Veranstaltung zur BIM-Implementierung: „Digitalisierung passiert!“
"Das Arbeiten mit BIM wird über Ihre Zukunftsfähigkeit entscheiden.“ Einige der mehr als 300 Architektinnen und Architekten, die am 12. Dezember an der Veranstaltung BIM-Implementierung der Architektenkammer NRW teilnahmen, zuckten bei diesen deutlichen Worten von Dr. Thomas Wilk. Der Abteilungsleiter „Bauen“ im nordrhein-westfälischen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung stellte die Sichtweise und Strategie der Landesregierung zur Etablierung einer digitalen Bauverwaltung vor. Auch Ernst Uhing, der Präsident der Architektenkammer NRW, unterstrich in seiner Einführung in der nordrhein-westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste den fundamentalen Wandel, den die Digitalisierung für die Planungsbranche bedeute. „BIM ist mehr als die Einführung einer neuen Software im Büro. Es geht um neue Prozesse, Rollen und strategische Ziele!“
„Wir sind mit BIM ebenso aktiv wie beim digitalen Bauantrag. Wir werden neue Formate entwickeln, auch unser Architektenkongress im kommenden Jahr wird unter dem Zeichen der Digitalisierung stehen“, fasste Uhing die gegenwärtigen Aktivitäten der AKNW zusammen. „Ihre Kammer ist in Sachen Digitalisierung auf dem Weg. Gehen Sie diesen Weg mit uns,“ ermunterte der Präsident die Kammermitglieder.
Die Landesregierung geht das Thema „Digitalisierung“ in ihrer Bauverwaltung systematisch an. „Wir wollen Vorreiter in BIM werden“, stellte Dr. Wilk den Anspruch seines Hauses klar. Deshalb habe man im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung (MHKBG) ein eigenes BIM-Team installiert. Die neue Arbeitsmethodik könne vielfältige Vorteile entfalten, meint die Landesregierung. „Wir glauben beispielsweise, dass im vorelementierten Bauen Kostenvorteile von bis zu 30 Prozent generiert werden können. BIM hilft, diese Potenziale auszuschöpfen“, erläuterte Dr. Wilk. Zudem könne das vernetzte Arbeiten im gemeinsamen Modell dazu führen, dass Großbauvorhaben besser gesteuert und mit deutlich weniger Fehlern realisiert werden können.
Thomas Wilk kündigte an, dass das Land NRW im Frühjahr 2020 sein „Bauportal NRW“ ins Netz stellen werde, auf dem digitale Bauanträge eingereicht werden können und die spätere Kommunikation mit Bauaufsicht medienbruchfrei erfolgen soll. Wilk rief die anwesenden Architekten und Planer dazu auf, sich konstruktiv mit den Veränderungsprozessen zu befassen und die Angebote des Landes aktiv zu nutzen. „Digitalisierung passiert“, meinte Dr. Thomas Wilk. Es gelte, den Change-Prozess konstruktiv mitzugestalten.
„Planung der Planung“
Das sah auch Prof. Moritz Fleischmann so. In seinem Vortrag „Quick & Easy“ stellte er zunächst konkrete Wege vor, wie die Digitalisierung im Architekturbüro angegangen werden kann. „Definieren Sie kleine Schritte“, riet der Architekturlehrer der Peter Behrens School of Arts Düsseldorf. Nur so könne man immer wieder Erfolge verbuchen und auch das Team des Büros einbinden, ohne einzelne Personen zu überfordern. Wichtig sei die „Planung der Planung“: Wie stellen wir unser digitales Modell auf? Wann wollen wir was können?
Am Beispiel des Büros Kresings Architekten (Münster/Düsseldorf), in dem er selbst arbeitet, machte Prof. Fleischmann deutlich, wie ein BIM-Arbeitsprozess implementiert werden kann und welche Vorteile sich daraus auch für die alltägliche Büroarbeit ergeben. „Wir können ohne Reibungsverlust an zwei Standorten arbeiten, und die Arbeit läuft insgesamt strukturierter ab als früher.“ Wichtig sei, diejenigen Büromitarbeiter einzubinden, die für ein solches Projekt begeistert werden können. Es müssten ja nicht alle von Anfang an mitziehen, meinte Moritz Fleischmann.
Digitalisierungsstrategie entwickeln
Die Empfehlung, die BIM-Implementierung pragmatisch und ohne Scheu anzugehen, zog sich durch die gesamte Veranstaltung. Dr. Anica Meins-Becker, die an der Bergischen Universität Wuppertal lehrt und forscht und im BIM-Institut mitarbeitet, stellte Bausteine zur Entwicklung einer eigenen Digitalisierungsstrategie vor. Grundlegend sei es zunächst, für sich das BIM-Ziel zu definieren: Warum will ich BIM einführen? In einem zweiten Schritt gehe es darum, BIM-Anwendungen zu beschreiben, um daraus schließlich die konkreten BIM-Anforderungen an Technik und Personal abzuleiten.
Dabei sei BIM nur Teil einer Digitalisierungsstrategie für das Büro. Auch das Rechnungswesen, das Marketing oder das Personalwesen gehörten zum digitalen Workflow. „Man muss die eigenen Prozesse kennen und wissen, wofür man die digitale Unterstützung nutzen will“, fasste es die Digitalisierungsexpertin zusammen. „Und: Die Motivation muss dabei vom Chef kommen!“
Hilfestellungen verfügbar machen
Auch Bauherren müssen sich strategisch auf die neue Methode vorbereiten. Aus dieser Phase berichtete Conny Klingsporn vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB). In verschiedenen Modellprojekten wird die Methode derzeit erprobt. „Wir verstehen BIM als Chance bei unseren komplexen Bauaufgaben“, beschrieb die Expertin die Einführung der BIM-Methodik beim BLB. In einem öffentlichen Grundsatzpapier beschreibt der Betrieb seine BIM-Ziele: Mit dem digitalen Abbild ließen sich Prozesse optimieren und Entscheidungsgrundlagen verbessern. Eine weitere Richtlinie beschreibt die Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA). Damit sind die Projektanforderungen allgemein verfügbar, die durch die BIM-Methode beim BLB entstehen und welche die übrigen Vertragsunterlagen ergänzen. Das System – so Conny Klingsporn - müsse aber mittelstandsorientiert bleiben. „Denn wir suchen weiterhin den besten Planer für unsere Projekte, nicht den, der am besten BIM kann.“
Das Steuer in die Hand nehmen
Aus den Erfahrungen bei mehreren Großprojekten berichtete Jörg Ziolkowski vom Kölner Büro ASTOC. „Wir haben uns von der 3-D-Planung an die BIM-Projekte herangetastet“, beschrieb der Architekt den bürointernen Implementierungsprozess bei ASTOC Architects and Planners. „Wenn dann aus der Planung über die Baustelle Daten für die Nutzer zu generieren sind, kommt man in die Championsleague!“ Er plädierte für gesundes Selbstvertrauen bei Problemen: „Auch wenn man zu Beginn nicht weiß, wie es geht, sollte man schon wissen, dass es geht.“ Daher müsse man als Architekt darauf achten, dass sich die Vorgaben des bauherrenseitigen BIM-Managers sinnvoll umsetzen lassen. In der Zusammenarbeit mit den Fachingenieuren komme dem Architekten die übliche Koordinationsleistung zu. Dabei müsse die Abstimmung der Leistungen sorgfältiger als beim analogen Planungsprozess geplant werden, so Jörg Ziolkowski. „BIM gibt uns die Möglichkeit, die Kompetenzen des früheren Baumeisters wieder zurückzugewinnen“, zeigte sich der ASTOC-Gesellschafter zuversichtlich.
Ohne Vertrag geht es nicht
Jörg Ziolkowski beschrieb, dass mit BIM die Leistungsphase 3 umfassender werde und äußerte die Befürchtung, „wer dann nicht auch die Leistungsphase 5 im Auftrag hat, kann eventuell die Früchte nicht einfahren!“
Daher müssten solche Fälle vertraglich vereinbart werden, hielt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Jörg Bodden entgegen. „Wenn die AIA in der Leistungsphase 3 vertiefte Informationen verlangen, müssen Sie die Leistungsphase 5 oder zumindest Teile davon eben sofort vereinbaren, auch beim Stufenvertrag“, riet Bodden. Er verwies auf die Leitfäden der Architektenkammer NRW und der Bundesarchitektenkammer, in denen die Beschreibungen analoger Planungsschritte auf die BIM-Erfordernisse übertragen werden. Alles, was über das werkvertraglich Geschuldete hinausgehe, sei als Besondere Leistung zu verstehen. BIM an und für sich sei zunächst kein Argument für ein Mehrhonorar. „Zusätzliche Vergütung können Sie nur für Leistungen verlangen, die über den Werkerfolg hinausgehen“, betonte Jörg Bodden. Dabei würden die Versicherer alles abdecken, was üblicherweise mit dem Berufsbild verbunden sei, informierte der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. „Schauen Sie daher in die Beschreibung der BIM-Anwendungsfälle. Und schließen Sie schriftliche Verträge!“ Angesichts der EuGH-Rechtsprechung zur HOAI ohnehin ein Rat für alle Fälle.
Vorne am Scheinwerfer sitzen
Nach den spannenden Vorträgen zeigte sich das Publikum diskussionsfreudig und nahm gerne den Dialog mit den Referentinnen und Referenten in einer Fragen-Antwort-Runde auf. Dabei wurde deutlich, dass die Bauschaffenden auf das Know How der Automobilindustrie aufschließen müssen. Die Metapher, „nicht immer die Rücklichter sehen zu wollen“, griff Moderator Tim Westphal auf und lud die Architektinnen und Architekten dazu ein, „mit BIM vorne am Scheinwerfer zu sitzen.“
Lesen Sie hierzu auch:
- Vortrag von Dr. Thomas Wilk (PDF)
- Vortrag von Dr. Anica Meins-Becker (PDF)
- Vortrag von Conny Klingsporn (PDF)
- Vortrag von RA Dr. Jörg Bodden (PDF)
- Vortrag von Jörg Ziolkowski (PDF)
- Vortrag von Prof. Moritz Fleischmann (PDF)
Teilen via