
Vom digitalen Zwilling des Kölner Doms bis zur Künstlichen Intelligenz
Die 6. Staffel der „digitalMONDAYs“ begann am 17. März 2025 und wurde wie gewohnt live aus der Architektenkammer.NRW übertragen. Auch in diesem Jahr begrüßte Christof Rose, stellvertretender Geschäftsführer und Pressesprecher der AKNW, die jeweils über 900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an drei Montagabenden in Folge und lud dazu ein, sich über die Chat-Funktion in die Vorträge und Gespräche einzubringen. Dass dies von den Teilnehmenden aktiv angenommen wurde, zeigte das große Interesse an dem Themenfeld.
Im Eröffnungstalk des ersten Abends betonte Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer NRW, die Notwendigkeit, dass die Architektenschaft ihre Systemführerschaft in der digitalen Planung beibehält: „Digitale Systeme sind grundsätzlich als strategische Werkzeuge zu betrachten“, erklärte er. Er wies darauf hin, dass sich sowohl die verschiedenen Gremien der AKNW als auch die Bundesarchitektenkammer intensiv mit dem Thema Künstliche Intelligenz befassen. Der Präsident der AKNW unterstrich er die Vorteile digitaler Prozesse für die gesamte Branche: „Repetitive Aufgaben, die Künstlicher Intelligenz überlassen werden können, sind ein Gewinn für Planende und Genehmigungsbehörden.“
Digitale Instrumente der Bestandsarbeit
Unter dem Leitsatz „Wer weniger abreißen will, muss umbauen neu lernen“ stellte Lillith Kreiß, Architektin und Projektleiterin des UmBauLabors von Baukultur NRW, digitale Methoden als Schlüssel für nachhaltiges Bauen vor. Das UmBauLabor setze gezielt auf digitale Tools, um Experimentierräume zu schaffen und Bauprozesse langfristig zu dokumentieren. Kreiß machte deutlich, dass der Erhalt von Bausubstanz eine zentrale Strategie sei, um das Planen und Bauen nachhaltig auszurichten. Mithilfe digitaler Methoden ließen sich Kosten- und Wertschätzungen deutlich effizienter erstellen.
Digitaler Zwilling des Kölner Doms
Ein zweiter Impuls kam von Peter Füssenich, 19. Dombaumeister der Kölner Dombauhütte. In seinem Beitrag beschrieb er die digitalen Prozesse, die er gemeinsam mit seinem 85-köpfigen, interdisziplinären Team täglich bewältige. Füssenich erklärte, dass für den Kölner Dom vielfältige analoge Pläne existieren, die bis ins Mittelalter zurückreichen. So sei beispielsweise ein Fassadenriss aus dem Jahr 1280 auf einem vier Meter langen Pergamentpapier erhalten geblieben. Im Jahr 2014 habe das Team mit der Erstellung eines „digitalen Zwillings“ des Kölner Doms begonnen. Seit 2019 seien rund 120.000 Drohnenaufnahmen des Außenbereichs angefertigt und in eine digitale Punktwolke überführt worden. Seit 2024 sei auch der Innenraum des Doms vollständig erfasst. „Regelmäßige Drohnenbefahrungen ermöglichen es uns, schwer zugängliche Bereiche zu inspizieren – Bereiche, die man mit Gerüsten nie erreichen könnte“, so Füssenich.
Die digitalen Modelle spielten eine entscheidende Rolle bei der Dokumentation von Bauschäden und dienten als Grundlage für regelmäßige Begehungen. Ziel sei es, bis 2070 sämtliche Bauwerksschäden zu sanieren. Dabei komme auch eine digitale Vorfabrikation von Bauteilen mithilfe von Industrierobotern zum Einsatz. Architekt Peter Füssenich betonte abschließend: „Die Dombauhütte ist eine Experimentierschmiede, die sich immer weiterentwickelt.“ Er schloss mit den Worten: „Der Dom wurde als Bauwerk für Gottes Auge errichtet. – Er sieht jedes Detail.“
Digitale Fabrikation am Beispiel Holzbau
Der zweite digitalMONDAY mit dem Thema „Digitale Fabrikation im Holzbau startete mit einem Impuls von Patrick Fischer, Architekt und Geschäftsführer bei Smyk Fischer Architekten aus Mülheim/Ruhr. Als Entwurfsverfasser des neuen Luftschiffhangars auf dem Flughafen Mülheim/Essen sprach er über die Entwurfsaufgabe und den Planungsprozess.
Ziel sei es gewesen, eine leichte Konstruktion als Anlehnung an das vorherige Bauwerk zu gestalten; und zwar mit Anspruch auf Multifunktionalität und Nachhaltigkeit. So wurde die Entscheidung für eine Ausführung in regionalem Fichtenholz getroffen worden, ebenso wie das Vermeiden von Mischkonstruktionen. Eine besonders herausfordernde Aufgabe sei die Inszenierung des Eingangstores gewesen, berichtete Patrick Fischer. Inspiration dafür sei eine Theaterbühne gewesen: ein Vorhang, der auffährt und seine Überraschung preisgibt.
Schon ab der Leistungsphase 3 wurde das ausführende Holzbauunternehmen W. u. J. Derix in die Planungen einbezogen worden. Architekt Manuel Dahmen leitet hier die Sparte Modulbau. Er erläuterte, dass man gemeinsam mit einem BIM-Modell gearbeitet habe. Viele Projekte und Formen seien ohne 3D-Techniken und Digitalisierung gar nicht erst möglich gewesen. „Bei der Umsetzung spielte ein verantwortungsvoller Ressourceneinsatz eine wichtige Rolle“, berichtete Dahmen. So habe die Firma Derix eine Rücknahmeverpflichtung für den Holzbau vereinbart mit dem Ziel, das Gebäude kreislauffähig zu gestalten.
Das Gebäude hat bei einer Höhe von 26 Metern ein Volumen von rund 80 Einfamilienhäusern. Die 557 Tonnen Holz sind mit 592 Holzknoten verbunden. Durch die digitale Vorfabrikation konnte die Bauzeit erheblich reduziert werden. So konnte die Gebäudehülle in nur zehn Wochen fertiggestellt werden.
Spezifische KI: BauGPT
Referent Jonas Stamm stellte das die „Crafthunt GmbH“ vor, die er als „digitale Plattform, die Personen im Bau mit verschiedenen Büros verbindet“, beschrieb. Ziel sei es, dem Fachkräftemangel im Bauwesen entgegenzuwirken. Um das Bauen attraktiver zu gestalten, entwickelte Crafthunt die textbasierte Chat-KI „BauGPT“. Das auf der Open-Source-KI „Mistral“ basierende Tool soll aus bestehenden Projekten lernen und Vorschläge verbessern. Die Grundversion von BauGPT ist kostenfrei verfügbar. Möchte man die KI mit eigenen Bestandsdaten trainieren, wird dies in einer gebührenpflichten Version ermöglicht.
Open-Source-Software
Matthias Funk, Landschaftsarchitekt und geschäftsführender Gesellschafter bei scape Landschaftsarchitekten in Düsseldorf, zeigte im letzten Impuls der diesjährigen Staffel der digitalMONDAYs den Umgang Künstlicher Intelligenz und Open-Source-Software im täglichen Büroeinsatz. Matthias Funk wies auf die Abhängigkeit von einzelnen Softwareanbietern hin, die eine teils „monopolartige Stellung am Markt“ entwickelt hätten. Funk, der Mitglied im Ausschuss „Beruf, Innovation, Digitalisierung“ der AKNW ist, regte dazu an, vermehrt auf Open-Source-Software zu setzen. Dies gelte insbesondere für Hochschulen. Im weiteren Verlauf seines Vortrages stellte Matthias Funk Open-Source-Anwendungen für alle Leistungsphasen der HOAI ein. - Die Präsentation zu Matthias Funks Impuls ist hier abrufbar.
Intensiver weiterer Austausch nötig
Zum Abschluss der 6. Staffel der „digitalMONDAYs“ appellierte Matthias Pfeifer, AKNW-Vorstandsmitglied und Vorsitzender des Ausschusses Beruf, Innovation, Digitalisierung, an den Berufstand, sich mit dem Thema „Digitalisierung und KI“ auch im Rahmen der Fort- und Weiterbildung zu befassen. Die AKNW biete mit ihren Diskursformaten wie den digitalMONDAYs und der Regionalkonferenz Digitalisierung attraktive Plattformen für den fachlichen Austausch an. Die Fortbildungsverpflichtung - basierend auf dem Baukammerngesetz - trage dazu bei, dass die Architektenschaft ihre Rolle der Systemführerschaft auch künftig weiterhin beibehalten kann.
Videos mit Interviews jetzt online
Kurzinterviews mit den Impulsgeber*innen der digitalMONDAYs 2025 sind auf dem YouTube-Kanal der Architektenkammer NRW weiterhin online abrufbar unter:
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