorgestellt. Dieser soll das Fundament für die gemeinsame Arbeit der beiden Parteien in der Legislaturperiode 2022 bis 2027 bilden. Am Wochenende (25./26.06.22) wurde der Koalitionsvertrag auf einem Parteitag der CDU sowie einer Landesdelegiertenkonferenz der NRW-Grünen verabschiedet.

28. Juni 2022

Die Geschäftsstelle der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hat den Koalitionsvertrag im Hinblick auf seine berufspolitische Relevanz für den Berufsstand der Architektinnen und Architekten sowie der Stadtplanerinnen und Stadtplaner in unserem Bundesland ausgewertet.

Die wichtigsten Themen und Ankündigungen:

Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung

Oberstes Ziel der beiden Koalitionäre ist es, Nordrhein-Westfalen zur „ersten klimaneutralen Industrieregion Europas“ zu machen. Ein wesentlicher Beitrag kommt dabei nach Auffassung der beiden Koalitionspartner dem Bau- und Planungssektor zu.

Zum Erreichen dieses ambitionierten Ziels sollen u.a. im Baubereich Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie Entscheidungs-, Genehmigungs- und Prüfungsprozesse beschleunigt werden. Angedacht ist u.a. eine Anpassung der Landesbauordnung NRW, die die Einführung einer kleinen Bauvorlageberechtigung vorsieht. Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister des Betonbauer-, Maurer- oder des Zimmereihandwerks sollen künftig die Möglichkeit bekommen, einfache Bauvorhaben zu planen und zu bauen. (Die AKNW wird darauf dringen, dass der Verbraucherschutz und die Förderung der Baukultur dabei weiterhin oberste Priorität behalten.)

Überdies sieht der Koalitionsvertrag eine personelle Stärkung von Genehmigungsbehörden vor sowie die Prüfung der Einführung einer Fortbildungsverpflichtung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bauverwaltungen. Damit sollen insbesondere landesgesetzliche Möglichkeiten der Umbaukultur, des seriellen und modularen Bauens, des Bauens mit Holz und die Umsetzung von Maßnahmen zur Energieeinsparung verstärkt vermittelt werden.

Bauordnung NRW

Um auf neue Herausforderungen und Entwicklungen im Bereich des Wohnungsbaus unmittelbar reagieren zu können, sehen die Koalitionspartner eine regelmäßige Überarbeitung der Landesbauordnung NRW vor. Angekündigt ist u.a. eine Überprüfung der Stellplatzverordnung des Landes zur Mitte der Legislaturperiode sowie eine Prüfung der Abstandsregeln für nicht brennbare Photovoltaik-Anlagen. 

Überdies sieht die Koalitionsvereinbarung vor, dass das Land NRW ein Gutachten in Auftrag gibt, mit dem der Bedarf an rollstuhlgerechtem Wohnraum in NRW ermittelt werden soll. Entsprechende Änderungsbedarfe sollen dann ggf. in der Landesbauordnung umgesetzt werden. 

Wohnungsbau

Ziel der Koalitionäre ist, dass bis zum Jahr 2027 mindestens 45.000 neue mietpreisgebundene Wohneinheiten entstehen sollen. Dazu soll die öffentliche Wohnraumförderung mindestens auf dem bisherigen Niveau fortgesetzt werden. Inhaltlich ist verabredet, die öffentliche Wohnraumförderung auf mehr mietpreisgebundenen Wohnraum und auf innovative und an Nachhaltigkeit orientierte Eigentumsförderung auszurichten.

Grundsätzlich sollen im Wohnungsbau künftig deutlich mehr Mittel für solche Modernisierungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden, die auf Klimaneutralität und Barrierefreiheit ausgerichtet sind. 

Um in Zeiten steigender Immobilienpreise gerade für junge Menschen und Familien die Bildung von Wohneigentum zu vereinfachen, unterstützt das Land NRW die auf Bundesebene vereinbarte Möglichkeit einer flexibleren Gestaltung der Grunderwerbsteuer zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger. 

In der Immobilienwirtschaft wollen CDU und Grüne künftig beim Verkauf landeseigener Liegenschaften nicht nach dem Höchstbieterprinzip vergeben, sondern ökologische und soziale Kriterien einbeziehen.

Denkmalschutz und Denkmalpflege

Die Koalitionäre bekennen sich zum Schutz und zur Pflege des historisch-kulturellen Erbes. Dazu sollen die Finanzmittel des Landes mindestens auf dem derzeitigen Niveau fortgeführt werden. Das zum 1. Juli 2022 in Kraft tretende neue Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen, welches u.a. die Installation von Photovoltaikanlagen und Solarthermie auch auf denkmalgeschützten Gebäuden ermöglicht und die Zuständigkeiten zwischen Kommunen, Landschaftsverbänden und NRW-Bauministerium verändert hat, soll bis zum Jahr 2025 evaluiert werden. 

Photovoltaik

Der Koalitionsvertrag von CDU und Grüne sieht auch die schrittweise Einführung einer Solarpflicht vor, die in einem ersten Schritt bereits ab dem 1. Januar 2023 für alle neuen öffentlichen Liegenschaften gelten soll. Ab dem 1. Januar 2024 soll die Solarpflicht für alle gewerblichen Neubauten und ab dem 1. Juli 2024 im Bestand der kommunalen Liegenschaften gelten, sofern ein Dach umfassend saniert wird. 

Für private Neubauten sieht die künftige Regierungskoalition eine Solarpflicht ab dem 1. Januar 2025 vor. Ab dem 1. Januar 2026 soll dann die Solarpflicht auch für private und gewerbliche Bestandsgebäude gelten, bei denen eine umfassende Dachsanierung durchgeführt wird.

Bodenpolitik

Die Koalitionsvereinbarung sieht eine Umsetzung des Baulandmobilisierungsgesetzes des Bundes in Nordrhein-Westfalen durch eine Rechtsverordnung vor, sodass Kommunen in den angespannten Wohnungsmärkten bessere Möglichkeiten zur Ausübung des Vorkaufsrechts erhalten. Aus Sicht der Koalitionäre werden Kommunen damit in die Lage versetzt, Bauland schneller zu mobilisieren. Überdies wird die Einrichtung eines revolvierenden Bodenfonds geprüft, um in Zusammenarbeit eine aktive vorsorgende Bodenpolitik der öffentlichen Hand zu erleichtern.

Kulturförderung

Der schwarz-grüne Koalitionsvertrag sieht eine schrittweise Erhöhung des bestehenden Kulturetats um 50 Prozent bis zum Ende der Legislaturperiode vor. Davon profitieren sollen auch Projekte wie z.B. „Kultur und Schule“, die modernisiert, weiterentwickelt und bürokratieärmer ausgestaltet werden sollen.

Vorgesehen ist überdies, dass und Künstlerinnen und Künstlern eine bessere Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden soll, indem u.a. die (Zwischen-)Nutzung von (Landes-)Bauten für Ateliers und Reallabore, Werkstätten und Werkbundhäuser gefördert werden soll.

Auch das von der AKNW unterstützte Projekt der Neukonzeption der Gedenkstätte „Stalag 326“ zu einer Gedenkstätte von nationaler Bedeutung soll umgesetzt werden.

Neues Europäisches Bauhaus

Die Koalitionsvereinbarung von CDU und Grüne sieht im Rahmen des EU-Projektes „Neues Europäisches Bauhaus“ die Initiierung des „Nordrhein-Westfalen Netzwerks Europäisches Bauhaus“ vor, in dem Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Architektur, Stadtentwicklung und Wohnungsbau zusammengebracht werden sollen. Dazu soll u.a. ein „interdisziplinäres Reallabor“ gegründet werden, das sich der Entwicklung moderner Stadtentwicklungskonzepte widmen und innovative Stadtentwicklungsprojekte fördern soll. 
 

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